Mozart - Sein Leben und Schaffen
hineinzuziehen. Wir haben schon erwähnt, daß Mozart bereits bei diesem Werke mit Schikaneder in neuer Verbindung erscheint, indem er eine Musiknummer als Einlage dafür komponiert hatte.
Es ist kaum möglich, daß schlechte äußere Verhältnisse Schikaneder bewogen haben können, Mozart eine Zauberoper vorzuschlagen, denn er hatte bis dahin sehr gute Geschäfte gemacht. Vielmehr wird es gerade der Erfolg des »Steins der Weisen« gewesen sein, der ihn ermunterte, eine Zauberoper mit noch viel größerer Prachtentfaltungzu schaffen. Außerdem bot die dreibändige, in den Jahren 1786–1789 erschienene Sammlung »Dschinnistan« eine Fülle von Stoff. Der Grundcharakter zahlreicher dieser Märchen liegt darin, daß ein Liebespaar durch zeitweiliges Entsagen und Verzichten zu um so dauernderem Genusse gelangt. Ein Jüngling verliebt sich gewöhnlich durch den Anblick eines Bildes, einer Statue in das darin dargestellte Weib und begibt sich auf die Suche nach ihr. Die Geisterwelt teilt sich in gute und schlechte Geister; die ersteren stehen dem Jüngling bei, die anderen legen ihm allerlei Gefahren in den Weg. Es ist dann nicht eigentlich der Mut, der dem Liebhaber zum Siege verhilft, sondern seine Beharrlichkeit und Treue. Schon in diesen Märchen tritt als operngemäß hervor: einerseits die Pracht der geschilderten Geisterwelt oder des Orients, andererseits der durchaus lyrische Ausdruck der Empfindungen des Liebespaares.
Schikaneder, dem seines Logenbruders Mozart schlechte Verhältnisse nicht verborgen sein konnten, mochte sich sagen, daß er in diesem für die Musik eine Zugkraft besitze, die der des Komponisten seines Konkurrenztheaters, jenes Wenzel Müller, wohl die Stange halten könne, und machte daraufhin Mozart den Vorschlag zu einer derartigen Arbeit. Schikaneder machte es dabei wie die anderen Dichter und nahm das »Gute«, wo er es auch fand. Der bei ihm beschäftigte Schauspieler Karl Ludwig Gieseke hatte eine Zauberoper »Oberen, König der Elfen« geschaffen, die er vermutlich zu Anfang des Jahres 1791 Schikaneder eingereicht hat. Jedenfalls ist sie am 28. Juli mit Musik von Wranitzky in Szene gegangen. Dieses Stück behandelte roh die Oberon-Sage, die damals durch Wielands Dichtung in aller Munde war. Der junge Ritter hat von Oberon das Zauberhorn erhalten, das ihn vor allen Gefahren schützt. Mit seiner Hilfe entführt er die holde Amande aus der Macht des Sultans. Auch sein Knappe Scherasmin findet im fremden Lande in Fatme eine ihm entsprechende drollige Geliebte. Damit verband nun Schikaneder das Märchen »Lulu«. Hier kommt Lulu, der Sohn des Königs von Korasan, auf einer Jagd in die Nähe eines alten Zauberschlosses, das von der strahlenden Fee bewohnt wird. Diese erscheint plötzlichdem Jüngling in vollem Glanze und verspricht ihm hohen Lohn, wenn er nach ihren Befehlen handeln wolle. Sie enthüllt ihm, daß ein böser Zauberer ihr den vergoldeten Feuerstrahl entwendet habe, dem alle Geister der Welt gehorchen müssen, so daß jeder damit geschlagene Funke zu einem dienstbaren Geiste werde. Nur ein Jüngling, dessen reines Herz die Macht der Liebe noch nicht empfunden habe, könne den Talisman durch List wiedergewinnen. Es sei Lulus Aufgabe. Sie verspricht ihm als Belohnung ihre schöne Tochter Sidi, die in desselben Zauberers Gewalt sei und nur dank ihrer Herzensreinheit die Kraft besitze, den ungestümen Werbungen desselben standzuhalten. Die Fee gibt Lulu, der sich zu dem Abenteuer bereit erklärt, eine Flöte, die jedes Hörers Herz unwiderstehlich gewinnt, und einen Ring, durch dessen Umdrehen der Träger jede beliebige Gestalt annehmen kann. Wirft er ihn aber weg, so wird die Fee selber zur Hilfe erscheinen. So ausgerüstet, gelingt es Lulu, in der Gestalt eines Greises in die Felsenburg des Zauberers zu gelangen. Er gewinnt hier die Liebe des Mädchens, schläfert bei einem Gastmahl den Zauberer ein, bemächtigt sich des Feuerstrahles und wird mit dessen Hilfe und schließlich unter dem Beistand der herbeigerufenen Fee Sieger im Kampfe mit den Gewalten, die der wiedererwachte Zauberer ihm entgegenstellt. Der Zauberer wird in einen Uhu verwandelt, seine Felsenburg zerstört.
Auf der Grundlage dieses Märchens baute Schikaneder den Stoff seiner Zauberoper. Wie ganz natürlich, suchte er das Ganze möglichst zu bereichern, wozu ihm auch die Sammlung »Dschinnistan« selber manches an die Hand gab. Die Veränderung der Namen ist dabei das geringste. Wichtig scheint mir nur, daß für
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