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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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furchtbar komisch aus, wie sie so vorgebeugt dastand und sich fast auf den Kopf stellte, um ein winziges Bißchen von Kwansia zu trinken.
    »Ich hab’ ja genug davon«, sagte die Kleine zur Mücke. »Und alle auf Gottes großer weiter Welt müssen essen.« Mutter sagte das.
    »Kwansia, wo bist du denn? Biste wieder draußen ohne Schuhe?«
    Schuldbewußt schrie Kwansia zurück: »Hier bin ich, Mama!«
    »Rein mit dir! Frühstück wartet!«
    Das Kind wischte die Mücke vom Arm und rannte durch den strahlenden Frühsommermorgen zum Haus. Die Mücke flog gesättigt zum ruhigen Wasser von Thayers Teich.

DREI
     
     
     
     
    Gerade als die Schulglocke die Pause einläutete, betrat Cavanaugh die Rivermount Junior Highschool, und der breite Flur, der zuvor eine friedliche, von Spinden gesäumte Landstraße gewesen war, wurde von einem Moment zum nächsten zur Hauptausfallstraße von Washington, D.C., während der Evakuierung nach einem Atomangriff.
    Zu seinem eigenen Schutz preßte Cavanaugh sich flach an die Wand. Seit er selbst sie besucht hatte, war er in keiner Mittelschule mehr gewesen, und damals hatte es doch nicht so darin ausgesehen – oder? Die Jungs wirkten alle wie lächerliche Zwerge, die unerklärlicherweise drei Nummern zu große Kleider anhatten, und die Mädchen sahen aus wie Nutten. Makeup, gefärbte Haare, kurze Röcke, voll entwickelte Brüste – diese Mädchen konnten doch nicht im gleichen Alter sein wie die Jungen, die sich an ihnen vorbeidrängelten! Sie sahen zumindest fünf Jahre älter aus – und schienen überhaupt aus einem völlig anderen Kulturkreis zu stammen. Einige von ihnen waren jedoch zugegebenermaßen außergewöhnlich hübsch.
    Nachdem das wilde Durcheinander sich beruhigt hatte, entdeckte Cavanaugh das Büro des Direktors und wurde von dort zum Instruktionssaal für große Gruppen geleitet – was, wie sich herausstellte, die Schulkantine mit einem Podium an einem Ende war. Dort erwartete ihn die achte Klasse, jeweils acht Schüler an einem Tisch. Als er auf das Podium stieg, hingen alle männlichen Augen – auch die der Lehrer – an seiner Dienstwaffe. Er hatte keine Ahnung, woran die Augen der Mädchen hingen, und er wollte auch gar nicht daran denken.
    »Hallo allseits, mein Name ist Robert Cavanaugh, Special Agent des FBI.«
    Weibliches Gekicher von einem Tisch zu seiner Rechten. Was war denn daran so komisch?
    »Ich bin heute hier, um euch einiges über die beruflichen Möglichkeiten bei der Bundespolizei zu erzählen. Das FBI braucht dringend junge, ehrgeizige Leute mit hellem Köpfchen, und zu dem Zeitpunkt, wenn ihr mit dem College fertig seid, werden es noch mehr sein, die benötigt werden.«
    Gekicher von links. Ein blonder Madonna-Abklatsch legte ihren perfekt manikürten Finger zwischen die grellroten Lippen und machte ein diskretes Rülpsgeräusch. Einer der Lehrer stand auf und richtete seinen ›Lehrerblick‹ zu dem Tisch. Cavanaugh verfluchte innerlich das ›Patenschaft-für-eine-Schule‹-Programm und den unterbeschäftigten Idioten, der sich die Sache ausgedacht hatte.
    Aber sie wurden warm, während er weitersprach – wenigstens so viele von ihnen, daß kein anderer Lehrer mehr aufstehen und seinen stechenden Blick sprechen lassen mußte. Cavanaugh gab die Standardinformationen: Einsätze, Programme und Erfolge des FBI, sowie Karrieremöglichkeiten und Voraussetzungen für eine Einstellung. Dann stellte er sich für weitere Fragen zur Verfügung.
    Ein eifrig wirkender schwarzer Junge in einem Dilbert-T-Shirt stand auf. »Agent Cavanaugh, wie aufmerksam überwachen Sie die Aktivitäten des Ku Klux Klans im Internet? Ich meine nicht nur ihre Homepage, sondern das, was in den Chatrooms vorgeht und so.«
    Cavanaugh verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere. Er hatte natürlich alle Informationen über die hiesige Ortsgruppe des KKK vorliegen, aber er hatte keine Ahnung, daß sie eine Homepage unterhielt, geschweige denn Chatrooms. Diese Dinge wurden von Analytikern verfolgt und nicht von Agenten, die diese Informationen bei Bedarf in schriftlicher Form erhielten. Und 70 Prozent von Cavanaughs Bürgerrechtsangelegenheiten betrafen – so wie bei allen anderen Agenten im Land – nicht Rassendiskriminierungen, sondern angebliche Polizeiübergriffe. Obwohl es zumeist ein und dasselbe war.
    Doch als er so in dieses ernste, aufmerksame junge Gesicht sah, wollte Cavanaugh nichts davon sagen. Zum ersten Mal fiel ihm auf, daß die weißen und die schwarzen

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