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Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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Gras oder Buschwerk treten, hört er es. Wenn wir bei den Pferden sind, müssen wir ihnen ohne ein Geräusch die Vorderbeine losbinden. Und steigen Sie nicht gleich auf, sondern führen Sie Ihr Pferd ganz leise fort. Am besten gehen wir nach Osten, zurück zum Lavafeld. Nur dort haben wir die Chance, daß er unsere Spur wieder verliert. Halten Sie sich immer neunzig Grad rechts vom Polarstern.«
    Carson spürte mehr, als daß er sah, wie de Vaca bei seinen Anweisungen nickte.
    »Ich mache dasselbe wie Sie, aber gehen Sie mir nicht hinterher. Dazu ist es zu dunkel. Versuchen Sie, einen geraden Kurs zu halten. Und gehen Sie gebückt, sonst sieht er möglicherweise Ihre Silhouette vor dem Sternenhimmel. Wir sehen uns erst wieder, wenn der Tag anbricht.«
    »Und wenn er doch etwas hört?«
    »Sollte er uns verfolgen, reiten Sie, so schnell Sie können, zurück zum Lavafeld. Wenn Sie dort sind, steigen Sie ab und schicken Sie Ihr Pferd weg, indem Sie ihm einen Schlag aufs Hinterteil geben. Dann verstecken Sie sich, so gut Sie können.« Er hielt inne und fügte schließlich hinzu: »Mehr fällt mir dazu nicht ein. Tut mir leid.«
    De Vaca sagte nichts. Carson spürte, daß sie zitterte. Er tastete nach ihrer Hand und drückte sie.
    Langsam schlichen sie auf das metallische Klingeln ihrer Pferde zu. Carson wußte, daß ihre Überlebenschancen, die auch vorher nicht gerade groß gewesen waren, fast bis auf den Nullpunkt abgesunken waren. Auch ohne Nye war es hier draußen in der Wüste schon schlimm genug, aber jetzt, wo der Sicherheitschef sie aufgespürt hatte, war ihre Lage geradezu verzweifelt. Noch dazu hatte sie Nye verdammt schnell gefunden - er hatte sich offenbar nicht einen Augenblick lang von ihrer Finte auf dem Lavafeld hinters Licht führen lassen. Zu allem Überfluß hatte er auch noch das bessere Pferd. Und dieses gottverdammte Gewehr.
    Carson wurde bewußt, daß er Nye sträflich unterschätzt hatte. Während er gebückt über den Sand schlich, mußte er an seinen Großonkel Charley denken, der ein halber Ute-Indianer gewesen war. Er fragte sich, wieso dieser ihm gerade jetzt in den Sinn kam.
    Die meisten Geschichten, die der alte Mann, am liebsten im Schaukelstuhl vor dem Kamin, erzählt hatte, hatten von einem seiner indianischen Vorfahren namens Gato gehandelt, der häufig Vieh und Pferde von den Navajos und der US-Kavallerie gestohlen hatte. Von diesen Diebeszügen hatte Charley ganz besonders gern erzählt. Außerdem hatte er Gatos Fähigkeiten als Fährtensucher und sein Geschick als Reiter gerühmt. Und er hatte Carson die diversen Tricks erzählt, mit denen Gato seine Verfolger - ziemlich häufig Gesetzeshüter - genarrt und abgeschüttelt hatte.
    Als Carson Roscoe in der Dunkelheit gefunden hatte, band er ihm vorsichtig den Strick um die Vorderbeine los. Dabei flüsterte er dem Pferd beruhigende Worte zu, damit es nicht vor Wiedersehensfreude loswieherte. Roscoe hörte auf zu grasen und stellte die Ohren auf. Carson streichelte zärtlich seinen Hals und nahm ihm so leise wie möglich die Packriemen mit den klingelnden Schnallen ab. Dann befestigte er mit äußerster Vorsicht die Zügelschnur am Halfter und band sie um das Sattelhorn. Schließlich blieb er stehen und lauschte. Die Nacht ringsum war völlig still.
    Carson nahm Roscoe am Halfter und führte ihn in Richtung Osten.

    Weil eines seiner Beine eingeschlafen war, setzte sich Nye vorsichtig anders hin, wobei er das Gewehr mit beiden Armen festhielt. Im Osten, über der Sierra Oscura, erschien schon der erste, noch ganz schwache Lichtschimmer des Sonnenaufgangs. Nun würde es noch zehn Minuten dauern, vielleicht sogar weniger, bis er genügend Licht hatte. Nye blickte sich in der Dunkelheit um und stellte mit Genugtuung fest, wie gut er sich versteckt hatte. Dann schaute er nach hinten und sah die Silhouette seines Pferdes, das aufmerksam dastand und seinen nächsten Befehl erwartete. Nye grinste zufrieden vor sich hin. Nur Engländer wie er wußten eben, wie man ein Pferd erziehen mußte. Der ganze amerikanische Cowboymythos war Schwachsinn. Hier wußte man so gut wie gar nichts über Pferde. Nye wandte seine Aufmerksamkeit wieder der breiten, flachen Senke zu, die vor ihm lag. In ein paar Minuten würde es hell genug sein für das, was er vorhatte.
    Ganz vorsichtig schob er den Sicherungshebel seines Holland & Holland nach hinten. Ein unbewegtes Ziel war auf eine Entfernung von dreihundert Metern herrlich einfach zu treffen. Nye lächelte

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