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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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wir stammen. Seit unvordenklichen Zeiten reisen wir durch das Universum, von Stern zu Stern, von Galaxie zu Galaxie, um das Leben auf Planeten zu analysieren, die dominierende Spezies zu ermitteln und ihre Entwicklung zu beschleunigen.«
    »Um Gott zu spielen«, präzisierte ich.
    »Das Universum ist vergänglich, Hippolyt. Viele Spezies, die sich selbst überlassen bleiben, erhalten nicht einmal die Chance, ihre Welt zu begreifen. Sie besitzen die Veranlagung und das Potential, Großes zu leisten, werden jedoch viel zu früh von einer kosmischen Katastrophe dahingerafft. Ihr wart keinesfalls die erste intelligente Lebensform auf eurem Planeten. Viele Spezies leben Millionen Jahre vor sich hin, ohne dass in ihnen der letzte Entwicklungsfunke zündet. Sie sterben aus oder werden, ohne je etwas Bedeutendes geleistet oder hinterlassen zu haben, am Ende ihrer Zeit von dem sich aufblähenden Zentralgestirn ihres Sonnensystems wieder verschluckt. Das Universum verfährt mit seinen Welten wie es ihm beliebt. Es ist wie ein riesiges Encephalon, dessen Zellen Gott im Dauersuff abtötet. Eine unglaubliche Verschwendung von Talent.«
    »Diesen Satz habe ich schon einmal gehört«, erinnerte ich mich. »Von einem Chroner namens Schlangenschwanz.«
    »Das Paseth hat unsere Vorsätze übernommen«, erklärte Thot. »Oder besser gesagt: Es imitiert sie. Ein weiterer Faktor des Chaos. Als wir eure Welt das erste Mal besuchten, war sie in einen Mantel aus Staub und Asche gehüllt und ihre Atmosphäre so heiß, dass nahezu alles Leben auf der Oberfläche ausgelöscht wurde. Wir waren zu spät gekommen.
    Als wir sie ein zweites Mal besuchten, hatte sich im Laufe der Jahrmillionen mit den Menschen wieder eine dominante Spezies entwickelt. Ihr habt euch als komplexe, aber empfindliche Kulturmuster entpuppt. Lernfähig, aber mit minimaler Gehirnauslastung. Gebrechlich, anfällig für Krankheiten, nahezu inkompatibel untereinander. Gegen Infektionsträger und Zellmutationen wart ihr kaum resistent, eure Lebenserwartung daher verschwindend gering. Im Verhältnis zu anderen Spezies wart ihr kosmische Eintagsfliegen. Defekte Organe konnten nicht beliebig durch Fremdorgane ersetzt werden, sondern mussten langwierig aus körpereigenen Stammzellen nachgezüchtet werden. Langfristig betrachtet wart ihr ein hoffnungsloser Fall. Eine Bodenkultur.«
    »Und das habt ihr versucht zu ändern«, schlussfolgerte ich. »In einer Zellfabrik.«
    »Ursprünglich mit dem Ziel, tödliche Infektionen zu bekämpfen«, bestätigte Thot. »Nach vielversprechenden Erfolgen wurde das Projekt ausgeweitet. Unsere Absicht war es nun auch, größere Verletzungen rascher heilen zu lassen und Abwehrreaktionen gegenüber körperfremdem organischem Gewebe vorzubeugen. Künstliche Zellen sollten sich unter geeigneten Bedingungen aneinander heften und ein neutrales, aber funktionstüchtiges Brückengewebe bilden.«
    »Bio-Engineering«, erkannte ich. »Künstliche Morphogenese.«
    »Zuvor mussten wir das Immunsystem der betroffenen Kulturmuster, bei denen ausgefallene Organe ausgetauscht wurden, im Ernstfall so schwächen, dass die Abstoßungsreaktion unterbrochen wurde.«
    »Und um den Prozess zu vereinfachen, ohne zu viel Verantwortung zu übernehmen, wurden autonom arbeitende Nanozellen entwickelt.«
    »Nicht nur autonom, sondern auch lernfähig. Intelligente anorganische Zellverbände. Paseth. Da es, wie wir glaubten, eine neutrale Masse war, spannten wir den Bogen ihrer Fähigkeiten weiter. Bald waren wir in der Lage, Tierkörper zu kopieren. Sogar Kleidung. Gegenstände. Pflanzen. Gestein … Wir entwickelten die Zellen zu einer Perfektion, die es uns nach und nach erlaubte, vollständige Kulturmuster zu züchten. Menschen.
    Was uns jedoch entging: Das Paseth replizierte bei ihnen nicht nur Gewebe bis hin zu vollständigen Körpern, sondern auch den Geist. Erinnerungen. Gefühle. Eines Tages geriet ein neuartiger, zu Testzwecken isolierter Paseth- Verband außer Kontrolle. Er mutierte zu einer sich rapide vermehrenden Materie; zu einem Schwarm, der unaufhaltsam begann, alles zu kontaminieren. Was immer versuchte, ihn aufzuhalten, wurde zersetzt und re-modelliert – Ebene für Ebene, bis das Paseth den Weg hinaus in die Kultur fand …«
    »Die Büchse der Pandora«, erkannte ich.
    »Das ist nur eine Metapher«, winkte Thot ab. »Die Realität war weitaus vielschichtiger. Dem Zwang und womöglich sogar freien Wunsch folgend, Formen zu modellieren, begann das Paseth

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