Mozart - Sein Leben und Schaffen
bezahlt. Daß seine noble Gutmütigkeit gelegentlich auch von sehr hochgestellten Leuten mißbraucht wurde, geht aus jenem Erlebnis mit einem polnischen Grafen hervor, von dem die Witwe berichtet. Dieser hatte Mozarts im März 1784 komponiertes Klavierquintett mit Blasinstrumenten gehört und war darüber so entzückt, daß er Mozart ersuchte, ihm gelegentlich ein Trio mit obligater Flöte zu schreiben. Kurz darauf schickte ihm der Graf hundert halbe Souverändor mit einem sehr verbindlichen Schreiben, so daß Mozart das Geld als Geschenk betrachten konnte. Als Gegengabe überwies er dem Grafen die Originalpartitur des Quintetts und rühmte noch überall den Edelmut dieses Gönners. Ein Jahr später kam dieser zu Mozart und erkundigte sich nach dem Trio. Mozart entschuldigte sich, daß er sich noch nicht aufgelegt gefühlt habe, etwas des Grafen Würdiges zu komponieren. »So werden Sie sich wohl auch nicht aufgelegt fühlen,« erwiderte der Graf, »mir die hundert halben Souverändor wiederzugeben, die ich Ihnen dafür vorausbezahlt habe.« Trotzdem ihm hier offenbares Unrecht geschah, zahlte Mozart das Geld, so schwer es ihm fiel, zurück. Der Graf aber behielt die Partitur des Quintetts, das bald darauf ohne Mozarts Zutun als Quartett für Klavier mit Streichinstrumenten in Wien gestochen wurde. Auch für dieses Benehmen hatte er nur das eine Wort: »Der Lump!«
Von Verlegerhonoraren wissen wir nur den einen Fall, daß für die Joseph Haydn gewidmeten Quartette von Artaria hundert Dukaten bezahlt worden sind; für damalige Verhältnisse ein ansehnliches Honorar. Im allgemeinen bedeuteten Mozarts Werke damals kein Verlagsgeschäft, wie aus der Tatsache hervorgeht, daß auch sein Logenbruder Hofmeister eine kontraktlich vereinbarte Folge von Klavierquartetten nach dem Erscheinen der zwei ersten eingestellt und lieber das vorausbezahlte Honorar im Stich gelassen hat, weil das Publikum die Werke zu schwer fand und nicht kaufen wollte. So erschien zu Lebzeiten Mozarts das meiste auf seine eigenen Kosten gegen Subskription, wobei dann natürlich von einem eigentlichen Überschuß nur selten die Rede sein mochte. Später haben gerade Mozarts Werke zur Hebung des deutschen Musikalienhandels viel beigetragen, und bereits Beethoven sah sich ganz anderen Verhältnissen gegenüber. Auch die Opernkompositionen brachten im Verhältnis zu heute verschwindend wenig ein. Ein festes Honorar von hundert bis zweihundert Dukaten und allenfalls eine Benefizvorstellung war das höchste. Die Weiterverbreitung der Opern auf andere Bühnen pflegte dem Komponisten in der Regel nichts einzubringen. Natürlich wußten auch hier geschäftskundige Leute wenigstens aus dem Verkauf der Partitur etwas herauszuschlagen. Aber ein Geschäftsmann ist Mozart eben nicht gewesen.
Sein Vater, der doch gewiß für Einnahmen und Lebensweise ein scharfes Auge hatte, schrieb von seinem Aufenthalt in Wien aus an die Tochter am 19. März 1785: »Ich glaube, daß mein Sohn, wenn er keine Schulden zu bezahlen hat, jetzt zweitausend Florin in die Bank legen kann; das Geld ist sicher da, und die Hauswirtschaft ist, was Essen und Trinken betrifft, im höchsten Grad ökonomisch.« Dem Vater wäre es ja gewiß auch gelungen, in den ersten fetten Jahren so viel beiseitezubringen, daß er über die mageren hinweggekommen wäre, so daß nachher das gewiß nicht übermäßige feste Gehalt von achthundert Gulden, das Mozart seit 1788 vom Kaiser bezog, ausgereicht hätte, einen geordneten Haushalt durchzuführen. Wir wissen, wie sehr der Vater sich in seiner guten Meinung täuschte.Wolfgangs Hausstand ist aus einer stets schwankenden Künstlerwirtschaft nie hinausgekommen und später immer elender geworden. Nach seinem Tode haben die Nekrologe ihm darüber schwere Vorwürfe gemacht und die von den Schwatzmäulern herumgetragenen Gerüchte über seine Verschwenderei festgelegt. Sie sind zum mindesten so weit übertrieben gewesen, wie die Nachricht von seinen Schulden, die man auf 30 000 Florin angab, während die Witwe den Kaiser Leopold dahin aufklärte, daß sie mit 3000 Florin alles sehr gut berichtigen könnte. Und damit sei dieser wenig erquickliche Gegenstand verlassen. Gewiß ist das Gefühl peinlich, daß ein so einzigartiger Künstler nicht den Lohn von der Welt erhielt, den diese tausend Kleineren willig gab. Aber die Schuld daran wollen wir weniger bei Personen, sondern in den Verhältnissen suchen: den allgemeinen sozialen und den besonderen Lebensumständen
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