Mosaik
den beiden Mädchen, die neben ihr lagen, Emma North und Mary O’Connell. Sie trugen
Badekleidung und T-Shirts. Ihre Taschen enthielten
Musikmodule, Spiele, Snacks, Sonnenschutzmittel und andere Dinge, die einen Badenachmittag angenehm gestalten sollten.
»Wenn man uns hier sieht, erfahren bestimmt unsere Eltern davon«, brachte Mary mit einem heiseren Flüstern hervor.
»Wieso habe ich mich bloß von dir überreden lassen?«
Das Baden in den Steinbrüchen der Mars-Kolonie galt als sehr riskant, und ihre Eltern hatten es streng verboten. Das Wasser war tief und kalt, der Zugang zu den Seen gefährlich – jederzeit konnte scharfkantiger Fels schutzlose Haut aufreißen. Die Mädchen wußten natürlich davon, aber früher oder später badete jeder einmal in den Steinbruchseen. Es war gewissermaßen zu einem Rite de passage geworden.
Schon seit Jahren verspürte Kathryn den Wunsch, einmal im Steinbruch zu schwimmen. Starfleet unterhielt viele für Offiziere bestimmte Einrichtungen auf dem Mars, und die Familie Janeway verbrachte dort so manchen Sommerurlaub. Bisher hatten die Eltern Kathryn immer aufmerksam im Auge behalten, doch jetzt war sie vierzehn Jahre alt und unterlag einer nicht mehr ganz so strengen Kontrolle.
»Warum bist du so beunruhigt? Die Leute schwimmen hier schon seit Jahren. Seit Jahrzehnten.«
»Wir hätten nicht hierherkommen sollen.«
»Es bleibt unser Geheimnis.«
»Es kann kein Geheimnis bleiben, wenn uns die anderen
Schwimmer dort unten sehen.«
»Sie werden uns nicht zu Gesicht bekommen«, sagte Kathryn zuversichtlich. »Weil wir uns ihnen überhaupt nicht zeigen.«
Sorge zeichnete sich in Emmys Gesicht ab. »Das läßt sich wohl kaum vermeiden, wenn wir dort baden.«
»Wir baden in einem anderen See. Es gibt hier viele. Sie bilden ein regelrechtes Netzwerk, das kilometerweit durch die Hügel reicht.«
»Woher willst du das wissen?«
Kathryn lächelte und erinnerte sich an einen ganz bestimmten Tag vor fünf Jahren. Er hatte sich ihr fest ins Gedächtnis eingeprägt. »Jemand, der sich hier gut auskennt, wies mich darauf hin. Er führte mich durch die ganze Kolonie. Wenn man eine Atemkieme benutzt und in einem der Steinbruchseen taucht, so kann man das Höhlensystem unter Olympus Mons erreichen.
Wußtet ihr das? Es gibt Hunderte von unterirdischen Höhlen und Seen. Man muß manchmal einen ganzen Kilometer weit tauchen, bis man schließlich zur nächsten Höhle gelangt. Irgendwann unternehme ich einmal eine solche Entdeckungsreise.«
Die beiden anderen Mädchen starrten sie an, als seien ihr gerade besonders häßliche Warzen gewachsen. »Das klingt schrecklich «, meinte Mary. Emma nickte sofort. »Und gefährlich.«
»Ich finde, es klingt aufregend. Andere haben eine solche Tour bereits gemacht.«
»Kam es dabei nie zu Todesfällen?«
Kathryn zögerte. Data hatte tatsächlich einen fatalen Unfall bei der Expedition durch das Höhlensystem von Olympus Mons erwähnt – was jedoch nur dazu führte, daß Kathryns Interesse wuchs. Damals beschloß sie, sich irgendwann einmal dieser besonderen Herausforderung zu stellen. Aber sie durfte sicher nicht hoffen, dabei von Emma und Mary begleitet zu werden.
»Für einen erfahrenen Taucher ist es nicht gefährlich«, sagte sie fest.
»Bist du erfahren?«
»Ich habe den Taucherschein und brauche nur noch etwas mehr zu üben. Deshalb wollte ich hierher.«
»Ich dachte, wir sind hierhergekommen, um zu schwimmen und Spaß zu haben.« Diese Worte stammten von Emma, die immer skeptischer wirkte.
Kathryn seufzte. Es fiel ihr zunehmend schwerer, Emmas und Marys Gesellschaft als angenehm zu empfinden. Seit vielen Jahren waren sie ihre besten Freundinnen, doch in letzter Zeit reagierten sie oft mit Furcht und Nervosität, wenn Kathryn etwas vorschlug. Eigentlich freute es sie, daß sie bald nicht mehr gemeinsam zur Schule gehen würden.
Endlich stand ihr Wechsel zum Akademie-Institut bevor. Lange hatte sie mit ihren Eltern darum gerungen; die Erlaubnis hatte sie schließlich bekommen, als sie einen wichtigen Mathematikpreis gewann. Die letzten vier Jahre der Vorbereitungsschule würde Kathryn an jenem Ort verbringen, den sie von Anfang an hätte besuchen sollen.
Am Institut fand sie bestimmt neue Freunde; Freunde, die ihre Neugier und Abenteuerlust teilten, die ebenfalls gern Neues entdeckten. Schluß mit Tennis, Klavierunterricht und Ballett. Sie durfte endlich die Welt des vierundzwanzigsten Jahrhunderts betreten und konnte es gar
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