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Mozart - Sein Leben und Schaffen

Mozart - Sein Leben und Schaffen

Titel: Mozart - Sein Leben und Schaffen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Storck
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noch an der Stelle unterstützte, wo eine ernste Lebensauffassung, eine Gegenwirkung gegen die überhandnehmende Sinnenlust der Zeit Gebot war. Ferner mußte auch für die deutschen Komponisten diese ganze Art der Kirchenmusik viel eher formelhaft werden, als sie dem Wesen deutscher Religiosität nicht leicht entsprechen konnte. Das ist um so verhängnisvoller geworden, als dank dem außerordentlichen Bedarf gerade in der Kirchenmusik der Musikhandwerker viel leichter zu Bedeutung gelangt als auf anderen Gebieten, etwa in der Oper, wo eine viel schärfere Kritik und viel strengere Auswahl durch die Verhältnisse herbeigeführt wird.
    Wir wollen also hier die Entwicklung, die die katholische Kirchenmusik zumal in Deutschland im 18. und in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nahm, keineswegs beschönigen. Aber gerade darum müssen wir um so lauter betonen, daß Mozart gezeigt hat, daß innerhalb dieser Musikformen ein tiefes religiöses Fühlen sich ausdrücken ließ . Und an einzelnen seiner Werke, vor allem aber an zahlreichen Stellen in diesen Werken, ist überzeugend nachzuweisen, wie sich eine dem heutigen Leben entsprechende katholische Kirchenmusik hätte entwickeln können. Es bleibt in diesem Sinne ein Unglück, daß Mozart nur in seinen Jünglingsjahren Kirchenmusik geschaffen hat, wobei er noch überdies durch die äußeren Verhältnisse arg eingeengt, ja vielfach in die falsche Bahn hineingezwungen wurde.
    Auch Mozart war ein Kind seiner Zeit und es ist klar, daß diese Zeit auch auf das Wesen der Religiosität und damit der Kirchlichkeit Einfluß hatte. Im 18. Jahrhundert war wohl als Rückwirkung gegen die jahrhundertelangen kirchlichen Streitigkeiten undKämpfe eine Zeit angebrochen, die von einer kämpfenden Kirche nichts wissen wollte. Gewiß war im allgemeinen die ganze Zeit oberflächlich eingestimmt, weniger religiös, und die heitere Sinnlichkeit der Lebensführung verdeckte nur schwach die Unsittlichkeit der gesamten Lebensgrundlage. Trotzdem hat es auch in dieser Zeit nicht an wahrhaft religiösen Menschen gefehlt, und diese gingen jetzt noch durchweg im Kirchentum auf; vielleicht gerade deshalb, weil diese Kirche nirgendwo die Schroffheiten betonte. Die ernst zu nehmende Gegnerschaft gegen das Kirchentum war in dieser Zeit immer Atheismus. Wie sich die allgemeine Irreligiosität mit den kirchlichen Formen abfand, so fühlte auch die wahre Religiosität keinen Zwang durch das Dogma und die Regelung des religiösen Lebens in den kirchlichen Formen. Gerade dieser Untergrund einer kampflosen Stimmung ist besonders günstig für das Herauswachsen einer naiv kirchlichen Kunst.
    Mozart war eine tiefe religiöse Natur. Man hat allgemein eine ganz falsche Vorstellung von seiner Heiterkeit. Diese war nicht Ausgelassenheit, sogar nicht einmal Lustigkeit im gewöhnlichen Sinne, sondern Empfindungsseligkeit. Sein ganzes Wesen stand in Harmonie mit der Welt, nicht aus Oberflächlichkeit, sondern aus Tiefe. Man muß in seinen Briefen nachlesen, wie er bereits als Jüngling mit dem Gedanken des Todes nahezu befreundet ist, wie ihm die Mühen und Heimsuchungen des irdischen Lebens als das eben Unvermeidliche den aus Gott- und Weltfreudigkeit geborenen Frieden nicht zu trüben vermögen, um diese Heiterkeit richtig einzuschätzen. Es ist etwas in der neueren Kunst sonst kaum Vorhandenes: das völlige Fehlen des Prometheischen, Titanischen, Faustischen. Man muß sich gegenwärtig halten, daß Goethe trotz der wunderbaren Fähigkeit zur Freude und Schönheit, mit der er geboren war, bereits als Jüngling seinen Prometheus schafft und die Faustidee gebiert, um das merkwürdige Phänomen seines Zeitgenossen Mozart richtig einzuschätzen, der wie Goethe alle Erscheinungen der Welt aus liebevollem Mitempfinden heraus begriff und dennoch in keinen Widerspruch, in keine Auflehnung gegen die Welt geriet. Ich glaube, daßseit den Tagen des Christentums nur innerhalb der katholischen Kirche diese Erscheinung möglich geworden war. Von Kind an aufgewachsen sein, in einem Glauben, der das Verhältnis der Menschen zu Gott und zueinander regelt; in dem Glauben, daß die Kirche die gottgewollte Einrichtung ist; ohne Zwang von dem darin gleichgestimmten Vater in der Auffassung bestärkt werden, daß die keineswegs übersehenen Fehler an der Kirche und ihren Dienern nicht auf dieser göttlichen Institution, sondern auf der Mangelhaftigkeit ihrer Träger beruhen; niemals von seiten des Verstandes aus in Zwiespalt geraten

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