Mozart - Sein Leben und Schaffen
vielfach umlaufenden Gerüchte zu erheben, die aus Mozart so etwas wie ein Abbild des Don Juan machen. Es ist eine lange Reihe von Liebesverhältnissen, die ihm angedichtet worden ist; danach hätte er überhaupt kaum mit einer Frau näher zu tun gehabt, ohne auch ein Liebesverhältnis mit ihr anzustreben. Wir haben im Gegensatz dazu in den Briefen Mozarts unwiderlegliche Zeugnisse für seine ernste Lebensauffassung, für seine reine sittliche Anschauung. Es geschah eben auch ihm, wie seiner Frau, daß er sich gegen die Schicklichkeit verging, nicht aber gegen die Sittlichkeit. Seine ungeheure Arbeitsleistung in diesem kurzen Leben bezeugt des weiteren, daß er sich nicht allzuviel hat gehen lassen können. Neid und Klatschsucht haben sich schon zu seinen Lebzeiten an sein Privatleben geheftet, und er hat nur zu sehr immer an jenem Grundsatze festgehalten, zu dem er sich seinem Vater gegenüber bekannte, daß er gegen Verleumdungen, von denen er sich nicht getroffen fühlte, sich grundsätzlich nicht verteidigte. Dadurch konnten diese dann um so fester Fuß fassen, zumal Wolfgang gerade in seiner letzten Lebenszeit, der »Zauberflöte« wegen, viel mit Schikaneder verkehrte, der als Schwelger und Wüstling bekannt war. Viele Verleumdungen richten sich auch gegen die sonstige
Lebensführung Mozarts
Wollte man den Gerüchten glauben, so wäre er ein arger Trinker gewesen. Ein Blick schon auf seine sauber geschriebenen Partituren genügt, um jeden Vorwurf der Unmäßigkeit zurückzuweisen.Aber freilich war er Freund eines heiteren Zechens, bei dem er selber sicher leicht in jene ausgelassene Fröhlichkeit geriet, die manchen nur aus einer Unmäßigkeit des Trunkes erklärlich ist, während es bei dem leicht erregten Mozart bloß einer sorglosen Stunde bedurfte. Auffälliger ist es, daß er bei der Arbeit gern trank. Dafür sind die Erfahrungen bei den einzelnen ja sehr verschieden. Mozart konnte seiner ganzen Art nach eine Stunde der Unproduktivität nicht vertragen und hat sicher – das bezeugt die Masse seiner Werke – seinem Körper viel mehr abverlangt, als dieser hergeben konnte. Da mochte ihm dann die Anregung durch einen Punsch, eine Flasche Wein oder gar schäumenden Champagner sehr willkommen sein. Sein Geist war eben niemals müde, den Körper zwang er auf diese Weise zu neuer Tätigkeit. Es mag sein, daß ihm gerade dieser Genuß alkoholischer Getränke auch geschadet hat; aber es ist auch nicht ein sicheres Zeugnis vorhanden, das jenen recht gibt, die ihn zu einem übermäßigen Trinker stempeln wollten. Überhaupt ist der Vorwurf der Schwelgerei und Schlemmerei in jedem Betracht unberechtigt. Wenn man mit der scharfen Brille des Bücherrevisors den Einnahmen und Ausgaben Mozarts nachgeht, so mag Pedanterie von gelegentlicher Verschwendung reden. Mozart hätte die Künstlernatur nicht sein müssen, als die wir ihn lieben, wenn ihm das Geld mehr gewesen wäre als ein Mittel, das körperliche Leben zu erhöhen. Und wenn dann ein dreißigjähriger Mensch, der doch alle Anwartschaft auf steigenden Erfolg hat, einmal mit leichterer Hand das Geld hinausgibt als eine scharf gezügelte Beamtennatur, so darf man da doch nicht von Verschwenden sprechen. Und muß man zugeben, daß bei ruhiger Überlegung viele dieser Ausgaben aus Rücksicht auf die Familie und Kinder hätten unterbleiben sollen, so muß man sich immer gegenwärtig halten, daß Mozart eben dieses Haushalttalent abging, daß die ganze Art seiner Kunstübung, wie wir ja nun aus vielen Stellen bereits erfahren haben, eine Fröhlichkeit, eine Sorglosigkeit der Lebensführung bedingte. Er wollte sich freuen und konnte auch nicht andere leiden sehen. Er hat immer eine offene, viel zu offene Hand gehabt. Er, dem gegenüber man meistens recht kleinlich war,hat immer großherzig unterstützt. Gewiß, er hat verschwendet, aber unendlich mehr verschwendet an Güte zu den Menschen; verschwendet auch seine Kunst, offenbar weil er wußte, daß der Quell derselben unerschöpflich floß. Da mochte er nie rechnen; aber alle die Kaufmannsseelen, die ihm nachher die üble Lebensführung nachrechneten, haben sich nicht gescheut, ihn zu übervorteilen, wo sie nur irgend konnten. Theaterdirektoren, Verleger, Kopisten, zahlreiche Privatleute haben ihn um den Erwerb verkümmert, den ihm seine Kompositionen hätten bringen können. Er hat keinen derselben belangt, nicht einmal die geringen Rechtsmittel angewendet, die auch das damalige Gesetz bereits geboten hätte. Ein
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