Mr. Hunderttausend Volt!
sahen.
Clark Davidson, ihr berühmter Vater, sah in natura leider längst nicht so toll aus wie auf der Mattscheibe und den vielen Fotos, CDs und Plakaten, die von ihm im Umlauf waren. Aber er war tatsächlich so freundlich und unkompliziert, wie man es immer wieder in den Zeitschriften lesen konnte. Das versöhnte Jessica mit seiner mangelhaften Attraktivität.
Carla Davidson, Hellas Mutter, stand klein und etwas unscheinbar neben ihrem an Medienrummel gewöhnten Ehemann. Die beiden waren seit siebenundzwanzig Jahren verheiratet, was in diesem Business absolut ungewöhnlich ist. Und so, wie es aussah, waren die beiden immer noch glücklich miteinander.
Nach der Begrüßung gesellten sich die Freundinnen zu einem Kreis junger Literaturstudenten, die unterhaltsamer waren als die Mediziner oder Juristen, die immer bloß über Krankheiten oder Präzedenzfälle redeten. Damit Jonas nicht misstrauisch wurde, hatte Babsy Daniels Gitarre mitgebracht. Er würde später mit seinem Vater kommen. Aber das dauerte sicher noch eine Weile, weil Jonas erst vor einer halben Stunde aus Big Apple zurückgekehrt war. Allerdings schien er ebensolche Sehnsucht nach Jessica zu verspüren, wie sie nach ihm, denn er erschien bereits eine halbe Stunde nach ihr auf der Party.
Babsy eilte sofort zu Daniel, der sie erfreut in die Arme nahm, was sein Vater mit einem missbilligenden Blick quittierte. Aber dann hatte er Jessica entdeckt und alles andere wurde für Jonas unwichtig. Er sah zu, dass er die Begrüßung seiner Gastgeber so schnell wie möglich, aber ohne die Höflichkeit zu vernachlässigen, hinter sich brachte. Dann stand er endlich Jessica gegenüber und schloss sie in die Arme, ohne sich um die Blicke der Umstehenden zu kümmern.
„Gott, habe ich dich vermisst!“ Er lehnte sein Gesicht an ihre Wange und schloss genießerisch die Augen.
„Ich dich auch“, gab Jessica ohne Scheu zu. „Es war so schlimm, dass ich mich richtig krank gefühlt habe.“
„Genauso ging es mir auch.“ Jonas schob sie ein Stückchen von sich, um sie besser ansehen zu können. „Ich konnte nicht essen und nicht schlafen und der ganze Kongress ist einfach so an mir vorbeigerauscht, ohne dass ich auch nur ein Wort davon verstanden, geschweige denn behalten hätte. Es war einfach scheußlich!“
Die Band begann zu spielen, zugleich flammten weitere kleine Lichter in den Bäumen auf. Ein Heer von Glühwürmchen schien über der Tanzfläche zu schweben, auf der sich die ersten Paare einfanden. Jessica löste sich aus Jonas Umarmung und sah sich um.
„Ihr Amerikaner müsst immer alles perfektionieren“, spöttelte sie angesichts der riesigen Eisstatue, ein schnäbelndes Taubenpaar, das sich, von innen beleuchtet in der Mitte der Bühne drehte.
Jonas lächelte freundlich.
„Nein, nur maßlos übertreiben. Alles was mit ‚zu‘ anfängt. Hat bei uns Hochkonjunktur. Zu süß, zu bunt, zu laut und so weiter.“
„Und was ist mit zu lieb?“, flüsterte Jessica dicht an seinem Ohr. Ihre Stimme hatte einen lockenden Ton, der Jonas sofort ins Blut ging.
„Gibt’s nicht“, raunte er, zitternd vor Verlangen.
Es war zu viel! So lange konnte sich kein Mann beherrschen. Er legte den Arm um Jessicas Hüften, zog sie so fest an sich, dass sie seine Erektion spüren konnte und küsste sie.
„Lass uns gehen“, forderte er rau.
Jessica sah ihn einen Moment nachdenklich an, dann senkte sie den Kopf und lehnte die Stirn an seine Brust. Ohne ein Wort des Protestes ließ sie sich von Jonas über den Rasen zum Haus führen.
Clark Davidson schien die Ausrede, Jonas sei von der langen Reise müde, ohne weiteres zu schlucken. Er nickte seinem alten Bekannten freundlich zu, wünschte auch Jessica eine gute Nacht und entließ die beiden mit einem freundlichen Händedruck.
„Super!“, freute sich Babsy und schlug Daniel auf den Rücken, dass er beinahe seinen Caipiri verschüttete. „Jessi hat deinen Daddy entführt. Du kannst loslegen, wenn die Band eine Pause macht.“
Daniel sah betreten in seinen Drink.
„Meinst du wirklich?“, murmelte er zweifelnd. „Ich meine, Clark Davidson hat mich doch gar nicht dazu aufgefordert. Wenn er mich nun nicht hören will?“
„Du singst für Hella“, erwiderte Babsy streng. „Sie hat dich engagiert und vergiss nicht, dein erster Song ist ein Verlobungsgeschenk. Wage ja nicht, den Song auszulassen.“
„Ich könnte ihr ja die Noten überreichen…“
„Daniel!“ Jetzt war Babsy wütend. „Du wirst
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