Morton Rhu - Leben und Werk
auch den Eindruck, dass es in den USA eine Menge Leser gibt, die gerne Graphic Novels kaufen. Trotzdem scheint das Geschäft mit diesem Format nur für wenige Verlage und wenige Titel rentabel zu sein. Ich kenne die beiden Bücher von Stefani, wir kennen uns auch persönlich und ich schätze ihre Arbeit sehr.
Außerhalb der USA gibt es wohl kein Land, in dem Sie erfolgreicher sind als in Deutschland. Warum?
Ich weiß es nicht genau. Da muss etwas in der Art meines Schreibens sein, das in Deutschland besonders gut ankommt. Meine Schreib- und Denkweise scheint deutsche Leser besonders anzusprechen. Immerhin stammen meine Vorfahren aus Deutschland. Vielleicht sind kulturelle Verwandtschaften bestehen geblieben. In gewisser Weise erinnert mich das an den Schauspieler und Komiker Jerry Lewis, der einen so unglaublich großen Erfolg in Frankreich hatte. Es ist schon seltsam, dass manche Nationalitäten bestimmte Künstler ganz besonders schätzen.
Stellen Sie Unterschiede fest zwischen Lesungen in amerikanischen und in deutschen Schulklassen?
Mein Eindruck ist, dass deutsche Schüler gründlicher und konzentrierter sind als amerikanische. Sie nehmen das Lernen ernster. In Deutschland kann ich mich in ein Klassenzimmer setzen und fünfundvierzig Minuten lang aus einem Buch lesen. In den USA geht das nicht. Dort bleiben Jugendliche nicht so lange sitzen und hören zu. Auch die Gespräche nach den Lesungen gestalten sich unterschiedlich. Die deutschen Schüler machen sich mehr Gedanken und kommen auf sehr wichtige Punkte zu sprechen. Ich weiß nicht warum. Vielleicht hat es mit dem Schulsystem zu tun, mit einer besseren Pädagogik oder mit dem Fernsehen. In den USA sind wir es eher gewöhnt, sehr viel Zeit vor dem Fernseher zu verbringen und das Gesendete zu akzeptieren, ohne es zu hinterfragen. Ich schätze das Schülerpublikum in Deutschland auf jeden Fall mehr.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Oh, das ist schwer zu beantworten. Ich verstehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, dass Menschen ein Lieblingsessen haben. Wenn man das einige Male gegessen hat, wird das doch langweilig. Wenn ich also zu viele Pizzas gegessen habe, habe ich Lust auf Hamburger. Ich esse eigentlich fast alles. Jede Nahrung ist Lieblingsnahrung.
Haben Sie ein Lieblingsgetränk?
Ich trinke am liebsten Wasser. Manchmal auch Bier.
Ist deutsches Bier besser als amerikanisches?
Ich fürchte, meine Geschmacksnerven sind nicht gut genug, um die Unterschiede festzustellen. Ich trinke kein Budweiser, ich trinke Corona.
Haben Sie Lieblingsnamen – im Leben und beim Schreiben?
Ich lese ja oft in Schulen. Beim Signieren frage ich die Kinder und Jugendlichen nach ihren Namen. Wenn ich Namen höre, die mir gefallen, dann mache ich mir eine Notiz. Destiny ist ein solcher Name, den ich in meinem Thriller »Dying for Beauty« verwendet habe.
Sind Sie ein Vielleser?
Ich hatte schon als Grundschüler Schwierigkeiten mit dem Lesenlernen. Ich sollte deswegen die dritte Klasse wiederholen. Meine Eltern beschlossen, mich in den Sommerferien zu einer Nachhilfelehrerin zu schicken. Zweimal in der Woche war ich den ganzen Sommer über bei ihr. Sie hatte eine seltsame Leseförderungsmaßnahme: Sie gab mir Bücher und Essen. Wenn ich fleißig las, bekam ich gutes Essen. Am Ende hatte ich ziemlich viel zugenommen, konnte aber auch deutlich besser lesen und blieb in der Schule nicht sitzen.
Aber ich bin heute noch ein langsamer Leser, obwohl ich viel und sehr gerne lese. Jedenfalls empfehle ich Schülern mit Leseschwächen, nicht zu verzagen. Schließlich habe ich es auch geschafft und über einhundertvierzig Bücher geschrieben.
Gibt es ein historisches Ereignis, das Sie besonders bewundern?
Ich finde, dass der Protest gegen den Vietnamkrieg ein großer Schritt vorwärts für unser Land war. Dass sich so viele Menschen gegen die Regierung erhoben haben, um deutlich zu machen, dass sie kriegerische Entscheidungen ablehnen, darauf bin ich sehr stolz. Zudem bewundere ich, dass es gelungen ist, die Abtreibung unter bestimmten Umständen zu legalisieren. Und ich bin begeistert, dass unser Land Barak Obama zum Präsidenten gewählt hat. Ich glaube, dass er unglücklicherweise sehr schwierige Bedingungen geerbt hat, aber ich finde ihn einen wundervollen Präsidenten.
Sie sind Pazifist und lieben den Frieden. Trotzdem sterben viele Menschen in Ihren Romanen. Wie möchten Sie sterben?
Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn es passiert. Das hat
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