Mozart - Sein Leben und Schaffen
damit ein derartiges Verhältnis für die Künstler nicht gerade kränkend wurde. So war die Stellung eines Haydn beim Fürsten Esterhazy, trotzdem sein Kontrakt durchaus ein mehr dienerhaftes Verhältnis bedeutete, durch die Freundschaft mit seinem Brotherrn geadelt. Und auch diese Zeit sah mehrfach ein menschlich schönes Zusammengehen von Fürst und Künstler. Aber das hing eben von der schönen Menschlichkeit dieser Fürsten ab. Es war inzwischen eine Zeit angebrochen, in der das Bürgertum Rechte verlangte und keine Wohltaten. Dazu hat für den Musikerstand im allgemeinen die hohe Entwicklung der Orchestermusik am meisten beigetragen. Künstler, die imstande waren, den gesteigerten Anforderungen der weit entwickelten sinfonischen Musik Genüge zu leisten, konnten sich nicht mehr als Domestiken behandeln lassen. Dieses erhöhte Künstlerbewußtsein mußte auch das Standesgefühlheben. So hatte Mozart in Mannheim einen ganz anderen Künstlerstand getroffen, als er ihn in Salzburg kennen gelernt hatte. Die ganze Musikentwicklung brachte es ferner mit sich, daß die einseitige Vorherrschaft des Gesangvirtuosen gebrochen wurde. Erst war nur der Instrumentalvirtuose hervorgetreten, nun mit der steigenden Entwicklung des Orchesterspiels tat es immer mehr der Kapellmeister und vor allem auch der Komponist. Leider fand die soziale Höherentwicklung des letzteren, die in weitesten Volkskreisen als natürlich angenommen wurde, nicht die nötige ökonomische Unterstützung durch eine vernünftige Gesetzgebung, die das geistige Eigentum an Kunstwerken dem Urheber geschützt hätte. So stand sich in finanzieller Hinsicht im ganzen Musikerstand eigentlich niemand schlechter als der Komponist, der gegen widerrechtlichen Nachdruck seiner Werke keinen ausreichenden Schutz genoß und sogar als erfolgreicher Theaterkomponist einen kaum nennenswerten Anteil an den großen Einnahmen seiner Werke hatte. Unterrichtgeben war so neben einer festen Anstellung die einzige Erwerbsmöglichkeit. Die Veröffentlichung von Kompositionen versprach nur pekuniären Erfolg, wenn es gelang, vor der Drucklegung des Werkes auf dem Subskriptionswege eine größere Zahl von Abnehmern zu gewinnen. Es ist erklärlich, daß die Begleitumstände bei diesen Subskriptionen sehr leicht auch wieder eine Begönnerung durch vornehme Adelspersonen mit sich brachte und so für den Komponisten leicht den Beigeschmack der Demütigung haben konnte.
Das alles müssen wir uns gegenwärtig halten, wenn wir die Lebensumstände Mozarts richtig würdigen wollen. Gerade sein Leben fiel in die Übergangszeit, und wenn das auch niemals klar gesagt erscheint, fühlen wir doch überall, wie hier aus den Auffassungen von Vater und Sohn zwei verschiedene Zeiten sprechen. Gewiß war der Vater eine viel männlichere Natur als der Sohn, viel kräftiger gestählt im Lebenskampf; aber andererseits trug er die Überhebung der adligen Brotherren als ein selbstverständliches Los und sah den einzigen Vorteil darin, durch Klugheit die Erträglichkeit des Daseins zu erreichen. Er hatte in seinem Sohn dieselben Anschauungen großzuziehengesucht, war darin aber an der ganz anders gearteten, an der völlig »unpraktischen« Natur Wolfgangs gescheitert. Doch finden wir in hundert Äußerungen Wolfgangs das Echo dieser väterlichen Ermahnungen. Hinzu kam, daß bei Wolfgang das allgemein strenge Verhältnis der Unterwürfigkeit des Sohnes unter die väterliche Autorität durch die große Liebe und Bewunderung, die er für seinen Vater hegte, zu einer zwar weniger fühlbaren, aber im Grunde nur um so festeren Fessel gegen selbständige Entwicklung geworden war.
Am so erfreulicher ist es für uns nun, zu erleben, daß die innere Überzeugung von Menschenwert und Menschenrecht es ist, die Wolfgang zum selbständigen Manne heranreifen läßt, die ihm sogar das Rückgrat stärkt gegen den eigenen Vater. Und wenn dieser mit seinen düsteren Vorahnungen für Wolfgangs äußeres Ergehen im Leben noch so sehr recht behalten sollte, es war doch die wahre Befreiung, die sich Wolfgang jetzt erkämpfte. Und wenn sich das äußere Leben ihm zerschlug, vielleicht nicht ganz ohne eigene Schuld, so baute sich ihm dafür das innere um so schöner und harmonischer auf. Das aber war ganz allein sein Verdienst.
Mozarts Briefe aus dieser Zeit lassen uns deutlich den Kampf der Sohnesliebe mit dem erwachenden Mannesbewußtsein erkennen. Daneben zeigen sie auch, wenn auch minder deutlich, den Widerstreit zwischen der
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