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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Tunnelwand. Dann hob es die Lampe direkt vor mein Gesicht und sah mich aus riesigen menschlichen Augen forschend an.
    »Keine Sorge, Manom ist völlig harmlos«, versicherte Byron. »Er will dich nur mal aus der Nähe betrachten.«
    »Ach ja?«, krächzte ich. »Er hätte mich vorher fragen können!«
    Ferne Rufe ließen uns verstummen. Am Ausgang des Tunnels waren zu beiden Seiten des Flusses jeweils ein gutes Dutzend massiger Gestalten aufgetaucht. Sie entzündeten lichtstarke Lampen und begannen unverzüglich, sich auf uns zuzubewegen.
    »Chroner!« Byron löschte die Laterne in Manoms Hand, deren Flamme glücklicherweise von seinem Körper verdeckt worden war.
    »Völlig harmlos, ja?« Ich drückte den schwammigen Leib der Schneckenkreatur von mir fort. »Deine mutierten Kinderfreunde hier haben nichts Besseres zu tun, als uns ans Messer zu liefern!«
    »Mogjaj!«, bellte Manom und packte mich mit einer Hand an der Kehle.
    »Baschud cada se!«, gab ich wütend zurück. »Katotaje pogem!«
    Ich spürte, wie sich im Körper des Wesens alle Muskeln spannten (es schien nur aus Muskeln zu bestehen!), derweil Byron tatsächlich aufgehört hatte zu atmen. Ein paar Herzschläge lang schienen sogar Manoms Begleiter im Fluss erstarrt zu sein, dann erklang aus dem Wasser ein vielstimmiges Gemecker, in das nach kurzer Zeit auch Manom mit einfiel. Es hörte sich an, als hätten Tintenfische zu lachen gelernt. Lediglich Byron verharrte weiterhin stumm in der Dunkelheit.
    »Katah«, gluckerte Manom amüsiert und nahm die Hand von meiner Kehle. »Menschenmann spricht Kobe mit Zunge wie Carnivore!« Er glitt endlich von mir herunter und sah zu der sich rasch nähernden Chronermeute. Das Licht ihrer Laternen blendete beim Hinsehen. »Keine Freunde, richtig?«
    Ich massierte meine tauben Beine. »Richtig.«
    Manom meckerte aufgeregt. »Jetzt Zeit für Flucht, nicht wahr?«
    »Yap«, machte Byron. Er stand auf und hechtete ins Wasser. Aus Richtung der Chroner kamen überraschte Rufe, Kommandos wurden gebellt. Ihre Schatten bewegten sich nun mit schaukelnden Laternen bedrohlich schnell auf uns zu.
    Manom glitt zurück und zog mich einfach mit sich in den Fluss.
    »Was wird das?«, rief ich.
    »Halt einfach nur die Luft an«, empfahl Byron, der wie ich von einem der Kinder gepackt worden war. Ehe ich etwas erwidern konnte, zog Manom mich unter Wasser. Ich spürte seine kräftigen, geschmeidigen Bewegungen, dann begann die Strömung an mir zu zerren. Dumpfe Explosionen waren zu hören, doch sie erklangen ziellos und zu weit entfernt, um uns gefährlich zu werden. Lediglich mein Gehör litt ein wenig unter den Druckwellen.
    Es war erstaunlich, wie schnell die Kinder sich mit uns im Schlepp unter Wasser fortbewegen konnten. Dabei benutzten sie zum Schwimmen nicht einmal ihre Arme, mit denen sie Byron und mich eisern unter sich festhielten. Als meine Luft verbraucht war und ich in purer Verzweiflung Brackwasser zu atmen begann, wurde es heller über uns: Wir hatten den Ausgang der Kanalunterführung passiert. Trotzdem machten Manom und seine Artgenossen keine Anstalten, mit uns aufzutauchen.
    Obwohl das Wasser relativ trüb war und uns vor den Blicken der Chroner verbarg, schwammen die Kinder mit uns so dicht über dem Grund, dass ich die Menschen unter uns erkennen konnte; unzählbare nackte, sich windende Körper, die sich vergeblich bemühten, hinauf an die Wasseroberfläche zu gelangen. Was sie festhielt, war ein myriadenarmiges Geflecht aus Tentakeln; mal fingerdünne, mal baumdicke Fangarme, die sofort nach uns zu greifen begannen, sobald wir über sie hinwegglitten. Einzig die Geschwindigkeit, mit der die Kinder sich durchs Wasser bewegten, verhinderte, dass wir ebenfalls gepackt und dem Menschenteppich einverleibt wurden.
    Als ich bereits nicht mehr daran glaubte, noch einmal Tageslicht zu sehen, schoss Manom steil nach oben an die Wasseroberfläche. Ich schnappte nach Luft und hustete das Wasser, das ich in meiner Pein minutenlang eingeatmet hatte, wieder aus. Die Kinder schleppten uns zu einem schmalen Flutsims, der am Fuß einer meterhohen Mauer knapp über der Wasserlinie verlief, und warteten geduldig, bis ich mich wieder erholt hatte. Byron schien weniger Probleme mit einer Lunge voll Wasser zu haben. Offenbar hatte er tatsächlich über die gesamte Strecke hinweg die Luft angehalten. Ich sah mich um und fand mich unter einer beunruhigend weit über den Fluss emporragenden Häuserfront wieder. Die Tunnelmündung lag etwa

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