Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
Vom Netzwerk:
kam er besorgt näher, wedelte mit dem Schwanz und stieß seine feuchte Schnauze ans Bein des Mädchens.
    Die Mutter musterte ihre Tochter nachdenklich und streckte dann die Arme aus. »Komm, Engelchen.«
    Das ließ sich Kathryn nicht zweimal sagen. Trost und
    Geborgenheit erwarteten sie bei ihrer Mutter. Jene Arme hatten sie von Geburt an gehalten. Inzwischen war sie zu alt, um sich von ihnen wiegen zu lassen, aber sie vermittelten ein Gefühl der Sicherheit, das sie noch immer sehr zu schätzen wußten. Auf dem Mutterschoß konnte ihr die Welt nichts anhaben. Dort trockneten die Tränen; dort wich die Furcht aus ihr. Kathryn war ganz sicher, daß sie tatsächlich einen Schlußstrich unter den Tennisunterricht ziehen konnte. Auch Bramble schien zu ahnen, daß die Krise überstanden war. Er saß vor dem Schaukelstuhl und sah aus großen dunklen Augen zu ihnen beiden auf.
    Ihre Mutter hielt sie fest, strich ihr übers Haar und wischte ihr die Feuchtigkeit von den Wangen. »Beruhig dich«, sagte sie leise.
    Als Kathryn nicht mehr schluchzte, fuhr sie fort: »Ich weiß, wie schwer es manchmal ist, eine neue Fertigkeit zu erlernen.
    Außerdem gefällt es niemandem, sich gedemütigt zu fühlen.
    Solche Empfindungen setzen jedem zu.«
    Kathryn nickte.
    »Aber nicht alles im Leben ist leicht«, erklärte ihre Mutter. »Um manche Dinge muß man sich bemühen. Und wenn wir nicht
    lernen, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, so sind wir ungenügend auf die schwierigen Lektionen des Lebens vorbereitet.«
    Kathryn erschrak, als sie begriff, was die Worte ihrer Mutter bedeuteten. »Ich lasse mich nicht von dir zurückschicken! Nein, ausgeschlossen! Nie wieder spiele ich Tennis!«
    Ihre Mutter sprach weiter, mit ruhiger, tröstender Stimme.
    »Vieles fällt dir leicht, Kathryn. Wenn wir zuließen, daß du mit den Dingen aufhörst, die dir schwerfallen… Dann würdest du nicht lernen, hart für etwas zu arbeiten. Du gingest von der Annahme aus, alles sei einfach. Doch das Leben ist anders. Wenn du für etwas hart arbeiten mußt, so hat es einen größeren Wert für dich. Deshalb ist es wichtig, daß du jetzt nicht aufgibst. Wenn mehr Anstrengungen nötig sind, um Tennis spielen zu lernen, so mußt du dich eben mehr bemühen. Auch wenn es jetzt anders für dich aussieht: Später wirst du uns einmal dankbar dafür sein, daß wir diesmal nicht auf deine Wünsche eingehen.«
    Kathryn stand kurz davor, erneut in Tränen auszubrechen – es war alles so ungerecht! –, doch genau in diesem Augenblick platzte ihre Schwester Phoebe herein. Sie kam von ihrer Spielgruppe, mit Zeichenmaterial und krümelnden Keksen, strahlte wie üblich die Energie eines Orkans aus.
    »Mami, Mami, Mami, wir haben Kekse gebacken, und ich habe gemalt und Knetmasse geformt und…« Phoebe blieb stehen, als sie Kathryn auf dem Schoß ihrer Mutter sah. »Ich will auch auf den Schoß«, verkündete sie mit fester Stimme und kletterte auf Gretchen Janeways Knie, die kaum mehr Platz boten.
    Es ist nicht fair, dachte Kathryn. Phoebe war nicht traurig. Sie wurde nicht gezwungen, sich mit etwas zu beschäftigen, das sie verabscheute. Sie brauchte keinen Trost. Phoebe hatte sogar lockiges Haar! Warum beanspruchte sie ebenfalls die Zuwendung ihrer Mutter? Wieder stieg Kummer in Kathryn empor, und sie rutschte vom Schoß herunter.
    »Ich gehe auf mein Zimmer«, sagte sie und schritt fort, gefolgt von Bramble. Ein Teil von ihr hoffte, daß es ihre Mutter irgendwann bedauerte, sie auf diese Weise fortgeschickt zu haben.
    Kathryn schloß die Tür mit etwas mehr Nachdruck – niemand konnte behaupten, daß sie die Tür hinter sich zuwarf, aber als sie ins Schloß fiel, klackte es lauter als sonst. Anschließend warf sie sich aufs Bett. Bramble sprang sofort zu ihr und kuschelte sich an sie. Kathryn schlang den Arm um das warme, weiche Bündel. Es quollen ihr auch weiterhin Tränen aus den Augen, als sie sich ganz dem Selbstmitleid hingab. Nach einer Weile spürte sie die Zunge des Hunds – Bramble leckte die salzigen Tropfen fort.
    Schon seit Jahren verhielt er sich auf diese Weise, wenn sie weinte. Sie glaubte fest daran, daß er wußte, welchen Trost er ihr damit spendete (obwohl ihr Vater behauptete, daß es dem Hund vor allem um den salzigen Geschmack ging).
    Daddy. Würde er ihr erlauben, mit dem Tennis aufzuhören?
    Kathryn dachte kurz darüber nach und verwarf die Idee. Wenn es um solche Angelegenheiten ging, waren ihre Eltern immer einer Meinung. Gehörte

Weitere Kostenlose Bücher