Mozart - Sein Leben und Schaffen
Denn auch in diesem Sommer mußte Frau Konstanze die Bäder in Baden benutzen, da sie bei vorgerückter Schwangerschaft sehr litt. Für Mozart entstand dadurch ein unruhiges Hin und Her zwischen Baden und Wien; die geordnete Häuslichkeit fehlte ihm sehr. Erst am 11. Juli konnte er die Seinigen wieder nach Wien holen, wo am 26. sein Sohn Wolfgang Amadeus geboren wurde.
In den Briefen dieses Sommers an die Frau kehren häufig Bemerkungen wieder über die Oper, an der er arbeite, es begegnet uns öfter der Name Schikaneder. Mozart arbeitete seit dem März mit diesem Schikaneder gemeinsam an einer neuen deutschen Oper, der »Zauberflöte«.
Emanuel Schikaneder (1751 – 1812)
wirkt selber wie eine tolle Phantasiegestalt E.T.A. Hoffmanns. Aus denkbar armen Verhältnissen stammend, hatte er von den Knabenjahren an als herumziehender Musikant sich durchgeschlagen, kam als Jüngling zu einem wandernden Schmierentheater, arbeitete sich hierbald herauf, so daß er Direktor wurde, und hat weithin von seinen Taten reden gemacht. Erfinderische Klugheit und barbarische Geschmacklosigkeit verbrauen sich in seinen Werken zu einer Theatralik, der die Wirkung aufs breite Publikum oberstes Gesetz ist. Unter den Mitteln, diese Wirkung zu erreichen, stehen neben dramaturgischen Genieblitzen wahnwitzige Ausgeburten eines mit den niedrigen Instinkten der Menge rechnenden Gehirns. Vor zehn Jahren bereits hatte Schikaneder Mozarts Lebensweg gekreuzt, als er mit einer wandernden Truppe in Salzburg Vorstellungen gab und den jungen Musiker aufforderte, ihm zu dem Geblerschen Schauspiele »Thamos König in Ägypten« die Musik zu schreiben (S. 263 f.). Nach weiten Wanderfahrten, auf denen er den Wechsel des Glücks mannigfach erfahren hatte, kam er Anfang 1789 nach Wien, wo er vom 1. April ab mit seiner Frau die Direktion des Theaters im »Freihause auf der Wieden« übernahm.
In Wien war, wie wir erfahren haben, nach dem raschen Aufblühen des deutschen Singspiels die italienische Oper wieder zu unumschränkter Herrschaft gelangt. Das Volk aber verlangte wenigstens nach einem deutschen Schauspiel, und so hatte seit 1781 im Leopoldstädtischen Theater Karl Marinelli eine sehr erfolgreiche Tätigkeit begonnen. Neben Kasperliaden, in denen die alte Hanswurstkomödie weitergebildet wurde, standen große Ausstattungsstücke, die mit den hoch gesteigerten Leistungen der damaligen Theatermaschinerie arbeiteten, außerdem Zauber- und Märchenwerke. Die Theaterdichter Hensler und Perinet griffen jeden Stoff auf, der sich irgendwo bot, und wußten mit Phantastik und echtem Volkshumor auch die abgebrauchtesten Verwicklungen immer wieder zu neuer Wirkung zu bringen. Seit 1786 wurden sie vom Kapellmeister Wenzel Müller aufs erfolgreichste unterstützt. Dieser traf mit seiner leichten, sinnfälligen Musik den breiten Volksgeschmack, und es entwickelte sich hier eine echt wienerische Volksdramatik.
Schikaneder nahm nun die Konkurrenz gegen das Leopoldstädtische Theater auf, gewann mit seinen phantastischen Ritterstücken und zahlreichen Lustspielen und Possen bald großen Anhang undwarf sich nun auch auf das Gebiet der Märchen- und Zauberoper. Er hat in Wien, das wollen wir vorwegnehmen, zeitweilig ungeheure Erfolge gewonnen, die er durch immer phantastischere Ausstattungen noch zu steigern suchte, ist auf der anderen Seite bald zu einer von der Kritik fast sprichwörtlich verhöhnten Gestalt geworden und schließlich finanziell zusammengebrochen, so daß er in der Armut starb, aus der er hervorgegangen war.
Heute lebt Schikaneders Name durch seine Verbindung mit Mozarts Zauberflöte. Andererseits hat gerade diese Verbindung seinen Namen allzusehr mit Schmach belastet. Der Text der Zauberflöte sollte ein Plagiat sein, an Mozart sollte er durch schweren Betrug und gewissenlose Ausnutzung sich versündigt haben. In einem gewissen Sinne bleibt das letztere wahr. Sicher hat Schikaneder den bereits kränkelnden Mann zur Arbeit gehetzt, und die Mittel, die er anwandte, Mozart bei Schaffenslaune zu halten – überlustige Gesellschaft mit nicht immer zweifelsfreien Leuten und üppige Gelage – haben nicht nur den Verfall der Gesundheit Mozarts beschleunigt, sondern am meisten dazu beigetragen, daß die verleumderischen Gerüchte über Mozarts üblen Lebenswandel so lange sich zu halten vermochten. Daß Schikaneder selbst ein Lebemann, ja ein Wüstling war, ist kaum zu bestreiten, aber die schwersten Vorwürfe, die man gegen seine Verbindung mit Mozart
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