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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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herumkroch auf der Suche nach seiner korrekten anatomischen Position. Ein letzter Rundblick, dann hob ich Sahias sterbliche Hülle aus der Kupferrot- Lache, ging damit zurück zur Tür und drückte auf eine Taste mit der Aufschrift PATEFACERE.
    Nichts tat sich.
    Wieder und wieder senkte ich meine Hand auf den elektronischen Fühler, aber die Pforte blieb verschlossen. Ich hielt in meinen Bemühungen inne, dann wandte ich mich um und legte Sahias Leichnam vorsichtig ab.
    Ich packte Bouraleh I, um ihn zur Tür zu schleifen, doch sein Körper ließ sich keinen Zentimeter weit bewegen. Wie festgewachsen klebte er auf den Fliesen. Verärgert gab ich es auf, den Leichnam von Kupferrot zu trennen, und durchsuchte stattdessen die Taschen der drei Uniformierten. Einen Augenblick später hielt ich ein Skalpell in der Hand. Ich entsicherte es und setzte dessen Spitze ans Handgelenk von Bouraleh I. Beherzt stach ich zu, drückte die Klinge tief ins Fleisch und schnitt das Gelenk zur Hälfte entzwei. Kupferrot erschien in der Wunde und tropfte auf meine Hände. Erneut zog ich das Skalpell durch Sehnen und Knorpel. Es knirschte und knackte, dann war die Hand abgetrennt. Warm und leicht lag sie zwischen meinen Fingern. Mit dem Körperteil lief ich zurück zur Tür. Als ich die toten Finger auf die Sensoren presste, ertönte der Öffnungsmechanismus. Die Pforte schwang auf und gewährte Durchlass auf den bleigrauen Korridor.
    Achtlos warf ich die abgetrennte Hand zurück in den Raum, doch sie sprang sofort wieder auf. Flink krabbelte sie durch die offene Tür und verschwand Richtung Aufzug. Ich hob Sahia vom Boden auf und schlüpfte ebenfalls hinaus auf den Flur. Ihren Körper an mich pressend, lief ich in den Nebel am Ende des Korridors. Hinter dem Dunst lag ein gewaltiger, unendlich hoher Saal, wie das Innere eines riesigen Turmes. Zwielicht, Kälte und Lautlosigkeit herrschten vor, und weit entfernt, auf einem Podest am Fuße einer riesenhaften Maschine, wartete etwas Unaussprechliches auf mich …
     
    »Halli, hallo, wen haben wir denn da?«, vernahm ich direkt vor mir eine tiefe, heisere Stimme.
    Ich blinzelte, zweimal, dreimal, und starrte ungläubig die beiden Chroner an, auf die ich wie in Trance zuschlenderte, dann hielt ich abrupt im Schritt inne. Begriffsstutzig betrachtete ich den zusammengerollten, mit Spinngewebe verklebten Teppich, den ich in meinen Armen trug. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis mir bewusst wurde, wo ich mich befand: Auf dem Scheitelpunkt der Brücke, die von Elijahs Turm über den Fluss führte. Kaum fünf Schritte von mir entfernt grinsten die Aufseher mir erwartungsvoll entgegen. Einer von ihnen hatte sich in der Mitte der Brücke postiert und versperrte mir den Weg, der zweite lehnte lässig an der Brüstung, in der Klaue eine Laterne, die wie ein perverser Sankt-Martins-Lampion aussah: Ein Metallkäfig an einem langen Stock, in dem lichterloh ein abgeschlagener menschlicher Kopf brannte. Und wie einst der Büßer über dem Pechsee regte auch dieser Kopf sich noch in seinem glühenden Gefängnis. Seine Kiefer bewegten sich lautlos, das verkohlte Gesicht zuckte in unbeschreiblicher Agonie.
    Hinter den beiden Aufsehern tänzelte ein Zyklop über das Gestein, sein riesiges Auge unentwegt auf mich gerichtet und beinahe schon triumphierend ob des lächerlichen Bildes, das ich bot. Über dem gegenüberliegenden Ende der Brücke, in einer Höhe von kaum fünfzig Metern, kreiste majestätisch langsam ein Parabolid.
    »Komm doch näher, Bübchen«, säuselte der Chroner, der mit hoch aufgerichteter Rebasche vor mir stand. »Nur noch zwei winzige Schrittlein.« Eine Pranke hatte er drohend in die Hüfte gestemmt, mit der anderen übte er Fingerspiele an seiner Waffe. »Zeig uns doch mal, was du da hast …«
    Ich ließ den Teppich fallen und machte ein paar Schritte rückwärts, was die Chroner mit einem enttäuschten Heulen quittierten. Als ich sah, dass sie keine Anstalten machten, sich dem eigenartigen Kraftfeld noch weiter zu nähern und aus dem Leib des Paraboliden kein Strahl in meine Richtung schoss, beeilte ich mich, zurück in den Turm zu gelangen. Das Portal stand einen Spalt weit offen, Spinngewebe hatte sich dort verfangen, wo ich mich mit dem Teppich hindurchgezwängt hatte. Während die Chroner mir übelste Flüche nachriefen und in pikanten Details ausmalten, was sie mit mir anstellen würden, sobald sie mich in die Klauen bekämen, schlüpfte ich durch das Portal – und rannte mit dem

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