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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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»redet davon, daß die Menschen keine Gefühle mehr haben. Eines kann ich Ihnen jedoch versichern, auch wenn ich kein Psychologe bin – eines habe ich bestimmt, und das sind Gefühle! Wenn ich diese Kanone da in der Faust halte, dann fühle ich mich richtig gut.
    Klingt das vielleicht so, als hätte ich keine Emotionen, Empfindungen? Dann will ich Ihnen noch mehr erzählen. Ich wuchs im schlimmsten Vier-tel der Stadt auf, und als Kind gehörte ich zu einer Bande. Wir alle hatten unsere Gummischleu-dern und Schnappmesser, und wir vertrieben uns 53
    die Zeit mit bewaffneten Überfällen, mit Mord und Vergewaltigungen. Tut das jemand, der keine Ge-fühle mehr hat? Und ich könnte gleich noch mehr erzählen, wie aus einem kriminellen Jugendlichen ein richtig erwachsener Verbrecher wurde, wenn ich nicht diesen Priester kennengelernt hätte. Er war nicht einer von diesen verknöcherten Typen, er war in Ordnung, war wie einer von uns, denn er wußte genau, daß er so am besten an uns heran-kam. Er war immer mit uns unterwegs, und mehr als einmal konnte ich miterleben, wie er die Leute mit seinem allerliebsten Rasiermesser zurecht-schnitzte. Er hatte das Ding immer bei sich. Er war richtig dufte, dieser Typ, und wir akzeptierten ihn voll. Aber er war auch noch Priester, und als ich erkannte, daß er wirklich in Ordnung war, hörte ich mir an, was er zu erzählen hatte. Und er meinte, daß ich nur mein Leben vergeudete, daß ich keine Zukunft hätte.«
    »Er muß ein wunderbarer Mensch gewesen sein«, sagte Joenes.
    »Er war ein Heiliger«, sagte der Polizist mit einer Stimme, in der seine tiefe Rührung unüberhörbar mitschwang. »Dieser Mann war ein wahrer Heiliger, denn er machte all das, was auch wir machten, doch dabei war er gut, und er beschwor uns immer wieder, den Pfad des Verbrechens zu verlassen.«
    Der Polizist schaute Joenes direkt in die Augen und sagte dann: »Wegen diesem Mann wurde ich 54
    Cop. Ich, von dem alle Welt einmal annahm, ich würde auf dem Elektrischen Stuhl enden! Und dieser Watts hat tatsächlich die Stirn, von wandelnden Toten zu reden. Ich wurde Cop, und ich war immer ein guter Cop und das trotz solcher mie-sen Ganoven wie Watts. Ich habe acht Kriminelle in Wahrnehmung meines Dienstes getötet und habe drei Auszeichnungen errungen. Und ich habe auch siebenundzwanzig harmlose Unbeteiligte ge-tötet, die sich nicht schnell genug haben in Sicherheit bringen können. Mir tun die armen Schwei-ne leid, aber ich habe meinen Job wahrzunehmen, und ich kann es nicht zulassen, daß Leute mir ins Schußfeld rennen, wenn ich hinter einem Verbrecher her bin. Und ganz gleich, was auch in den Zeitungen geschrieben wird – niemals habe ich in meinem Leben irgendwelche Bestechungsgel-der angenommen, noch nicht einmal für eine Verwarnung wegen Falschparkens.« Die Hand des Polizisten schloß sich reflexartig um den Griff seines Revolvers. »Ich würde sogar Jesus persönlich eine Verwarnung verpassen, und alle Engel im Himmel könnten mich nicht davon abbringen. Was meinen Sie denn dazu?«
    »Ich finde, Sie sind ein sehr ernsthafter und pflichtbewußter Mensch«, mußte Joenes eingestehen.
    »Da haben Sie ganz recht. Und ich habe eine hübsche Frau und drei wundervolle Kinder. Ich 55
    hab ihnen beigebracht, wie man mit einem Revolver schießt. Für meine Familie ist mir nichts zu schade. Und dieser Watts behauptet tatsächlich, etwas über Gefühle zu wissen. Himmel, diese wider-lichen Laberfritzen bringen mich manchmal derart auf die Palme, daß ich glaube, mir platzt der Schä-
    del! Es ist nur gut, daß ich ein religiöser Mensch bin.«
    »Das glaube ich auch«, pflichtete Joenes ihm bei.
    »Ich besuche heute noch jede Woche den Priester, der mich aus der Bande herausgeholt hat. Er arbeitet immer noch mit Kindern, denn er fühlt eine Be-rufung in sich, der er folgen muß. Er ist allmählich schon zu alt, um mit dem Messer zu arbeiten, dafür hat er jetzt eine Gummischleuder oder manchmal auch eine Fahrradkette. Dieser Mann hat mehr für das Gesetz und seine Einhaltung getan als die Stadt mit ihren Rehabilitationszentren für Jugendliche.
    Ich hab ihm manchmal geholfen, und wir haben gemeinsam vierzehn Jungen auf den Pfad der Tugend geführt, die ansonsten hoffnungslose Kriminelle geworden wären. Viele von ihnen sind jetzt angesehene Geschäftsleute, und sechs sind sogar in die Polizei eingetreten. Wann immer ich diesen alten Mann sehe, fühle ich, was Religion heißt.«
    »Ich finde, das ist wunderbar«,

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