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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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Augen spiegelte sich eine Mischung aus Erwartung und Enttäuschung. » Aip sensana tallion«, murmelte er gekränkt.
    »Natürlich bin ich dein Freund.« Ich lief zum Fenster und warf einen Blick nach draußen. Von seinen Artgenossen war nichts zu sehen oder zu hören, und auch der Himmel wirkte friedlich. »Aber wenn dich einer der Paraboliden hier oben ortet, wird man misstrauisch werden und nach dem Rechten sehen. Danke, dass du dich um mich sorgst, aber nun tu mir den Gefallen und verschwinde …«
    »Skasch!«, unterbrach mich Manom, als er den Metallzylinder auf dem Boden erspähte. »Denia geam!« Seine Rückenflosse zitterte aufgeregt, und seine Augen fixierten das Objekt, als versuche er, es mit Blicken zum Leben zu erwecken.
    Mein Blick wanderte zwischen Manom und dem Zylinder hin und her. »Ist etwas nicht in Ordnung damit?«
    »Kunson jottoka. Caniem as Meretseger!«
    »Meret?« Ich schnappte nach Luft. »Meret schickt dich?«
    Der Junge schob mich mit einer seiner kleinen, kräftigen Hände beiseite, und ehe ich es verhindern konnte, war er über den Sims ins Zimmer geschlüpft. Ich versuchte ihn zurückzuhalten, fing mir stattdessen einen unbeabsichtigten Schlag seiner Rückenflosse ein und torkelte mit blutender Nase gegen die Wand. Das Bücherregal ging krachend zu Boden und zerbrach. Manom kroch durch den Raum, ergriff den Zylinder und musterte ihn neugierig von allen Seiten, derweil ich mir einbildete, angesichts unseres Lärms bereits einen Trupp Chroner das Treppenhaus heraufpoltern zu hören.
    »Das vallema ti olan«, sagte Manom vorwurfsvoll.
    »Was geht’s dich auch an.« Ich sammelte ein paar Lumpen zusammen und wischte das feucht glänzende Fensterbrett sauber.
    »Ser zabera Meret morkut, alna tanabech.«
    »Dieses Ding?« Ich sah den Jungen verärgert an. »Was soll mir das nützen?«
    »Kieel entien.« Manom warf mir den Zylinder zu, und ich schaffte es gerade noch, ihn mit der linken Hand aufzufangen, ehe er aus dem Fenster flog.
    »Bist du verrückt geworden?«, brauste ich auf. »Was soll das?«
    Der Junge glitt heran, richtete sich unvermittelt vor mir auf und packte mich an den Oberarmen. Sein Gesicht schwebte genau vor meinem, und ich spürte seinen erregten Atem auf meiner Haut. »Kieel entien!« Manoms Finger umklammerten meine Arme wie Schraubstöcke. Zum ersten Mal spürte ich die übermenschliche Kraft, die in seinen Muskeln schlummerte. »Tes itona pan Aered Saia!«, erklärte er langsam, beinahe beschwörend.
    Ich sah ihm verwirrt in seine Augen, tiefe, geschliffene Kristalle, die so groß waren wie Kinderfäuste. »Ein Schlüssel?«
    Manom schüttelte stumm den Kopf.
    Ich blickte durchs Fenster. In einem der Häuser gegenüber stand wieder jene schattenhafte Person am Fenster, die mir bereits bei Manoms erstem Besuch aufgefallen war. Aus dem Konflikt heraus musste ich lachen. »Geh rüber zu Meret und richte ihr aus, dass ich durchaus in der Lage bin, allein auf mich aufzupassen.«
    In Manoms Augen blitzte für einen Moment eine Spur von Ärger auf. »Irida ten saina Saia«, sprach er leise und ließ mich wieder los. Er hob einen Arm, schloss die Hand zur Faust und vollführte mit ihr eine Stoßbewegung. »Aered Saia!«, flüsterte er eindringlich.
    Ich folgte der Geste mit meinem Blick und bekam eine Gänsehaut, als ich endlich die Bedeutung der Worte begriff. Manom redete keinesfalls von einem Schlüssel, sondern von einer Waffe!
    Ich starrte den Jungen an, in sein Gesicht und durch es hindurch. Minutenlang stand ich auf der Stelle, unfähig mich zu rühren und von der heillosen Angst befallen, bei der geringsten verdächtigen Bewegung würde mich die Kamera eines Paraboliden erfassen, mich der Scheinwerfer eines Patrouillenbootes, ein Mikrophon oder eine Laserkanone anvisieren. Ich befürchtete, die empfindlichen Sensoren der Paraboliden könnten meine Angst sichtbar machen, die Hitze- und Kältewallungen meines Körpers messen, mein Zittern registrieren, letztendlich meine Gedanken lesen, mein Wissen, das Wissen über die Natur dieser Welt … Renn!, schrie Giza in meinem Kopf. Die Chroner stehen doch bereits vor der Tür, zehn, fünfzehn, mit einem größeren, einem viel größeren Käfig für ihre Fackel. Sie werden dir alle Knochen brechen, ehe sie dich anzünden, und Manom wird dieses Zimmer nie mehr verlassen …!
    Der Junge war es, der mich wieder in die Realität zurückriss. Blitzschnell griff er nach dem Zylinder, zog ihn mir aus der Hand und kroch mit ihm zur

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