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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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fürchte, der hat sich verdrückt.« Die Aufseher lachten vergnügt, was mich vermuten ließ, dass sie zumindest ›mitgedrückt‹ hatten.
    Kreuzbeißer öffnete den Beutel und zog einen würfelförmigen schwarzen Stein hervor, dessen Seiten mit eingravierten Hieroglyphen bedeckt waren. Sie glichen den verschlungenen, maschinenartig organisierten Schriftzeichen, die ich auf den Dokumenten im Kontrollzentrum gesehen hatte.
    »Das wäre eigentlich deine Fahrkarte zurück in die Welt der Lebenden gewesen«, sinnierte Kreuzbeißer und betrachtete den Stein von allen Seiten. »Bedauerlicherweise ist die Person, die ihn verwahrte, für geraume Zeit unpässlich.«
    »Was ist das?«, fragte ich mit belegter Stimme.
    »Das hier?« Kreuzbeißer betrachtete den Würfel, als suche er die Antwort auf meine Frage in den Hieroglyphen. »Ein Seelenhexonnox, glaube ich. Genauer gesagt: dein Seelenhexonnox.« Er schüttelte es und hob es an sein Ohr. »Hallo?«, spöttelte er. »Ist der kleine Hippolyt zu Hause?« In sein gehässiges Lachen fielen auch die Chroner auf dem Korridor mit ein. »Ist schon ein Ewigkeit her, seit ich zum letzten Mal eines in den Fingern hatte. Zu allem Überfluss kannst nur du es öffnen, weshalb es im Grunde nutzlos für mich ist.« Kreuzbeißer verstaute den Stein wieder im Rucksack. »Aber es gefällt mir irgendwie. Wie es das Schicksal will, werde ich es wohl einfach für die nächsten tausend Jahre behalten …«
    Meine gesamte aufgestaute Wut und Verzweiflung entluden sich in einem unkontrollierten Ausfall. Ich schrie auf und stürzte mich auf Kreuzbeißer, riss ihn zu Boden und drosch ihm meine Fäuste ins Gesicht. Augenblicklich ergriffen mich kräftige Hände und zerrten mich von meinem überraschten Gegner fort. Ich erhielt Schläge und Tritte in die Rippen und in den Unterleib und blieb hustend auf dem Boden liegen, bis die Schmerzen nachließen. Mit verschleiertem Blick sah ich in die Runde. Vier weitere Chroner standen im Halbkreis um mich herum und betrachteten mich argwöhnisch. Einer von ihnen – Rabendorn, wie ich glaubte – urinierte mir ins Gesicht, worauf meine Haut wie Feuer zu brennen begann. Dann packten mich zahlreiche Pranken und hoben mich auf die Beine. Schwankend blieb ich in der Mitte meiner Bezwinger stehen.
    »Ich hoffe, dein Mütchen ist nun gekühlt.« Rabendorn trat heran. Etwas Langes, Dunkles schimmerte vor mir, dann spürte ich die Spitze seiner Rebasche auf meiner Brust. »Falls nicht, so sag es mir.« Er grinste bösartig.
    »Zum Teufel mit dir«, krächzte ich.
    »Zwei Schritte hinter dir geht der Tod, Menschlein.« Rabendorn setzte seine Klinge an meine Kehle. »Also nütze deinen Vorsprung und lebe!«
    »Es reicht, verschon uns mit deinen Zitaten.« Kreuzbeißer hatte gesprochen und stellte sich zwischen den Chroner und mich. »Wir brauchen ihn für die Entschlüsselung der Noxen.«
    Rabendorn stieß ein unwilliges Knurren aus und ließ die Rebasche sinken. »Gut, du musst wissen, was du tust. Aber wir bleiben in der Nähe.« Er sah Kreuzbeißer an. »Ich halte es noch immer für keine gute Idee.«
    »Hast du eine bessere?«
    »Schneiden wir ihn in Stücke, ehe er uns ein zweites Mal verrät …«
    »Dann verrät er sich selbst.«
    Rabendorn schnaubte verächtlich. »Wir warten vor der Tür.« Er wandte sich ruckartig um und verließ mit den anderen den Raum.
    Ich sah Kreuzbeißer aus geschwollenen Augen an. »Du bist – nur eine Maschine.«
    »Nicht in eurem Sinne, wie du mittlerweile weißt.«
    »Ein aus Nanodreck zusammengebackener Untoter. Ein Roboter, den man in Stücke hacken kann, und der sich dennoch immer wieder erheben wird, bis in alle Ewigkeit. Ihr seid seelenloser Schrott, der die abgeschlagenen Schädel der Büßer in Flammen setzt und wie Trophäen mit sich herumträgt. Ihr seid der Abschaum der Schöpfung!«
    Kreuzbeißer fuhr sich mit einer Pranke übers Gesicht. »Wie auch immer …« Er legte den Rucksack mit dem Hexonnox neben dem Fackelkäfig auf den Boden. »Du hast von diesem senilen Rabbiner dummerweise mehr erfahren, als uns lieb sein kann. Ach, bevor ich’s vergesse: Du weißt nicht zufällig, wo sich diese larmoyante Ratte verkrochen hat?« Ich schüttelte den Kopf. »Nun, wie dem auch sei«, kommentierte Kreuzbeißer mein Schweigen. Er wandte sich halb zu Tür um und rief: »Demuarsell!«
    Auf dem Korridor wurde ein flinkes Trippeln laut, dann erschien der Spinnendämon in der Tür.
    »Ja, Herr?«
    »Geh und finde diesen Frevler

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