Mozart - Sein Leben und Schaffen
ja die ihm Nahestehenden alle. Daß sie zu Lebzeiten ihrem Mann jemals schwere Stunden darüber gemacht hat, daß es ihm nicht gelang, ein auskömmliches Dasein zu schaffen, glaube ich nicht. Nach seinem Tode, als sein Ruf so ungeheuer anwuchs, als sie selber an der Seite des überpeinlichen und geschäftskundigen Staatsrats von Rissen die Behaglichkeit des Wohlstandes kennen lernte, da mag sie, wie Jahn hervorhebt, in »einen Widerstreit der Vorstellungen« geraten sein, so daß sie sich jetzt nicht erklären konnte, wieso es ihrem ersten Gatten bei seiner einzigartigen Künstlerschaft nicht gelungen war, das äußere Leben zu gestalten. Aber diese verspätete Bitterkeit, wenn sie wirklich vorhanden war, hat ja Wolfgang nicht mehr wehe getan. Gerade wie sich ihm das Leben gestaltet hat, war für ihn eine Frau die beste, die selber unter der »Künstlerwirtschaft« nicht litt, sondern sie von Kind an gewohnt war. Sie wird die Nöte des Augenblickes kaum so peinlich empfunden haben wie er, der doch von Hause her an gute Ordnung gewöhnt war, danach aber doppelt freudig mit ihm zu Lustigkeit und Lebensgenuß aufgelegt gewesen sein, wenn die besseren Tage kamen, an denen es doch vor allem in den ersten Jahren der Ehe nicht gefehlt hat. Gewiß wäre es um seinen Hausstand besser bestellt gewesen, ja es wäre nie zu wirklicher Not gekommen, wenn sie eine gute Haushälterin gewesen wäre. Ob aber Mozart sich dann mit ihr so glücklich gefühlt hätte, scheint mir recht zweifelhaft. Es ist vielfach bezeugt, daß sie ihren Mann wirklich betreute, daß sie Verständnis dafür hatte, wie er dem Leben gegenüber häufig unbeholfen war.Wenn er z. B. über den Tönen, die in seinem Innern klangen, die Welt vergaß, so besorgte sie ihn wie ein Kind, schnitt ihm das Fleisch, erzählte ihm heitere Geschichten, las ihm Märchen vor. Sie war auch musikalisch genug, um mit ihm gehen zu können. Sie hatte das ursprüngliche Musiktalent aller Weberschen Kinder, den Instinkt für Musik. So hatte sie die in jener Zeit gewiß recht seltene Vorliebe für Fugen und Werke des strengen Satzes, so daß die erste Fuge mit Präludium, die Wolfgang am 20. April 1782 seiner Schwester zuschickte, auf ihre Veranlassung hin geschrieben worden ist. Sie sang so gut, daß sie imstande war, die Sopransoli seiner Messe in C-moll zu übernehmen, die doch eine ganz bedeutende Sängerin erfordern, und, was für ihn wohl wertvoller war, sie sang gut vom Blatt. Gewiß hat sie ihm viel Sorge bereitet durch ihr häufiges Kranksein, und der mehrfache Kuraufenthalt in Baden erheischte schwere Opfer. Aber seiner Liebe hat das keinen Eintrag getan. Alle Zeugnisse stimmen darin überein, daß er mit höchster Schonung und zärtlichster Hingabe seine Frau in den Krankheiten, die mit den zahlreichen Wochenbetten zusammenhingen, pflegte. So besteht trotz allem jenes Wort zu Recht, das er an den Vater schrieb: sie waren wohl wirklich füreinander geschaffen, und der geniale Naturinstinkt Mozarts hatte auch in diesem Falle das Richtige getroffen.
Es darf nicht verschwiegen werden, daß trotz dieser nicht anzuzweifelnden Liebe Mozart seiner Frau nicht immer die Treue gewahrt zu haben scheint; jedenfalls erzählte sie selber später, daß er ihr seine »Stubenmädeleien« selbst bekannt, und daß sie sie ihm verziehen habe. »Er war so lieb, daß es nicht möglich war, ihm böse zu sein, man mußte ihm wieder gut werden.« Ihre Schwester berichtet, daß es darüber doch zu manchen heftigen Auftritten gekommen sei, und ein Brief Wolfgangs an seine Frau vom Juli 1789 enthält die Stelle: »Sei lustig und vergnügt und gefällig mit mir – quäle Dich und mich nicht mit unnötiger Eifersucht – habe Vertrauen in meine Liebe, Du hast ja doch Beweise davon! – und Du wirst sehen, wie vergnügt wir sein werden, glaube sicher, nur das kluge Betragen einer Frau kann dem Mann Fesseln anlegen.« Dasletztere geht darauf, daß Konstanze im Verkehr mit Männern leicht etwas zu nachgebend war, wohl in der Art, die aus jenem Briefe hervorgeht, in dem er ihr als Bräutigam ein etwas zu freies Benehmen verweisen mußte (s. S. 341). Man braucht das nicht zu entschuldigen, kann aber doch manches aus der ganzen leichten Lebensauffassung der Zeit begreiflich finden. Daß alle diese Entgleisungen das innige Verhältnis der Ehegatten auf die Dauer nicht zu stören vermochten, ist bereits betont. Hier wurde dieser Sache nur Erwähnung getan, um aufs schroffste Widerspruch gegen jene noch heute
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