Mosaik
Goldvogel. Wie hast du das fertiggebracht?«
Kathryn lächelte. »Ich habe die Zahlen gesehen und einfach eine weitere Reihe hinzugefügt.«
Er musterte sie mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Stolz.
»Weißt du was? Du bekommst nicht nur einen weiteren Flug –
wir unternehmen einen Streifzug durch die Kornfelder.«
Das war eine besonders schöne Belohnung. Die weiten
Kornfelder des Landwirtschaftsparks, in dem sie wohnten, stellten Kathryns Lieblingsort auf der Erde dar: lange Reihen von goldgelben Gestalten, die sich in der Sommerbrise hin und her neigten, im Wind tanzten. Wenn sie dort unterwegs waren, erfand Daddy manchmal Geschichten. Dann verwandelten sich die Getreidehalme in Starfleet-Kadetten, die auf dem Paradeplatz marschierten. Oder sie wurden zu einer Ballettgruppe aus prächtig gekleideten Tänzerinnen. Gelegentlich spielten sie hier Verstecken. Im vergangenen Jahr hatte Kathryn bei der Ernte zugesehen und sehr über den Verlust ihrer Spielgefährten getrauert.
Sie griff nach Daddys Hand, schritt mit ihm durch die breite Tür und auf die Terrasse. Ihr Herz klopfte voller Glück, und sie wünschte sich, diesen Augenblick für immer zu bewahren.
Kapitel 3
Janeway hob ruckartig den Kopf und riß die Augen auf. Für einige Sekunden wußte sie nicht, wo sie sich befand. Die Kindheitserinnerungen und die damit verbundenen
Empfindungen waren noch in ihr lebendig, bildeten ein zartes, ungreifbares Gespinst. Sie versuchte, die Reminiszenzen festzuhalten, doch sie glitten fort wie Schatten, die vor der aufgehenden Sonne flohen. Ganz plötzlich kehrte die Gegenwart zurück: Sie war an Bord der Voyager, und es drohte Gefahr. Die Kazon lauerten außerhalb des planetaren Nebels, und eine Einsatzgruppe saß auf dem Planeten fest.
Ein Blick aufs Chronometer teilte der Kommandantin mit, daß sie eine Stunde geschlafen hatte – obwohl sie hätte schwören können, die Augen überhaupt nicht geschlossen zu haben.
»Janeway an Brücke.«
»Hier Rollins, Captain.«
»Wie ist die gegenwärtige Situation?«
»Die Reparaturarbeiten werden fortgesetzt. Der Maschinenraum hat mitgeteilt, daß in etwa vier Stunden alle Schäden behoben sind.«
»Danke, Lieutenant.«
Janeway begriff, daß sie die Gelegenheit nutzen sollte, ihre Batterien aufzuladen und neue Kraft für das zu sammeln, was vor ihr lag. Ihr Kopf sank aufs Kissen zurück, und sie trachtete danach, wieder jene angenehmen Gefühle einzufangen, die sie vor dem Erwachen gespürt hatte – Emotionen, die mit Heim und Familie in Zusammenhang standen. Sie hatte geträumt. Aber wovon? So sehr sie sich auch bemühte, den Traum zurückzuholen
– die einzelnen Szenen lösten sich immer mehr auf,
verschwanden schließlich ganz…
Kapitel 4
»Den Schläger zurück… die Schultern drehen… und schlagen!«
Die Anweisungen nahmen kein Ende, wurden zu einem
beständigen Brummen, zu einem Teil ihres Unterbewußtseins.
»Ärmel zum Mund… Das Durchschwingen verlängern… den
Schläger heben und beim Ausholen geradehalten…« Die Stimme der Tennislehrerin kam von der anderen Seite des Netzes und klang ganz ruhig. Mit der gleichen Gelassenheit schlug sie den Ball. Bei Cameron wirkte alles ganz einfach. Doch so sehr sich Kathryn auch bemühte: Die meisten von ihr geschlagenen Bälle landeten im Netz oder außerhalb des Spielfelds. Ihre
Enttäuschung wuchs immer mehr.
Kathryn befand sich auf einem der Tennisplätze eines kleinen Sportzentrums, nicht weit von zu Hause entfernt. Hier befaßte man sich vor allem mit ›traditionellen‹ Sportarten wie Tennis, Golf und Schwimmen. Eine andere Anlage in der Nähe war modernen Sportarten gewidmet: Hoverball, Parrises Squares, Hürdensprung und Hochflug. Kathryn wäre viel lieber dort gewesen. In den meisten dieser Sportarten erbrachte sie gute Leistungen.
Der Frühling von Indiana hatte seine schönste Phase erreicht: Forsythien und Hornsträucher blühten, präsentierten prächtige Farben. Die Luft war warm und würzig. In zwei Monaten würde eine schwüle Hitze herrschen, die einem Dampfbad gleichkam, doch dieser Morgen im Mai erwies sich als recht angenehm.
Kathryn konnte weder die Landschaft noch das Wetter
würdigen. Eine widerspenstige Haarsträhne fiel ihr immer wieder in die Stirn, und sie versuchte, sie hinters Ohr zu verbannen. Aber schon nach wenigen Sekunden mußte sie die Bewegung
wiederholen. Es schien nichts zu geben, mit dem sich ihr dünnes Haar beim Training unter Kontrolle halten
Weitere Kostenlose Bücher