Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
der Anlage. Fast drei Millionen Menschen.
    »P. falciparum hat eine hohe Häufigkeitsrate für spontane Mutationen. Meine Güte, sechs Prozent seines Genoms sind schon prädestiniert für genetische Variationen! Und ein Teil seines Lebenszyklus ist geschlechtlich differenziert, mit besten Chancen für weitere Genvariationen. Diese Mutation könnte völlig spontan aufgetreten sein!«
    »Sie könnte aber auch«, sagte Melanie, »gentechnisch erzeugt worden sein.«
    »Melanie …!«
    »In welchem Fall wir einen Versuch rassischen Genozids vor uns haben könnten.«
    Farlow hielt die Hand hoch. Er kannte ihre Lebensgeschichte: die Black Panthers, die Festnahmen als Folge ihrer Teilnahme an Anti-Apartheid-Demonstrationen, ihre Aktivitäten für verschiedene schwarze Ziele, ihre Ablehnung jeder intimeren Beziehung mit weißen Männern, die sie als gute Freunde jedoch durchaus akzeptierte. Melanie hatte immer schon das Gefühl gehabt, daß er seine Vorbehalte ihr gegenüber hegte, obwohl er voll Bewunderung für ihre wissenschaftliche Arbeit war. Diese Kombination machte ihn jetzt unsicher und verlegen. Aber das sollte sein Problem sein und nicht ihres.
    »Hören Sie«, sagte er, »wir wollen Schritt für Schritt vorgehen, okay? Ohne irgendwelche verfrühten Theorien. Zuerst einmal lasse ich jemand anderen Ihre Tests wiederholen, Melanie, bevor wir auch nur darangehen, an mögliche Überträger zu denken. Einfach, um ganz sicher zu sein. Aber Sie gehören natürlich dem epidemiologischen Team an, was diese Sache betrifft.«
    »Keine zehn Pferde könnten mich davon abhalten«, bemerkte sie grimmig entschlossen.

INTERIM
     
     
     
     
    Die Kleine lag im Bett und hörte zu, wie Mutter die ältere Schwester schimpfte.
    »Bringst es nie im Leben zu irgendwas, wennste nich’ zurückgehst zur Schule … hat nich’ mehr Grips im Hirn wie ’n Baby … klebste für den Rest deiner Tage fest auf irgend ’ner vergammelten Tabakfarm … sechzehn, das Ding, und denkt, sie weiß alles über Gottes große weite Welt …« Peng. Peng. PENG.
    Die Kleine lächelte. Das erste Peng und das letzte, das war Mama, die die Kochtöpfe auf den Tisch knallte wie immer, wenn sie böse auf Rhonda war. Das mittlere Peng war Rhonda, die die Tür hinter sich zuwarf, ehe sie wegstapfte vom Haus. Nichts davon regte Kwansia auf. Es war Morgen. Ein ganz normaler Morgen.
    Und Samstag.
    Lautlos schlüpfte Kwansia aus dem Bett. Ihr Zimmer war winzigklein und enthielt nur das Bett mit der dünnen Matratze und eine abgenutzte Kommode. Das Fliegengitter vor dem Fenster, altersweich und schlaff, hing nach innen und war am Rand eingerissen. Die Kleine achtete sorgfältig darauf, es nicht weiter zu zerreißen, als sie den Rahmen hochschob und hinauskletterte.
    Es war ein wunnn derschöner Tag! So sagte es die Kindergartentante immer: ein wunnn derschöner Tag. Wenn der Kindergarten in ein paar Wochen endete, würde Kwansia Miss Calthorne vermissen, aber nicht sehr lange. Es war schon zu sommerlich draußen im Freien, und im Sommer war es immer lustig, und grade jetzt glänzte der große Teich der Farm in der Sonne wie Gold.
    Barfuß patschte sie über die Wiese hinter dem Haus und sah zu, daß sie weder von Mutters Küchenfenster aus noch von Rhonda, die drüben an der Straße mürrisch auf den Bus in die Stadt wartete, gesehen werden konnte. Kwansia bewegte die Zehen im Gras, und das fühlte sich so lustig an, daß sie zu laufen anfing, damit mehr Halme über ihre nackten Füße strichen. Tags zuvor hatte jemand gemäht, und jetzt roch die Wiese frisch und süß. Der Himmel, dachte Kwansia, würde wohl genauso riechen wie Mister Thayers Farm nach dem Grasschnitt.
    Beim Kuhstall blieb sie atemlos stehen. Kwansia mochte Kühe. Sie mochte die Art, wie sie sie ansahen, als würden sie über etwas nachdenken, während sie wiederkäuten. Und sie mochte auch die kleinen Kätzchen oben auf dem Heuboden, die gerade erst die Augen geöffnet hatten. Sie mochte …
    Etwas stach sie in den Arm. Kwansia schlug ein wenig um sich und sah hin. Die Mücke saß immer noch auf ihrem Arm. Doch statt noch mal hinzuschlagen, hob Kwansia ihren Arm, bis die Mücke nur noch zwei Handbreit von ihren Augen entfernt war. Sie flog nicht weg. Fasziniert starrte die Kleine sie an.
    Die Nase der Mücke steckte direkt in Kwansias Haut! Wie machte sie das? Die Mücke, fast so dunkel wie Kwansias Arm, balancierte auf sechs langen dünnen Beinen. Sie hatte weiße Tupfen auf den Flügeln und sah

Weitere Kostenlose Bücher