Mozart - Sein Leben und Schaffen
älteste Schwester Josepha war eine treffliche Künstlerin, später die erste Königin der Nacht, und auch mit ihrem Manne Hofer, dem Geiger, hat sich ein echt freundschaftliches Verhältnis entwickelt.
Dieselbe stete Hilfsbereitschaft, die Mozart diesen Familienmitgliedern gegenüber bewahrte, erwies er auch anderen Künstlern, die ihn darum angingen. Nach Jahn gibt es wenigstens dreißig einzelne Arien, die Mozart für solche Anlässe komponiert hat. Dazu kamen viele Sonaten und auch ganze Konzerte. Er konnte einer Bitte um Hilfe wohl überhaupt nicht widersagen. Freilich mußten die Bittsteller sich dann gelegentlich auch gefallen lassen, daß er an ihnen seine Launen ausließ, wie etwa der aus Salzburg stammende Leutgeb, der ein ausgezeichneter Waldhornbläser, aber sonst nicht gerade ein Kirchenlicht gewesen zu sein scheint. Die Art des Schabernacks, den ihm Mozart gern spielte, zeigt, wie er in dieser Hinsicht zeitlebens ein rechter Kindskopf geblieben ist. Künstlerische Fähigkeiten haben ihn aber auch leicht über den Minderwert von Menschen hinweggetäuscht. So bei dem vollkommen verbummelten Klarinettisten Stadler, den er trotz wiederholten bösesten Vertrauensbruches nicht fallen ließ. Auch sonst hat er reichlich Undank erfahren.Vor allem von den Welschen, gegen die sich ja sicher bei ihm selber eine wachsende Bitterkeit festsetzte, denen er aber doch als Künstler in vornehmster Weise gegenübertrat. Dabei hätte er wohl Grund gehabt, diesen italienischen Komponisten wie Paesiello und Sarti gegenüber, die man in Wien an denselben Stellen mit Ehren und Geld überhäufte, die gegen ihn immer so knauserig waren, Zorn und Neid zu empfinden. Freilich hielt er mit seiner künstlerischen Meinung nie zurück. Franz Niemetschek sagt in seiner bereits 1798 erschienenen Biographie: »Verstellung und Schmeichelei waren seinem arglosen Herzen gleich fremd, jeder Zwang, den er seinem Geiste antun mußte, unausstehlich. Freimütig und offen in seinen Äußerungen und Antworten, beleidigte er nicht selten die Empfindlichkeit der Eigenliebe und zog sich dadurch manchen Feind zu.« Das um so eher, als er mit seinen Urteilen nicht zurückhielt und die in sehr witziger, oft das Gehaben der betreffenden Personen köstlich karikierender Art vorbringen konnte. Die italienischen Sänger mochten seine Sachen nicht, da sie ihnen zu schwer waren, und Mozart nicht darauf einging, ihnen mit den kleinen Mätzchen, durch die sie das Publikum fingen, aufzuwarten. Er seinerseits behauptete von ihnen, daß sie keine rechte Methode hätten, »sie jagen oder trillern und verschnörkeln, weil sie nicht studieren und keinen Ton halten können«. Überhaupt waren seine Sachen dem Zeitgeschmack ungünstig, wie aus einer Briefstelle an den Vater hervorgeht, wo er sich an die Vertonung eines Bardengesanges von Denis machte, der den Sieg der Engländer bei Gibraltar verherrlichte. »Die Ode ist erhaben, schön, alles, was Sie wollen, allein zu übertrieben schwülstig für meine feinen Ohren. Aber was wollen Sie! – Das Mittelding, das Wahre in allen Sachen kennt und schätzt man jetzt nimmer; um Beifall zu erhalten, muß man Sachen schreiben, die so verständlich sind, daß es ein Fiaker nachsingen könnte, oder so unverständlich, daß es ihnen, eben weil es kein vernünftiger Mensch verstehen kann, gerade eben deswegen gefällt.«
So scharf aber Mozart zu kritisieren pflegte, wirklicher Begabung gegenüber hielt er mit seiner Anerkennung nie zurück. Denbekannten Klavierspieler Leopold Kozeluch, der über alle Maßen eingebildet war, hat er sich durch seine Parteinahme für Haydn zum erbitterten Feinde gemacht. Haydn war damals ja noch nicht der allgemein anerkannte Komponist. Kaiser Joseph wollte von ihm nichts wissen, und auch sonst scheint den Leuten, die mit ihrem Geschmack prahlten, der Humor Haydns nicht aufgegangen zu sein; das waren für sie gewöhnliche Späße. Wie Mozart Haydn verehrte, das bekundet am schönsten die Widmung, mit der er ihm seine Quartette zu Füßen legte. »Meinem teuren Freunde Haydn. Wenn ein Vater beschlossen hat, seine Söhne in die weite Welt zu schicken, so sollte er sie, meine ich, dem Schutz und der Führung eines hochberühmten Mannes anvertrauen, der durch ein gütiges Geschick unter seinen Freunden der beste ist. So, Mann des Ruhmes und teuerster Freund, bringe ich hier meine sechs Söhne. Sie sind, das ist wahr, die Frucht einer langen und mühevollen Arbeit; allein die Hoffnung, welche mir
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