Mr. K: Thriller (German Edition)
allerhand schlimme Gedanken, was passieren würde, wenn der Countdown zu Ende lief. Steckte der Junge in einem verschlossenen Container, in dem er zu ersticken drohte? Oder würde sich irgendeine furchtbare Maschine automatisch einschalten und ihm den Garaus machen? Oder stand er mit einer Schlinge um den Hals auf einem langsam schmelzenden Eisblock?
Ich schüttelte den Kopf und verdrängte diese Bilder. Dann betrat ich den Club. Das Spill war früher einmal
der
Nachtclub schlechthin gewesen, ein Tummelplatz für die Schickimicki-Szene. Seit meinem letzten Besuch hatte sich viel verändert. Der Rauch, die dröhnende House-Musik und die langen Warteschlangen, die um den Block gingen, gehörten der Vergangenheit an. Das Spill hatte seinen Zenit längst überschritten. Wo früher einmal eine pulsierende Tanzfläche gewesen war, standen jetzt nur noch ein paar einsame Billardtische herum, und an der einst exklusiven Bar servierte man in die Jahre gekommenen Mafiosi frittierten Kneipenfraß und Bier mit einem Schuss Tequila oder Whisky. Dort sah ich jetzt Dalton und seine Anwälte auf Barhockern sitzen. Ich nahm am anderen Ende des Tresens Platz und sah, wie sie mir verstohlene Blicke zuwarfen und dann die Köpfe zusammensteckten, um ungestört miteinander reden zu können.
Okay, Jack, jetzt bist du also hier. Und wie geht’s weiter?
Ich bestellte einen Orangensaft und ließ mir verschiedene Möglichkeiten durch den Kopf gehen. Wenn wir Dalton weiterhin observierten, konnten wir ihn festnehmen, sobald wir genügend Beweise für einen hinreichenden Verdacht hatten.
Der Begriff
hinreichender Verdacht
wird im Fernsehen und in Büchern oft fälschlich verwendet. Nach US-amerikanischem Recht bedeutete er, dass ein Polizist nur dann einen Verdächtigen festnehmen durfte, wenn genügend Hinweise auf seine Schuld vorlagen, und eine Durchsuchung durchführen durfte, wenn er sicher war, dass dadurch Beweise für ein Verbrechen zutage gefördert werden würden. Dies würde einen Durchsuchungs- oder Haftbefehl rechtfertigen. Allerdingsmussten die Gründe dafür einer richterlichen Überprüfung standhalten.
Ich hatte einen plausiblen Verdacht, dass Dalton ein Kind entführt hatte und dass er womöglich der mysteriöse Mr. K war. Als Polizistin durfte ich Dalton deswegen vorübergehend festnehmen und ihn befragen. Außerdem durfte ich ihn durchsuchen, falls ich ihn im Verdacht hatte, dass er eine Waffe bei sich trug. Aber es reichte nicht dazu, ihn mit auf die Wache zu nehmen. Dalton hatte mir gegenüber lediglich ein paar vage Andeutungen gemacht. Der Richter würde ihn wieder auf freien Fuß setzen, noch bevor Anklage gegen ihn erhoben werden konnte. Selbst wenn ich vor Gericht einen Meineid leistete und Dalton Worte oder Taten unterjubelte, die er nicht wirklich gesagt oder begangen hatte, müsste ich dafür handfeste Beweise liefern. Die Tatsache, dass Dalton bis jetzt unbehelligt geblieben war, zeigte, dass er wohl kaum Fehler machen würde. Er hatte schlau gehandelt, als er seine Anwälte gebeten hatte, zu ihm ins Lagerhaus zu kommen. Ich konnte ihm weder legal noch illegal etwas anhaben.
Herb kam herein und setzte sich neben mich auf einen Barhocker.
»Ich hab den Schlüssel unter dein Auto gelegt«, sagte er. Damit meinte er den Milchbehälter mit der Zementfüllung. »Ist irgendwas passiert?«
»Bis jetzt noch nicht. Der Typ verlässt morgen das Land und hat womöglich vor, ein Kind umzubringen, und jetzt sitzt er einfach seelenruhig hier rum.«
Herb warf einen Blick auf die Speisekarte. »Hmm. Hier gibt’s panierten Speck.«
Ich sah ihn grimmig an. »Warum spritzt du dir das Cholesterin nicht gleich direkt in die Adern?«
»Keine gute Idee. Ist sowieso egal. Ab jetzt bin ich offiziell auf Diät. Das war ziemlich peinlich, wie ich vorhin in deinem Auto nicht mehr im Sitz hochgekommen bin.«
»Wie schön für dich«, sagte ich.
Der Barkeeper kam wieder und Herb bestellte eine Portion frittierte Zucchini. Als ich ihn deswegen missbilligend ansah, sagte er: »Was hast du nur? Das ist doch Gemüse.«
Ich konzentrierte mich wieder auf Dalton. Wenn sich einer der Hinweise als stichhaltig erwies, konnten wir ihn hochnehmen. Aber ich rechnete nicht damit. Wenn er wirklich Mr. K war, durfte ich es nicht zulassen, dass er das Land verließ. Das würde gegen alle meine Prinzipien verstoßen.
Was konnte ich nur tun, damit er blieb?
»Wenn wir ihn auf frischer Tat ertappen, können wir ihn festnehmen«, sagte Herb. Mein
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