Mozart - Sein Leben und Schaffen
doch müßte ich zuerst meines Fürsten Gutachten darüber vernehmen – und ich hatte gar keinen Zweifel, weil es eine geistliche Art und unentgeltlich, nur um ein gutes Werk zu tun ist; er erlaubt es mir nicht. Die ganze Noblesse hier hat ihm dieses übelgenommen.«
In diesem Fall mußte allerdings der Erzbischof doch nachgeben, da ihn der ganze Adel um die Mitwirkung seines Hofmusikers bestürmte. Wolfgang hatte in diesem Konzert so außerordentlichen Beifall gehabt, daß er mit einer eigenen Akademie auf großen Geldgewinn rechnen durfte, »allein unser Erzbischof erlaubt es nicht, will nicht, daß seine Leute Profit haben sollen, sondern Schaden« (4. April). Hinzu kam jetzt, daß stets die plötzliche Abreise von Wien drohte,da der Erzbischof hatte verlauten lassen, seine Leute müßten nach Salzburg zurück. Wolfgang geriet bei dem Gedanken, daß alle die schönen Aussichten, die sich ihm darboten, ungenützt vorübergehen sollten, in begreifliche Erregung. Erst recht, da er sehr viel für den Erzbischof zu tun hatte und von ihm doch keinerlei Anerkennung erfuhr. Schon drängte sich ihm immer der Gedanke auf, seinen Dienst preiszugeben, und nur die Rücksicht auf den Vater hielt ihn. Aber wenige Tage später, schon am 11. April, tritt er mit diesem Plan offen vor den Vater hin. »Künftigen Sonntag acht Tage, das ist den 22., sollen Ceccarelli und ich nach Hause reisen. Wenn ich daran denke, daß ich von Wien wegreisen soll, ohne wenigstens 1000 fl. wegzutragen, so tut mir doch das Herz weh! Ich soll also wegen einem schlechtdenkenden Fürsten, der mich mit lausigen vierhundert Gulden alle Tage kujoniert, tausend Gulden mit Füßen wegstoßen? – denn das mache ich gewiß, wenn ich ein Konzert gebe. Als wir hier im Hause das erste Konzert hatten, schickte uns Dreien der Erzbischof jedem vier Dukaten. Bei dem letzten, wo ich dem Brunetti ein neues Rondo, mir eine neue Sonate und dem Ceccarelli auch ein neues Rondo gemacht habe, bekomme ich nichts. Was mich aber halb desparat macht, ist, daß ich an dem nämlichen Abend, als wir die Sch... musik da hatten, zur Gräfin Thun invitiert war und also nicht hinkommen konnte; und wer war dort? – Der Kaiser. – Adamberger und die Weigl waren dort, und hat jedes 50 Dukaten bekommen! – Und welche Gelegenheit! – Ich kann ja doch dem Kaiser nicht sagen lassen, wenn er mich hören will, so soll er bald machen, denn in so viel Tagen reise ich ab. So was muß man ja doch immer erwarten. Und hier bleiben kann und mag ich nicht, außer ich gebe ein Konzert. Denn ich stehe freilich, wenn ich nur zwei Skolaren hier habe, besser als bei uns; aber – wenn man 1000 oder 1200 fl. im Sack hat, kann man sich ein wenig mehr bitten lassen, mithin auch besser bezahlen lassen. Und das erlaubt er nicht, der Menschenfeind! – Ich muß ihn so nennen, denn er ist es und die ganze Noblesse nennt ihn so. Genug davon. O, ich hoffe nächsten Posttag zu lesen, ob ich noch ferner in Salzburg meine jungen Jahreund mein Talent vergraben soll, oder ob ich mein Glück, wenn ich es machen kann, machen darf, oder warten soll, bis es zu spät ist.«
Der Vater ermahnte seinen Sohn in langen Briefen, auszuharren. Sein Mißtrauen in die Finanzpläne Wolfgangs war ja durch Erfahrungen gerechtfertigt, und so beschwor er ihn, doch ja auszuhalten und das sichere Brot nicht preiszugeben. Wolfgang wurde immer wieder gerührt und versprach es: »Sie erwarten mich mit Freude, mein liebster Vater! – Das ist auch das einzige, was mich zum Entschluß bringen kann, Wien auch zu verlassen. Ich schreibe das alles nun in der natürlichen deutschen Sprache [Gewöhnlich bedienten sich Mozarts in ihren Briefen einer Geheimschrift. D. V.], weil es die ganze Welt wissen darf und soll, daß es der Erzbischof von Salzburg nur Ihnen, mein bester Vater, zu danken hat, daß er mich nicht gestern auf immer (versteht sich für seine Person) verloren hat. Gestern war große Akademie bei uns, vermutlich die letzte. Die Akademie ist recht gut ausgefallen, und trotz all den Hindernissen Seiner Erzbischöflichen Gnaden habe ich doch ein besseres Orchester gehabt als Brunetti; das wird Ihnen Ceccarelli sagen; denn wegen diesem Arrangement habe ich so vielen Verdruß gehabt, – o, das läßt sich besser reden als schreiben. Doch wenn, wie ich aber nicht hoffen will, wieder so etwas vorgehen sollte, so kann ich Sie versichern, daß ich die Geduld nicht mehr haben werde, und Sie werden mir es gewiß verzeihen. Und das bitte ich
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