Mozart - Sein Leben und Schaffen
Ihm lag mit Recht außerordentlich viel an völlig unbeschwertem Verkehr in diesen Kreisen. Das war nur möglich, wenn er sich ihnen gegenüber auch pekuniär unabhängig fühlen konnte. Er war darin eine sehr empfindliche Natur, die nicht gern Werte empfing ohne Gegenleistung. Es ist bekannt, wie bitter er über das Gehalt, das ihm der Kaiser bewilligt hatte, gelegentlich sich aussprach: »Zu viel für das, was ich tue, zu wenig für das, was ich leisten könnte.« So hat er lieber versucht, sich durch Leihen einer größeren Summe über die bösen Jahre hinwegzuhelfen und sich dabei auf das spätere sichere Einkommen verlassen. Um diese Art der Regelung von Geschäftsleuten zu erhalten, war er aber geschäftlich zu unerfahren. Er nahm dann die Hilfe am ehesten von einem Logenbruder an; aber auch da bezeichnenderweise von einem Kaufmanne, Puchberg, weil er diesem gegenüber wenigstens den Schein des Geldgeschäftes wahren konnte. Im übrigen hat sicher auch gerade Mozarts Lustigkeit die vornehmen Bekannten über seine Notlage leicht hinweggetäuscht, so daß man die Gerüchte darüber leicht als übertrieben ansehen mochte. Sonst hätte wohl sicher auch seine Schwester, die seit 1784 als Frau von Sonnenberg in guten Verhältnissen lebte, einmal etwas von der Notlage ihres Bruders gehört, was nach ihrer Beteuerung aber erst nach dem Tode desselben geschah.
Bei Mozarts ganzer Art, bei der Art auch seiner Frau und unter den nun einmal vorhandenen äußeren Verhältnissen, wonachbeide ohne jedes Vermögen die Ehe eingingen, wäre ein geordneter Haushalt nur bei einem beträchtlichen, sicheren Einkommen möglich gewesen. Dieses regelmäßige Einkommen vermochten auch an sich größere, aber immer ungewisse Einnahmen nicht aufzuwiegen. Wir sehen ja dasselbe bei den Künstlern unserer Tage. Es gehört gerade für den Künstler, der naturnotwendig zu einer leichten, genußfrohen – im schönsten Sinne des Wortes – Lebensführung neigt, ein bei der Künstlernatur doppelt seltenes Verwaltungsvermögen dazu, um auf der Grundlage ungewisser und unregelmäßiger Einnahmen einen geordneten Haushalt aufzubauen. Nach dem starken Erfolg der »Entführung« rechnete Mozart unbedingt mit der festen Stellung und damit einem sicheren Gehalt . Es ist ja natürlich, daß alle seine Bewunderer ihn in dieser Auffassung bestärkten, wodurch dann sein leicht entflammtes Temperament bereits in greifbarer Nähe erblickte, was sich doch nicht so ohne weiteres verwirklichen ließ. Denn für den kühler Zusehenden war Mozart ein junger Anfänger, der recht schöne äußere Erfolge hatte, den man für den nächsten freiwerdenden Posten im Auge behielt, um dessentwillen man aber noch keine neue Stellung zu schaffen brauchte. Aus den vorhandenen konnte man aber doch ihre Inhaber nicht hinausdrängen. Wolfgang seinerseits wurde durch das Mißlingen seiner Pläne dann allzu leicht erregt. Darin kannte ihn der Vater sehr gut, der am 23. August 1782 an die Frau von Waldstätten schrieb: »Ich würde ganz beruhigt sein (über die Heirat), wenn ich nur nicht bei meinem Sohn einen Hauptfehler entdeckte, und dieser ist, daß er gar zu geduldig oder schläfrig, zu bequem, vielleicht manchmal zu stolz und wie Sie dieses alles zusammen taufen wollen, womit der Mensch ohntätig wird: oder er ist zu ungeduldig, zu hitzig und kann nichts abwarten. Es sind zween einander entgegenstehende Sätze, die in ihm herrschen – zu viel oder zu wenig und keine Mittelstraße. Wenn er keinen Mangel hat, dann ist er allsogleich zufrieden und wird bequem und ohntätig. Muß er sich in Aktivität setzen, dann fühlt er sich und will allsogleich sein Glück machen. Nichts soll ihm im Weg stehen, und leider werden eben nur den geschicktesten Leuten, den besondern Genies die meistenHindernisse in den Weg gelegt. Wer steht ihm in Wien im Wege, seine angetretene Laufbahn fortzugehen, wenn er ein wenig Geduld hat? – Kapellmeister Bono ist ein uralter Mann – Salieri rückt nach dessen Tod vor und macht einem anderen Platz, und ist nicht Gluck auch ein alter Mann!?« – Die »alten« Männer haben aber alle fast ebenso lange oder länger gelebt als Mozart. Dieser hat im Unmut wiederholt den Gedanken gefaßt, Wien zu verlassen. Bald nach seiner Verheiratung wollte er nach Paris. 1786 faßte er dann fest den Plan, nach England zu gehen. Die Absicht ist wohl nur am Vater gescheitert, der sich besonders in diesem Fall recht unfreundlich seinem Sohn gegenüber gezeigt hat, der ihn
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