Mount Dragon - Labor des Todes
deutlich ablesen, wie Carson und de Vaca ihn hinters Licht geführt hatten. Irgendwie mußten sie seine Anwesenheit bemerkt haben, woraufhin sie zu den Pferden geschlichen waren und sie weggeführt hatten. Nye konnte es kaum fassen, daß ihnen das alles gelungen war, ohne daß er auch nur das Geringste gehört hatte. Aber die Spuren ließen keinen anderen Schluß zu. Nye drehte sich um. Der Schatten mit der Stimme war immer noch hinter ihm, aber wenn er ihn direkt ansah, schien er zu verschwinden.
Mit den Zügeln in der Hand ging er an den Rand der Senke. Die beiden waren nach Osten gegangen, in Richtung Lavafeld, wo sie ganz offenbar hofften, ihm entkommen zu können. Auch wenn das Spurensuchen auf der Lava nur langsam vonstatten ging, würde Nye keine Probleme haben, ihnen zu. folgen. Mit nur acht Litern Wasser war es nur eine Frage der Zeit, bis ihre Pferde schwächer wurden. Es gab also keinen Grund zur Eile. Bis in den Rand der Jornada-Wüste waren es noch mehr als hundertfünfzig Kilometer. Nye schwang sich in den Sattel und begann mit der Verfolgung.
Die Spuren liefen leicht auseinander, und Nye fragte sich, ob das wohl ein Trick war, um ihn in die Irre zu führen. Er folgte der Spur, die sich tiefer in den Sand eingedrückt hatte, denn das mußte die von Carson sein.
Die Sonne kam hinter den Bergen hervor und warf lange Schatten über den Horizont. Als sie höher in den Himmel stieg, wurden die Schatten zunehmend kürzer, und die Luft erfüllte sich mit dem Geruch von warmem Sand und Kreosotbüschen. Es würde ein sehr heißer Tag werden, und am heißesten würde es auf dem schwarzen Lavagestein von El Malpafs sein. Wasser und Munition hatte Nye mehr als genug, und in der Stunde Vorsprung, die Carson und de Vaca hatten, konnten sie höchstenfalls sechs oder sieben Kilometer zurückgelegt haben. Die Entfernung zwischen ihnen und ihm würde beträchtlich zusammenschmelzen, wenn sie erst einmal auf der Lava waren und langsamer vorankamen. Obwohl Nye nun nicht mehr das Überraschungsmoment auf seiner Seite hatte, hatte ihr Wissen darum, daß sie verfolgt wurden, auch seine gute Seite, denn nun waren sie gezwungen, auch in der Hitze des Tages zu reiten. Einen knappen Kilometer vor dem Lavafeld liefen die beiden Spuren zusammen. Nye folgte ihnen, bis er an den Anfang des Gesteins kam. Ohne erst absteigen zu müssen, konnte er die weißen Kratzer an der schwarzen Lava erkennen, die die Hufeisen der Pferde hinterlassen hatten. Jetzt, wo die Sonne voll am Himmel stand, war es nicht schwer, diesen Spuren zu folgen. Es war früher Morgen, und die Temperatur lag bei angenehmen fünfundzwanzig Grad. In einer Stunde würden es schon fünfunddreißig Grad sein, in einer weiteren über vierzig. Hier, auf einer Höhe von über zwölfhundert Metern über dem Meeresspiegel, brannte bei klarem Himmel die Sonne gnadenlos herunter. Der einzige Schatten weit und breit war der unter dem Bauch eines Pferdes. Sollten Carson und de Vaca es wirklich schaffen, Nye zu entkommen, würde ihnen die Wüste bis zum Abend den Garaus machen.
Das Lavafeld erstreckte sich mit seinen mächtigen gewundenen Gesteinsmassen bis zum Horizont. An manchen Stellen gab es große, scharfkantige Löcher im Gestein, wo die Decken unterirdischer Lavahöhlen zusammengekracht waren. Andernorts sah man schroffe Felsrücken; hier hatte die flüssige Lava vor Urzeiten Gesteinsplatten und blocke mit enormem Druck aufeinandergetürmt. Über dem schwarzen Basalt, der wie kaum ein anderes Material die Hitze der Sonne aufsog, bildeten sich schon jetzt glänzende Hitzeschlieren.
Vorsichtig suchte sich Muerto seinen Weg durch das Lavafeld. Seine Hufeisen klangen hell auf dem Gestein. Eine Eidechse huschte erschrocken in eine Gesteinsspalte. Der Gedanke daran, wie wenig Wasser Carson und de Vaca in dieser Hitze bei sich hatten, hatte Nye durstig gemacht. Er nahm einen herzhaften Schluck aus einem seiner Wassersäcke. Das Wasser war noch schön kühl und schmeckte ein wenig nach Leinen. Der Schatten ging, wie Nye aus dem Augenwinkel beobachten konnte, noch immer neben dem Pferd her, hatte aber seit längerer Zeit schon nichts mehr gesagt. Erstaunt stellte Nye fest, daß ihm seine Anwesenheit sogar angenehm war. Nach ein paar Kilometern stieg er ab, um den Spuren besser folgen zu können. Carson und de Vaca waren weiter nach Osten geritten, wo sich ein niedriger Vulkankegel erhob. An seiner dem Westen zugewandten Seite war der Krater bis fast hinunter auf die Höhe des
Weitere Kostenlose Bücher