Moskauer Diva
keine Geisha, ich lerne es erst hier, auch wenn die Herrin findet, ich sei zu unbegabt. Doch meine Frau O-Bara kennt sich mit Männern aus. Sie ist gewiss kein Blümchen Rührmichnichtan, o nein. Sie sagt, dass Frau Ijumi das selber inszeniert. Dass sie auf diese Weise zu skandalösem Ruhm gelangen will und möchte, dass jeder von ihr spricht. Und dass ihr treuer Ronin, der wilde Soga-san, sich arme Schlucker aussucht für jeden Überfall und sie dann selbst ermordet, wie unverständ’ges Vieh. Für ihn mit seinem Können ist das ja kinderleicht – die ahnungslosen Trottel, die hackt er klein wie Kohl. Und beide haben Nutzen, wie meine Herrin meint: Es wächst der Ruhm der Geisha und der von Soga-san.
KINJO Nun, wie ein armer Trottel sah er nicht aus, der Mönch. Er kämpfte sehr erfahren, man sah die Meisterhand.
YUBA Das ist nicht unsre Sache. Nun aber sagt mir doch, mein Herr, woher Ihr kommt und wie ich Euch nennen soll.
KINJO Nennt mich einstweilen Kinjo. Mehr sage ich noch nicht, bevor ich sicher sein kann, dass Ihr mich wiederliebt, Ihr mein Gefühl erwidert, auf dass wir uns vereinen in großer Leidenschaft. Ich bin der junge Erbe aus einem Kaufmannshaus. Die Ehre unsrer Firma zu wahren ist mir Pflicht.
ERZÄHLER
Als dies die Schöne hörte, da dachte sie bei sich:
Nun, warum nicht vereinen mit seinem mein Geschick?
Er hat gute Manieren, ist hübsch von Angesicht.
Und wenn zudem er reich ist – was hindert mich dann noch?
Kinjo umarmt Yuba. Sie wehrt sich nicht allzu heftig. Leidenschaftlich umschlingen sie einander.
Doch selbst im Rausch der Liebe – ein Dieb bleibt immer Dieb.
Drum sieht sich unser Kinjo auch jetzt nach Beute um.
Kinjo tastet unter Yubas Gürtel und blickt dabei über ihre Schulter. In seinem Ärmel versteckt er einen Schildpattkamm, einen kleinen Spiegel, dann zieht er vorsichtig eine schöne Haarnadel aus ihrer Frisur.
Doch untersucht auch Yuba rasch ihren Kavalier.
Es drängt sie zu erfahren, ob er denn wirklich reich.
Yuba tastet unter dem Gürtel ihres Verehrers herum, findet eine Geldbörse und kramt darin.
Nein, welch eine Enttäuschung! Die Börse ist fast leer!
Sogleich hat die Umarmung gar keine Süße mehr.
Das Mädchen stampft wütend mit dem Fuß auf und will sich losreißen. Plötzlich taucht am Rand der Engawa Soga auf. Lautlos springt er herab, läuft zu Kinjo und packt ihn am Kragen.
SOGA Wer ist der Mann hier, Mädchen? Rück mit der Sprache raus! Du hast hier im Yanagi ein dreistes Stelldichein?
YUBA
(verlegen)
Nein, nicht doch, Euer Gnaden! Das ist mein Bruder nur. Er wollte mich besuchen. Weil er mich lang nicht sah …
Der Ronin durchsucht ohne Umstände den erschrockenen Kinjo. Er fördert die gestohlenen Dinge aus dem Ärmel zutage: den kleinen Spiegel, die Haarnadel, den Kamm. Yuba klatscht empört in die Hände, sagt aber nichts. Als Soga bei Kinjo keine Waffe findet, verliert er das Interesse an ihm.
SOGA Na schön, also dein Bruder. Das ist mir ganz egal. Doch pass mir auf, du Früchtchen, und seid mir ja schön still!
Lautlos verschwindet er wieder.
YUBA Du Mistkerl! Schurke! Gauner! Du Tunichtgut, du Dieb! Ein schöner Kaufmann, wahrlich! Die Börse ist ja leer!
Sie schlägt ihm mit den Fäusten gegen die Brust. Kinjo lacht lauthals.
KINJO Ach, diese kleine Teuf ’lin! Ohne dass ich’s gemerkt, durchwühlt‘ sie meine Börse mit äußerstem Geschick!
YUBA Nenn mich nur Teuf ’lin, doch stehlen tu ich nicht! Ich ließ dir deine Sachen, während du meine stahlst!
KINJO Ein schöner Grund zum Stolzsein! Wenn du es wissen willst – nicht eine Frau kommt gegen das Diebesleben an. Niemand kann mir befehlen, ich bin frei wie der Wind. Die ganze Welt ist Beute. Ich bin mein eigner Herr! Nur eines ist sehr schade: Ich bin stets ganz allein. Doch auch ein König sehnt sich nach einer Königin. Komm mit, sei meine Freundin! Geh fort von hier mit mir! Wirklich, du kannst mir glauben, ich mein es ernst mit dir. Du bist geschickt, hast Köpfchen und dein Gesicht ist hübsch. Als Paar könnten wir beide bald sehr erfolgreich sein …
Er beugt sich über sie, flüstert ihr etwas ins Ohr. Sie wendet sich erst ab, dann hört sie zu. Er schlingt erneut die Arme um sie.
ERZÄHLER
Mit süßen Worten redet Kinjo auf Yuba ein.
Lockt sie, verspricht ihr Freiheit und heißer Liebe Lust.
Doch um sich gut zu rüsten, zu sichern ihren Weg,
Braucht er
Weitere Kostenlose Bücher