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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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immer enger um mich herum geschlossen hatte, bis sie Archons Flugzeug …
    »Nein«, flüsterte ich und schüttelte den Kopf. »Ich kann seit meinem Erwachen vor dem Hotel unmöglich Tausende von Kilometern in einer Sinnestäuschung herumgereist sein. Dazu war alles viel zu real!«
    Elijah tat so, als gebe er sich für den Augenblick geschlagen. Dabei musterte er mich, als wäge er ab, aus welcher Richtung er seinen nächsten Überzeugungsangriff am effektivsten führen sollte. »Sagt, was geschah eigentlich vor Eurer Abreise aus Kairo?«, fragte er schließlich. »Ihr hattet eine Ausgrabung erwähnt. Erzählt mir mehr davon.«
    »Wir hatten eine sechseckige Pyramide entdeckt«, murmelte ich. »Fernab von den alten ägyptischen Kulturzentren … Da war ein Schacht … ein tiefer Schlot … eine Grabstätte …«
    Der Rabbiner klopfte sich gegen den Mund, als applaudiere er meinen Lippen für die wenigen Worte, die sich von ihnen gelöst hatten. Weiter, forderte sein Blick. Erzählt weiter!
    »Am Boden dieses Schachts befand sich ein abgedeckter Torus, eine Art Ringsarkophag. Wir hatten ihn geöffnet …«
    »Und, was geschah dann?«
    Ein lodernder Schmerz in meiner Brust ließ mir für Sekunden schwarz vor Augen werden. Ich rang nach Luft, starrte dabei unentwegt Elijah an, als könne ich meine Vergangenheit in seinen Augen als Film ablaufen sehen, dann schüttelte ich resigniert den Kopf. »Ich weiß es nicht mehr«, gestand ich. »Jene Kreatur, die mich in diese Stadt verschleppen ließ, hat Sorge dafür getragen, dass bedeutende Erinnerungen in mir unterdrückt werden.«
    »Meretseger …«, brummte Elijah und spie auf den staubigen Boden.
    »Es ist, als würden sie von etwas Mächtigem fortgerissen, sobald ich im Geiste danach greife – von ihrem Ka …« Ich strich mir über die noch immer schmerzende Brust. »Können Sie mich von diesem verdammten Ding befreien?«
    »Was auch immer Euch und Euren Verstand quält, es befindet sich in Eurem irdischen Körper«, erklärte der Rabbiner. »Hier in Sarara seid Ihr dieser Macht der Vergessenheit gänzlich ausgeliefert. Woran könnt Ihr Euch noch am deutlichsten erinnern?«
    »Dass ich blutüberströmt auf dem Rasen vor meinem Hotel aufgewacht bin …«
    »Blutüberströmt?«
    »Von oben bis unten. Aber ich war nicht verletzt. Keine Schramme, nichts.«
    »Ah, es war also nicht Euer Blut …« Der Rabbiner schürzte die Lippen. »Wessen Blut dann?«
    Meine Kehle wurde staubtrocken. »Das – ist unmöglich.«
    »Der Talmud sagt: Wer ein Leben zerstört, zerstört die ganze Welt«, bemerkte Elijah, wobei er mich prüfend musterte. »Eure Erinnerung setzt also in dem Moment aus, als Ihr den Sarkophag geöffnet habt und beginnt erst wieder, als Ihr blutüberströmt vor dem Hotel erwachtet …«
    Ich musste schlucken. »Ja.«
    »Klingt nach posttraumatischem Verdrängungssyndrom«, kam es aus der Laborecke.
    »Das ist nicht witzig, Byron.«
    »Dr. Jekyll und Mr. Hyde, hm?«, grinste der Schwarze. Es sollte ironisch klingen, doch Byron traf mit seiner Bemerkung meinen neuralgischen Punkt. Das fremde Blut, über das ich mir damals kaum Gedanken gemacht hatte, öffnete langsam eine Wunde. Und tief unten lauerte Giza …
    »Wie viel Zeit ist Eurer Schätzung nach zwischen den beiden Ereignissen vergangen?«, wollte Elijah wissen und riss mich in die Realität zurück.
    Ich dachte eine Weile nach. »Sechs oder sieben Tage …«
    »Hm, aha …« Er rieb nachdenklich seinen Bart. »Und jetzt verratet mir bitte, was befand sich in diesem Sarkophag?«
    »Er war leer.«
    »Leer?« Elijah stieß ein bellendes Lachen aus und ging ein paar unentschlossene Schritte auf Byron zu. »Habt Ihr das gehört, Bruder Maske? Kommt frisch von der Erde und will mir weismachen, er hätte einen leeren Raum entdeckt.« Und wieder an mich gewandt: »Bei allem Respekt, aber dass er leer war, bezweifle ich. Natura abhorret vakuum, horror vakui! Nichts ist leer, junger Freund. Nichts!« Er schlurfte heran und baute sich vor mir auf. »Also, was befand sich in dem Sarkophag?«
    »Nur Staub …«
    »Staub!« Der Rabbiner riss triumphierend die Arme hoch. »Also, ist das etwa nichts? Und wie sah dieser Staub aus? War er schwer, glatt wie Wasser, sodass man ihn nicht in den Händen halten konnte?«
    »Woher wissen Sie das?«
    Erneut gab Elijah einen Triumphlaut von sich. Er lief zu einem Wandschrank, entnahm ihm einen Glaskolben, zog den Korken ab und schüttete einen Teil seines Inhalts über den

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