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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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seinen Landsleuten zuführte.« Aber gerade diese Universalität hebt die italienischen Meisterwerke Mozarts ganz aus dem Bereich der italienischen Oper hinaus. Die eigentliche italienische Oper ist immer italienisch, ist außerhalb Italiens überall fremd, ist in dieser Fremde Sinnesgenuß, aber nirgendwo Herzenssache. Mozarts Opern sind in italienischer Sprache geschrieben, aber ihr Wesen ist nicht italienisch. Zugegeben, daß der Zuschnitt der Textbücher vielfach die Formgebung beeinflußt hat, daß die Melodiebildung anders ist als in Mozarts deutschen Opern. Das alles ist Form . Und auch diese Form ist nicht mehr italienisch, sondern universal ; alles Italienische an ihr ist durch Zufall vorhanden, ist von außen hineingekommen. Mozarts dramatische Eigenart, daß er eigentlich nie aus den Worten heraus komponierte, sondern aus dem Charakter der Personen und der gesamten Lage, die doch beide mit der Sprache an sich nichts zu tun haben, begünstigte diese Sonderstellung, die übrigens immer instinktiv empfunden wurde.
    Das bezeugt am besten das Verhalten der Italiener und ihrer Anhänger ihm gegenüber. Daß diese Italiener Gegner Mozarts waren, solange er deutsche Opern schrieb, ist leicht begreiflich. Da kämpften sie für ihre Kunst gegen die andersartige deutsche. Als aber Mozart sich nun auch wieder der italienischen Oper zuwandte, hätten sie gegen ihn doch keine andere Gegnerschaft hegen können als dieselbe Theaterintrige und Kabale, die sie auch unter sich spielen ließen. Denn das muß man den Italienern doch lassen, daß sie die deutschen, russischen, spanischen, tschechischen Komponisten, die sich in der italienischen Oper betätigten, immer mit offenen Armen aufgenommenhaben. Auch noch nach Mozarts Zeit. Es müssen also innere Gründe sein, wenn alle diese italienischen Komponisten und Sänger sich auch gegen Mozarts italienische Opern verschworen. Ging es doch auch dem deutschen Kaiser Joseph II. nicht anders. Auch er fand in diesen italienischen Opern nicht italienische Musik. Und es geht den Italienern bis auf den heutigen Tag mit Mozart so. Sie verhalten sich im Grunde seiner Opernmusik gegenüber ablehnender, als der in deutschem Gewande vor sie hintretenden eines Weber, ja eines Richard Wagner. Und das ist leicht begreiflich. Gerade weil das Äußere in den Opern Mozarts italienisch ist, empfinden sie den Widerstreit mit dem innern Gehalt, fühlen sie, daß in diesem italienischen Körper eine deutsche Seele lebt. Das ist ja auch aus inneren Gründen nicht anders möglich. Das Grundwesen der Mozartischen Natur ist deutsch. Wenn er sich also auslebt – und wir dürfen sicher sein, daß er seiner Natur in »Figaros Hochzeit« und »Don Juan« keinerlei Zwang angetan hat – so mußte etwas Deutsches entstehen. Allerdings nicht etwas nur Deutsches, nicht etwas Deutsch-Volkstümliches, sondern eben etwas Universales.
    Es bedeutet ein Hintanhalten der Entwicklung des Deutsch-Volkstümlichen in der Oper, daß Mozart nicht mehr Werke in der Art der »Zauberflöte« geschaffen hat – daran hinderte ihn sein früher Tod –; aber sicher bedeutete es keine Schädigung in der Entwicklung zur deutschen Musik, daß er in der Vollkraft seines Könnens noch einige Werke in italienischer Sprache geschaffen hat. Kein deutscher Dichter hat der außerordentlichen Beliebtheit der französischen Contes und Fabliaux in der vornehmen deutschen Gesellschaft so Eintrag getan, keiner hat das eingewurzelte Vorurteil, dem z. B. Friedrich der Große so scharfen Ausdruck gab, daß die deutsche Sprache unfähig sei zur Grazie, zum Esprit, so zerstört wie Wieland. Doch nur dadurch, daß in seinen Verserzählungen dieser starke Einschuß französischer Art steckt. Genau so ist es mit Mozart. Es mußte einer kommen, der die Italiener auf dem ihnen ureigensten Gebiete der Schönheitslinie der Melodie, der ausgelassenen Munterkeit, der in unbekümmerter Heiterkeit sich austollenden Sinnlichkeit übertraf, bevorjene Deutschen bekehrt werden konnten, die bis dahin ausschließlich in der italienischen Oper die Erfüllung ihrer Wünsche gefunden hatten. Nachdem sie aber durch diese in italienischer Gewandung vor sie hintretenden Opern zum Anhören einer im Wesen deutschen Musik gewonnen waren, da wirkte das Deutsche in ihnen auf sie ein und gewann sie dann allmählich für deutsche Kunst. Ich weiß sehr gut, daß auch Jahrzehnte später italienische Opern in Deutschland Triumphe gefeiert haben. Das wird niemals anders sein. Ganz

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