Morton, Kate
Tom?«
»Na ja,
ich frage mich nur, wie es zwischen euch beiden steht ... ist es etwas —
Ernsthaftes?«
Schweigen,
als wollten die Wände unbedingt mithören.
Juniper
atmete keuchend aus. »Ich wollte warten«, sagte sie. »Wir haben beschlossen zu
warten, bis wir beide hier wären.«
»Warten?«
Saffys Herz flatterte aufgeregt wie das eines gefangenen Vogels. »Ich verstehe
nicht, was du meinst.«
»Tom und
ich.« Juniper zog heftig an ihrer Zigarette, dann legte sie eine Wange in ihre
Hand und fuhr fort: »Tom und ich werden heiraten. Er hat mir einen Antrag
gemacht, und ich habe Ja gesagt, und ...« Zum ersten Mal schaute sie ihre
Schwester an. »Ach, Saffy, ich liebe ihn so. Ich kann nicht mehr ohne ihn
leben. Und das werde ich auch nicht.«
Obwohl
Saffy keine andere Antwort erwartet hatte, war sie doch erschüttert von der
Heftigkeit, mit der Juniper sie aussprach. Wie hastig die Worte aus Juniper
herausgesprudelt waren, und mit welcher Vehemenz! »Nun«, sagte sie, ging zu
dem Tisch mit den Getränken und rang sich ein Lächeln ab. »Wie wunderbar,
Liebes, dann haben wir ja heute Abend einen Grund zu feiern.«
»Aber du
erzählst Percy nichts davon, nicht wahr? Erst wenn ...«
»Nein.
Natürlich nicht.« Saffy zog den Stopfen aus der Whiskyflasche.
»Ich weiß
nicht, wie sie ... Hilfst du mir? Damit sie es versteht?«
»Das weißt
du doch.« Saffy konzentrierte sich darauf, den Whisky einzuschenken. Es
stimmte. Sie würde tun, was nötig war, denn es gab nichts, was sie nicht für
Juniper tun würde. Aber Percy würde es nie verstehen. Das Testament ihres
Vaters war eindeutig: Sollte Juniper heiraten, wäre das Schloss verloren.
Percys Liebe, ihr Leben, ihr ganzer Lebensinhalt...
Juniper
betrachtete stirnrunzelnd das Feuer im Kamin. »Sie wird mich bestimmt
verstehen, meinst du nicht auch?«
»Ja«, log
Saffy, dann leerte sie ihr Glas. Füllte es nach.
»Ich weiß,
was es bedeutet, wirklich, und ich bedaure es von ganzem Herzen. Ich wünschte,
Daddy hätte nicht getan, was er getan hat. Ich wollte nichts von dem hier
haben.« Juniper machte eine ausladende Handbewegung. »Aber mein Herz, Saffy.
Mein Herz.«
Saffy
hielt Juniper ein Glas hin. »Hier, Liebes, nimm das ...« Dann, als ihre
Schwester aufstand und sich zu ihr umdrehte, schlug sie sich die Hand vor den
Mund.
»Was ist?«
Saffy
brachte keinen Ton heraus. »Saffy?«
»Deine
Bluse«, stieß Saffy hervor, »sie ist ...«
»Sie ist
neu.«
Saffy
nickte. Es war eine optische Täuschung, sagte sie sich, sonst nichts. Sie nahm
ihre Schwester bei der Hand und zog sie ins Licht der Lampe.
Dann
beugte sie sich vor.
Es war
unverkennbar Blut. Sie ermahnte sich, nicht in Panik zu geraten, dass sie jetzt
vor allem Ruhe bewahren mussten. Sie suchte nach den passenden Worten, aber
bevor sie sie fand, war Juniper ihrem Blick gefolgt.
Sie zupfte
an ihrer Bluse, runzelte einen Moment die Stirn, dann schrie sie auf. Rieb panisch
mit ihren Händen über den befleckten Stoff. Trat einen Schritt zurück, als
könnte sie so dem Entsetzen entfliehen.
»Schsch«,
sagte Saffy und wedelte mit der Hand. »Ganz ruhig, Liebes. Keine Angst.« Sie
spürte jedoch, wie ihre eigene Angst in ihr aufstieg, ihre Schattengefährtin.
»Lass mal sehen. Lass Saffy einen Blick darauf werfen.«
Juniper
stand reglos da, während Saffy mit zitternden Fingern die Bluse aufknöpfte,
mit den Fingerspitzen über die glatte Haut ihrer Schwester fuhr - so wie sie es
getan hatte, als Juniper noch klein war -, ihre Brust, ihre Hüften, ihren
Bauch nach Wunden absuchte. Als sie keine fand, seufzte sie erleichtert. »Alles
in Ordnung.«
»Aber von
wem ist es dann?«, fragte Juniper. »Von wem?« Sie zitterte. »Woher stammt das
Blut, Saffy?«
»Erinnerst
du dich nicht?«
Juniper
schüttelte den Kopf.
Ȇberhaupt
nicht?«
Zähneklappernd schüttelte Juniper
erneut den Kopf. Saffy sprach ruhig und sanft mit ihr, wie mit einem Kind.
»Liebes, kann es sein, dass du die Zeit verloren hast?« Juniper riss entsetzt
die Augen auf.
»Hast du Kopfschmerzen? Deine
Finger - kribbeln sie?« Juniper nickte langsam.
»Also
gut.« Saffy lächelte gequält, half Juniper aus der verschmierten Bluse und
legte ihrer Schwester einen Arm um die Schulter; sie hätte vor Angst und Liebe
und Kummer weinen können, als sie den schmalen Körper spürte. Sie hätten nach
London fahren sollen, Percy hätte hinfahren und June nach Hause holen sollen.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie entschieden,
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