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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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Kirchenmusik herauswächst. Das Verhalten gegenüber den Oratorienkompositionen Perosis und Hartmanns beweist, daß der Wunsch nach einer solchen Erneuerung in kirchlichen Kreisen wohl vorhanden ist, wenn er auch vielleicht zurzeit bei der ausgesprochenen Vorliebe des regierenden Papstes für den Choral wieder mehr zurückgetreten ist.
    Von diesen Konflikten haben die Komponisten bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinein nichts gewußt, obwohl der geschichtliche Werdegang die Entwicklung einer Stilgegensätzlichkeit für kirchliche und weltliche Musik begünstigt hatte. Wir haben ja die merkwürdige Erscheinung, daß die Anfänge der modernen, auf den subjektiven Melodieausdruck begründeten Musik mit der höchsten Blütezeit der kontrapunktischen Polyphonie zusammenfallen. Während man früher in diesem herrschenden kontrapunktisch-polyphonen Stil, der durchaus in und von der Kirche lebte, ohne Bedenken auch alle weltliche Musik geschaffen hatte, so gewann die neue Stilweise jetzt sofort in der Welt die Herrschaft. Um so mehr mochte man dann angesichts der strahlenden Vollkommenheit der Kirchenmusik eines Palästrina und Orlando di Lasso zur Überzeugung gelangen, daß hier der passende Stil der Kirche sei, als die neue weltliche Musik sich, wenigstens in Italien, vorzugsweise dem Theater angliederte. In der Tat sehen wir bei den Komponisten des 17. Jahrhunderts fast durchweg ein scharfes Auseinanderhalten der beiden Schreibweisen, je nachdem sie für die Kirche oder für die Welt schufen. Doch war das natürlich nur so lange mit wahrhaftiger Künstlerschaft vereinbar, als beide Stilweisen als lebendige Ausdrucksformen empfunden werden konnten. Das verlor sich zusehends noch im 17. Jahrhundert, wenigstens soweit die Empfindung für die alten Tonarten in Betracht kommt. Dagegen vermochte man sehr leicht die Formgebildedes alten Stils beizubehalten, da sich diese ebensogut mit den Mitteln der neuen Musik gestalten ließen. Die nächste Stufe der Entwicklung ist denn auch in der Tat die, daß man in gewissen Formen, zumal des fugierten oder auch streng kontrapunktischen Satzes die Kirchlichkeit sah. Das war ein Irrtum, denn auch hier vermochte erst der Geist zu beleben. Wir brauchen zum Beleg nur daran zu erinnern, daß manche neueren Komponisten gerade in den Formen der Fuge oder einer möglichst prägnant geführten Kontrapunktik scharfkomische Wirkungen auslösten (z. B. Berlioz' Amen-Fuge).
    So vermochte denn auch dieses äußere Stilgefühl nicht lange dem sieghaften Ansturm der neuen Musik standzuhalten. In Italien, wo das ganze Leben Öffentlichkeitsleben ist, wo die Religiosität sich doch mehr in der äußeren Betätigung eines wiederum ganz öffentlich gehaltenen Kirchentums erschöpft, vollzog sich die Annäherung der Kirchenmusik an die weltliche fast kampflos, obwohl es natürlich an theoretischen Verfechtern der Vorrechte der alten Schreibweise nicht gefehlt hat. Sie vermochten aber nicht zu verhindern, daß, rein musikalisch betrachtet, die italienische Kirchenmusik sich bald von der gleichzeitigen Opernmusik nicht mehr unterschied. Der Unterschied lag jetzt nur im Geiste: ob die betreffenden Komponisten religiöses oder auch kirchliches Empfinden genug besaßen, um dem Ernst und der Würde des Ortes Rechnung tragen zu können.
    Was so in Italien nicht nur natürliche Kunstentwicklung, sondern auch volle Befriedigung des Volksempfindens war, mußte in Deutschland in Widerspruch mit dem Volkscharakter geraten. War und blieb die italienische Opernmusik für Deutschland ein fremdes Gebilde, gegenüber dem das einheimische Verlangen nach dramatischer Musik sich noch lange nicht wirksam durchzusetzen vermochte, so fand sich für die weltliche Musik doch bald ein Ersatz durch die dem eigenen Fühlen gemäß entwickelte Instrumentalmusik und das langsame Heranblühen des Liedes. Verhängnisvoll aber war es, wenn nun auch die Kirchenmusik jenem fremdländischen Charakter anheimfiel. Was der lebhafteren Natur des Südländers als ernstund würdig erscheint, wirkt auf den Deutschen infolge der sinnlichen Schönheit der Formgebung, die dem Südländer unentbehrlich ist, sehr leicht als gefällig, als vorab sinnlich. Und so ist es leicht erklärlich, daß für deutsches Empfinden diese ganze Kirchenmusik auch dort, wo sie sich ernster Würdigkeit befleißigt, den Eindruck der Weltlichkeit macht. Es ist auch nicht zu leugnen, daß diese Kirchenmusik den Hang zur Weltlichkeit, der in der Zeit lag, auch

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