Morphogenesis
an Stoffleinen geknotet mit sich. Dennoch hatte zumindest die Maschine, die Ka am nächsten stand, es vollbracht, sich lautlos zu nähern und ihm eine Metallpranke auf die Schulter zu legen, ohne dass ihr Arm abfiel.
EL-04 trat einen Schritt vor und sah über das Land. »Tod, wo ist dein Stachel?«, sprach er in metallischem Bariton. »Hölle, wo ist dein Sieg?« Seine obsidianschwarzen Kameraaugen fixierten Ka. »Deine Maschine schickt dich.«
Ka war nicht sicher, ob sein Gegenüber damit Phalet oder Schwester 26 meine. Er nickte, schüttelte jedoch gleich darauf den Kopf. Was sollte er antworten? Dass er den Chefarzt suche? Was für ein Blödsinn in Anbetracht seiner Situation. Von dem gigantischen Krankenhauskomplex, den er durchwandert hatte, war weit und breit nichts zu sehen. Bis auf das Metalltor und die drei Erzenen war der Hügel leer.
»Du suchst die Antworten«, erkannte EL-04. »Du suchst ihn …«
»Ich bin nicht sicher.«
»Immerhin warst du in der Lage, deine Maschine zu verlassen. Dies sind Tetah-El und Arat-El«, stellte der Wortführer seine beiden Begleiter vor. »Mein Name ist Ur-El.« Er wies hinab auf die Knochenebene. »Und das ist, was der Krieg von Jaru übrig ließ.«
»Jaru?«
»Der Krieg half zu seinem Verderben, und niemand wehrte ihm«, ergriff Tetah-El laut das Wort. »Schrecken stürzen auf den Garten ein, wie vom Wind verjagt wurde seine Pracht, wie eine Wolke entschwunden ist sein Heil. Das Elend zerfraß seine Seele, durchbohrte sie mit Knochen. Mit Allgewalt verwandelte es alles in Lehm, sodass der Garten Staub und Asche gleicht. Wir schrien zu den Aufsehern, doch sie antworteten uns nicht. Sie wandelten sich zu Feinden gegen uns, hoben Jaru in den Wind, fuhren in seine Flure und säten Sturm. Verbrannt ließen sie den Garten zurück. Vom Lager, auf das es sich gelegt hat, wird es nicht mehr auferstehen. Das Gift, das Jaru trank, trank es für uns…«
»Es reicht«, maßregelte Ur-El die Maschine mit dem Kopf an der Leine.
»Es ist nie genug«, widersprach diese.
Statt darauf einzugehen, wandte sich Ur-El an Ka und fragte: »Hast du Samen dabei? Für Bäume oder für Gräser?«
»Nein, nur das hier.« Er zog die Schriftstücke hervor, die Phalet ihm mitgegeben hatte.
Ur-El beschäftigte sich verschwörerisch damit, als beinhalte die Akte eine geheime Botschaft. »Eines eurer Sprichworte sagt: Ist der Mensch wissend geworden, steht unvermittelt sein Ende bevor«, bemerkte er, ohne aufzusehen. »Vielleicht ist es weiser, unwissend zu bleiben …«
»Das entspricht nicht meiner Natur«, erwiderte Ka.
»Na gut, Bewahrer deiner Natur.« Ur-El faltete die Schriftstücke zusammen und verstaute sie in seinem Inneren. »Dann folge uns auf den Pfad.«
Als ich die Lider aufschlug, arbeitete sich wenige Zentimeter von meinen Augen entfernt die Klinge einer primitiven Schere durch ein dickes weißes Gespinst. Eine bejahrte Hand fasste durch den entstandenen Schlitz und zog das Gewebe über meinem Gesicht auseinander, worauf ein Hauch frischer, kühler Luft meine schweißnasse Haut traf.
»Ah, ich glaube, Euer Freund wird bereits wieder munter«, vernahm ich die Stimme eines älteren Mannes, dessen Gestalt ich nur unscharf durch die Öffnung im Gewebe erkannte. »Helft mir mal, Bruder Maske!«
Mein Gehör wiedererlangt zu haben, war das Einzige, was mich an der Situation beruhigte. Ich bemerkte, wie sich eine zweite Gestalt näherte, dann schob sich ein Paar dunkelhäutiger Hände, das ich intuitiv Byron zuordnete, durch den Schnitt im Gespinst. Gemeinsam mit der Person, die die Schere benutzt hatte, erweiterten sie die Öffnung, bis ich problemlos hätte hindurchschlüpfen können – wäre ich fähig gewesen, mich zu bewegen. In Wahrheit war ich jedoch nicht einmal in der Lage, einen Finger zu krümmen. Das Einzige, was ich bewegen konnte, war mein Kopf, den ich nun hob, um durch das zerrissene Gespinst einen Blick auf meinen Körper zu werfen.
»Ich bin untröstlich«, sagte der ältere Mann und legte helfend eine Hand unter meinen Nacken, derweil ich mich verstört umsah. Byron stand neben mir und stellte das dreckigste Grinsen zur Schau, das ich je an ihm gesehen hatte. Der Fremde, der ihm gegenüberstand, legte die Schere beiseite und strich sich verlegen durch seinen langen weißen Vollbart, wobei ich auch in seinen Augen ein amüsiertes Glitzern zu erkennen glaubte.
Ich sah an mir herab. Mein gesamter Körper war zentimeterdick mit weißem Gespinst
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