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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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hängt ganz vom Ausgang unseres Gesprächs ab.«
    »Fandorin? Dann weiß ich, wer Sie sind. Sie sind der Autor dieses albernen Stücks, und außerdem ein Hobby-Detektiv mit Beziehungen. Ich habe Erkundigungen über Sie eingeholt.«
    Der Khan riss sich die besudelte Serviette herunter und faltete majestätisch die Hände, an denen Ringe blitzten.
    »Ich sehe, Sie haben sich ein wenig beruhigt.« Fandorin setzte sich neben ihn und griff zerstreut nach einer Dessertgabel. »Das sollten Sie nicht zu früh. Ich will mich k-kurz fassen. Sie hören auf, Frau Lointaine zu belästigen. Das erstens. Sie gewähren ihr die sofortige Scheidung. Das zweitens. Anderenfalls … wird Ihnen etwas Scheußliches zustoßen.«
    Seine Drohung näher zu erläutern, fand Erast Petrowitsch überflüssig. Sein Opponent war es eindeutig nicht wert, vor ihm Perlen auszustreuen, und Ton und Blick sagten stets mehr als schöne Worte.
    Dass der Khan zu Tode erschrocken war, schien offensichtlich. Er war einer Ohnmacht nahe.
    »Ich habe bereits selbst beschlossen, mich dieser Verrückten nicht mehr zu nähern!«, rief Seine Hoheit. »Sie wollte mich mit einer Pistole erschießen!«
    Von der Pistole hörte Erast Petrowitsch zum ersten Mal, aber die Nachricht verwunderte ihn nicht. Es war gefährlich, eine Frau mit künstlerischem Temperament aufs Äußerste zu reizen.
    »Sie sind selber schuld. Sie hätten sich nicht als Mörder ausgeben sollen. In P-punkt eins sind wir uns also einig. Bleibt noch der zweite.«
    Altaïrski reckte die Brust.
    »Niemals werde ich ihr die Scheidung gewähren! Das ist ausgeschlossen!«
    »Ich weiß.« Fandorin runzelte nachdenklich die Brauen. »Sie haben zu Elisa gesagt, die Frau eines Khans dürfe keine Liebhaber haben und keinen anderen Mann heiraten. Anders hingegen die Witwe eines Khans.«
    Sein Gegenüber schien doch nicht ausreichend eingeschüchtert zu sein. Erast Petrowitsch packte ihn am Kragen und hielt ihm die silberne Gabel an die Kehle.
    »Ich k-könnte Sie im Duell töten, aber ich werde mich nicht mit einem Schurken schlagen, der schutzlose Frauen einschüchtert. Ich werde Sie einfach abschlachten. Wie dieses Ferkel hier.«
    Das blutunterlaufene Auge des Khans schielte auf den Servierteller.
    »Sie werden mich nicht töten«, krächzte der Dickkopf mit gedämpfter Stimme. »Das ist nicht Ihr Metier, Ihr Metier ist das Gegenteil. Ich sagte doch, ich habe Erkundigungen über Sie eingeholt. Ich hole Erkundigungen ein über jeden, der um Elisa herumscharwenzelt … Aber bitte, wenn Sie wollen, töten Sie mich! Die Scheidung gewähre ich ihr trotzdem nicht!«
    Eine derartige Festigkeit nötigte Fandorin einen gewissen Respekt ab. Offenbar war sein erster Eindruck von Seiner Hoheit nicht ganz richtig gewesen. Erast Petrowitsch nahm die Gabel weg und rückte ein Stück ab.
    »So sehr lieben Sie Ihre Frau?«, fragte er erstaunt.
    »Wer zum Teufel redet hier von Liebe!« Altaïrski schlug mit der Faust auf den Tisch und verschluckte sich vor Hass. »Elisa, dieses Fff …«
    Fandorin verzog zornig das Gesicht, und der Khan schluckte das Schimpfwort hinunter.
    »Diese Frau hat mein Leben zerstört! Mein Vater hat mich meiner Erstgeborenenrechte beraubt! Und wenn ich mich scheiden lasse, streicht er mir den Unterhalt! Hundertzwanzigtausend im Jahr! Und was soll ich dann bitteschön tun – arbeiten? Niemals wird sich ein Khan Altaïrski mit Arbeit besudeln. Töten Sie mich lieber!«
    Das war ein gewichtiges Argument. Erast Petrowitsch überlegte. Er konnte doch diesen schwachen Herrscher und listigen, glatzköpfigen Gecken, diesen Feind der Arbeit, nicht wirklich töten?
    »Wenn ich das richtig verstehe, wollen Sie Elisa heiraten. Geht das nicht auch ohne Trauung?«, fragte der Gatte einschmeichelnd. Offenkundig war ihm ebenfalls sehr an einem Kompromiss gelegen. »Das ist doch jetzt modern. Es würde ihr gefallen. Und von mir werden Sie nie wieder hören. Das schwöre ich! Wollen Sie, dass ich nach Nizza gehe, für immer? Nur verlangen Sie von mir bitte nichts Unmögliches!«
     
    Von der Kusnezki-Brücke bis zum Hotel Metropol ging er zu Fuß. Er musste seine Gedanken sammeln, sich auf das Gespräch mit Elisa vorbereiten. Der Novemberwind trachtete danach, ihm den Zylinder vom Kopf zu reißen, und er musste ihn festhalten.
    Mir ist etwas ganz Triviales widerfahren, sagte sich Erast Petrowitsch. Derartiges macht wahrscheinlich jeder Zweite durch. Wie konnte ich denken, dass dieser Kelch an mir vorübergehen würde?

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