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Mosaik

Mosaik

Titel: Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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hinter den Händen. Kurz darauf hörte sie Daddys Stimme in
    unmittelbarer Nähe. »Ja, es ist ein Vogel. Ein hübscher Goldvogel ist es, und er verbirgt sich unter meinem Schreibtisch! «
    Hände griffen nach Kathryn und zogen sie empor. Das Mädchen kreischte voller Freude, als der Vater es mühelos hin und her schwang. »Goldvogel fliegt, durch das ganze Zimmer, auf und ab, auf und ab…«
    Kathryn lachte, während Daddy sie in weiten Kreisen fliegen ließ, mal höher und mal tiefer. Schließlich ließ er sie zu Boden.
    »Noch einmal, noch einmal«, bettelte sie, doch ihr Vater sank neben ihr auf die Knie.
    »Tut mir leid, aber es gibt hier keine Gratisflüge. Was mußt du tun, wenn du fliegen möchtest?«
    »Ich muß mir den Flug verdienen.«
    »Und wie?«
    »Indem ich bei den Spielen gewinne.«
    »Bist du soweit?«
    »Ja, Daddy.«
    Sein wundervolles Gesicht blickte auf sie herab. Graue Augen funkelten, und rotbraunes Haar fiel über die Stirn. Daddy wirkte immer glücklich, fand Kathryn.
    »Na schön. Hast du dich mit der Sieben beschäftigt?«
    Kathryn atmete tief durch und wagte den Sprung ins Ungewisse.
    »Nicht nur mit der Sieben, sondern auch mit der Acht. Und mit der Neun.«
    Ein erstaunter Blick belohnte sie. Kathryn lachte erneut und freute sich darüber, ihren Vater überrascht zu haben. Er hatte bestimmt nicht damit gerechnet, daß sie soviel lernte.
    »Mit der Acht und der Neun kennst du dich ebenfalls aus? Das sind große Zahlen für ein so kleines Mädchen. Möchtest du wirklich ein solches Risiko eingehen? Du verdienst dir einen Flug, wenn du mit der Sieben zurechtkommst.«
    »Ich bin bereit und kann es schaffen.«
    »Aber wenn dir bei der Acht und Neun ein Fehler unterläuft…
    Dann fliegst du heute nicht mehr.«
    »Ich weiß.«
    Daddy schmunzelte, und sein offensichtlicher Stolz ließ Kathryn innerlich erschauern. »Nun gut. Neun mal acht?«
    »Zweiundsiebzig.«
    »Acht mal sieben?«
    »Sechsundfünfzig.«
    »Sieben mal vier?«
    » Achtundzwanzig.«
    »Acht mal acht?«
    »Vierundsechzig.«
    »Neunmal… elf?«
    Kathryn erblaßte. Bisher waren sie nie über die Zehn
    hinausgekommen. Sie hatte sich alles genau eingeprägt, bis hin zu einem Vielfachen von zehn; bei der Elf begann ein unbekanntes mathematisches Terrain, das sie erst noch erforschen mußten.
    »Das ist nicht fair, Daddy. Wir haben noch nie mit der Elf gerechnet.«
    »Du hast bewiesen, wie gut du Dinge auswendig lernen kannst.
    Aber es ist auch wichtig, in Zahlen zu denken. Ich erwarte von dir, daß du jetzt zum nächsten Niveau der Mathematik
    aufsteigst.«
    Panik erfaßte Kathryn. Sie fühlte sich von ihrem Vater verraten.
    Wie sollte sie mit Zahlen zurechtkommen, über die sie noch nie nachgedacht hatte? Ihr blieb keine andere Wahl, als zuzugeben, daß sie dazu nicht imstande war.
    Der letzte Gedanke zuckte wie ein Blitz durch ihren mentalen Kosmos, und sie fühlte, wie ihr Tränen in die Augen quollen.
    Daddy sah sie an, geduldig und unnachgiebig. Kathryn wußte, daß sie nicht mit Mitleid rechnen durfte – ihr Vater erwartete von ihr, daß sie die Aufgabe löste. Diese Erkenntnis beruhigte sie ein wenig. Sie sank zu Boden, saß im Schneidersitz, faltete die Hände im Schoß und schloß die Augen. Es ging jetzt darum, sich voll und ganz auf die Zahlen zu konzentrieren. Sie verdrängte alles andere, schob es fort: den Raum, die Standuhr, auch die Präsenz ihres Vaters.
    Neunmal zehn… Das war ganz einfach. Vor Wochen hatte sie gelernt, daß man bei Multiplikationen mit zehn einfach eine Null hinzufügte. Aus neunmal zehn ergab sich also neunzig. Kathryn versuchte, die Zahlen vor ihrem geistigen Auge zu sehen: neun Fische aus dem Aquarium ihres Vaters in der ersten Reihe, neun in der zweiten, neun in der dritten. Auf diese Weise ging sie vor, bis sie alle neunzig Fische sehen konnte. Zehn Reihen. Und wenn sie jetzt eine weitere Reihe hinzufügte… Elf Reihen aus jeweils neun Fischen. Zehn von ihnen waren neunzig, und noch eine Reihe mit neun Fischen…
    »Neunundneunzig.« Kathryn öffnete die Augen und sah zu ihrem Vater auf. Er bedachte sie mit einem seltsamen Blick, den sie lange Zeit nicht verstehen würde. Dann streckte er die Arme nach ihr aus, hob sie hoch und drückte sie an seine Brust. Er schwieg zunächst, und das Mädchen befürchtete, einen Fehler gemacht zu haben.
    »Stimmt es, Daddy?« fragte sie leise.
    »Ja, es stimmt.« Er setzte Kathryn ab und zerzauste ihr das Haar. »Was bist du doch für ein kluger

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