Morton, Kate
»jetzt bist du zu Hause.
Alles wird gut werden.«
Juniper erwiderte nichts; ihr
Blick war glasig.
Saffy warf
einen Blick zur Tür; Percy würde wissen, was zu tun war. Percy wusste immer,
was zu tun war. »Schsch«, sagte sie, »schsch«, aber mehr zu sich selbst als zu
Juniper, die schon nicht mehr zuhörte.
Sie
setzten sich auf die Chaiselongue und warteten. Das Feuer prasselte im Kamin,
der Wind heulte um die Mauern, und der Regen trommelte gegen die Fenster. Saffy
hatte das Gefühl, eine Ewigkeit würde vergehen. Dann erschien Percy in der Tür,
die Wärmflasche in der Hand. Sie hatte sich beeilt. »Ich dachte, ich hätte
einen Schrei ...« Sie unterbrach sich, als sie Juniper sah, die ihre Bluse
abgelegt hatte. »Was ist los? Was ist passiert?«
Saffy
zeigte auf die blutverschmierte Bluse und sagte mit angestrengter
Fröhlichkeit: »Komm, hilf mir, Perce. Juniper hat eine lange Reise hinter sich,
und ich dachte, wir könnten ihr ein schönes heißes Bad bereiten.«
Percy
nickte grimmig. Sie fassten Juniper unter und führten sie zur Tür.
Nachdem
sie das gute Zimmer verlassen hatten, begannen die Steine zu flüstern.
Der lose
Fensterladen fiel aus seiner Angel, aber niemand bemerkte es.
»Schläft sie?« »Ja.«
Percy
atmete erleichtert aus und betrat das Dachzimmer, um ihre kleine Schwester zu
betrachten, die auf dem Bett lag. Sie blieb neben dem Sessel stehen, in dem
Saffy wachte. »Hat sie dir irgendetwas erzählt?«
»Nicht
viel. Sie erinnert sich noch daran, dass sie zuerst mit dem Zug und dann mit
dem Bus gefahren ist, dass der Bus angehalten hat und sie sich am Straßenrand
hingekauert hat. Als Nächstes weiß sie nur, dass sie auf dem Weg hierher und
schon fast an der Tür war und dass ihr alle Glieder gekribbelt haben. So wie
immer — hinterher.«
Percy
wusste, was Saffy meinte. Sie streichelte mit zwei Fingern Junipers Stirn,
ihre Wange. Ihre jüngere Schwester wirkte so klein, so hilflos, wenn sie
schlief.
»Weck sie
nicht auf.«
»Keine
Angst.« Percy zeigte auf das Medizinfläschchen ihres Vaters neben dem Bett.
»Du hast
dich umgezogen«, sagte Saffy und zupfte leicht an Percys Hosenbein.
»Ja.«
»Du gehst
nach draußen.«
Percy
nickte knapp. Wenn Juniper aus dem Bus ausgestiegen war und den Weg nach Hause
gefunden hatte, musste das, was zu der verlorenen Zeit geführt hatte und der
Grund für das Blut auf ihrer Kleidung war, in der Nähe des Schlosses geschehen
sein. Also musste Percy sofort nachsehen; die Taschenlampe nehmen, die Zufahrt
hinuntergehen und nach Hinweisen suchen. Sie wollte keine Spekulationen darüber
anstellen, was sie finden würde, aber es war ihre Pflicht, Spuren zu
beseitigen, wie immer sie aussehen mochten. Im Grunde war sie froh über diese
Aufgabe. Ein klares Ziel würde ihr helfen, ihre Ängste in Schach zu halten und
nicht zum Opfer ihrer Fantasie zu werden. Die Situation war schon beunruhigend
genug. Sie betrachtete Saffys Kopf, die hübschen Locken, und runzelte die
Stirn. »Versprich mir, dass du dich mit irgendwas beschäftigst, während ich weg
bin«, sagte sie, »und nicht die ganze Zeit herumsitzt und dir den Kopf
zerbrichst.« »Aber Perce ...«
»Ich meine
es ernst, Saffy. Sie wird ein paar Stunden schlafen. Geh nach unten, schreib
irgendwas. Beschäftige deinen Kopf. Wir können keine Panik gebrauchen.«
Saffy nahm
Percys Hand. »Und du pass auf, dass Mr. Potts dich nicht erwischt. Richte den
Strahl der Taschenlampe auf den Boden. Du weißt doch, wie sehr er darauf
achtet, dass die Verdunkelungsvorschriften eingehalten werden.«
»Mach
ich.«
»Und pass
auch auf, dass die Deutschen dich nicht sehen, Perce. Sei vorsichtig.«
Percy zog
ihre Hand weg; um die Geste weniger schroff erscheinen zu lassen, schob sie
beide Hände in ihre Hosentaschen und antwortete sarkastisch: »In so einer
Nacht? Die liegen alle schön in ihren warmen Betten, wenn sie vernünftig sind.«
Saffy
versuchte ein Lächeln, das ihr missglückte. Wer konnte es ihr verübeln? Das
Zimmer war voll mit alten Geistern. Percy unterdrückte einen Schauder, ging zur
Tür und sagte: »Also, ich geh dann mal ...«
»Erinnerst
du dich noch, wie wir beide hier oben geschlafen haben, Perce?«
Percy
schwieg einen Moment und suchte die Zigarette, die sie sich zuvor gedreht
hatte. »Schwach.«
»Es war
doch schön, oder? Mit uns beiden.«
»Ich
erinnere mich nur daran, dass du es gar nicht abwarten konntest, nach unten zu
ziehen.«
Saffy
lächelte traurig. Sie vermied es, Percy
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