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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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sagte er. Von seinem Hinterkopf stand ein kleines Büschel grauer Haare ab.
    Sie stellte sich neben ihn, noch ganz schlaftrunken, und starrte ins Feuer. »Wie lange bist du schon auf?«
    »Stunden. Ich musste früh aufstehen. Ich musste den Tag machen. Mich um jede Kleinigkeit kümmern. Viel Arbeit. Wie findest du ihn?«
    »Außer eiskalt?«
    »Es wird noch wärmer. Wie findest du den schwarzgelben Vogel, den ich da drüben hingesetzt habe?«
    »Sieht nett aus.«
    »›Sieht nett aus‹, sagt sie.«
    »Was trinkst du da?«
    »Schwarzen Kaffee. Wir rühren ein bisschen Kakaopulver in deinen.«
    »Ich trinke ihn schwarz.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Und wenn du ihn heute mit ein bisschen Kakaopulver probierst? Morgen können wir ihn dann stärker machen.«
    Achselzucken.
    »Komm, setz dich.«
    »Dann mache ich den Schlafsack schmutzig.«
    »Das kann ein Schlafsack aushalten. Wie hast du geschlafen?«
    »Ich wusste nicht mehr, wo ich war.«
    »Das ist doch gut.«
    Er schob die Töpfe herum und goss kaltes Wasser aus einem Plastikkanister in den kleinsten Topf.
    »Wo hast du das alles gelernt?«, fragte sie ihn.
    »Seit ungefähr fünfzig Jahren warte ich darauf, so ein Frühstück zu bekommen. Und wahrscheinlich habe ich mir die ganze Zeit genau ausgedacht, wie man es macht.«
    »Aber in der Zeit wusstest du noch nichts von mir.«
    »Nein«, sagte er und testete das Wasser im Topf. »Dich hatte ich nicht mit eingeplant. Du bist rundum eine Überraschung.«
    »Eine gute Überraschung?«
    »Ich werde mich der Bewertung erst mal enthalten.«
    »Dann wirst du mich nicht vermissen, wenn du mich zurückgebracht hast?«
    Er sah sie an, den Becher am Mund.
    »Wollen wir nicht einfach den Morgen genießen? Keine weiteren schweren Fragen.«
    Er übertrug ihr die Aufgabe, den Toast zu machen, und sagte,schon bald werde sie das ganze Frühstück zubereiten und auch das Feuer machen, aber sie wollte ihm nicht glauben. Er steckte Brotscheiben in einen kleinen Metallkäfig und zeigte ihr, wie sie ihn über das breite Ende des Feuers halten musste.
    Sie drehte das Gerät um. »Haben wir das gekauft?«
    »Ich habe es hier gefunden.«
    »Gary.« Sie behielt das Brot im Auge. »Meinst du, meine Mom hat die Polizei angerufen?«
    Er seinerseits behielt die Bohnen im Auge. »Willst du es ehrlich wissen?«
    »Ja.«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Kriegst du deswegen Ärger?«
    »Nein.«
    »Woher weißt du das?«
    »Aus zwei Gründen. Willst du sie hören?«
    Sie nickte.
    »Erstens, ich bin sehr klug.« Er schlug ein Ei über die heißeste Stelle der Bohnen und ließ die Schalen auf den Boden neben seinen Stiefeln fallen. Sie grinste und behielt das Brot im Auge.
    »Ich wollte es ernst wissen.«
    »Ich bin auch ernst! Glaubst du nicht, dass ich klug bin?« Er hielt ein Ei in der Hand.
    »Doch«, sagte sie, »schon.«
    »Gut«, sagte er. »Ich weiß, dass du das glaubst.«
    »Zweitens«, sagte sie.
    Er schlug wieder ein Ei auf, ließ es über die Bohnen laufen und deutete mit der Hand zum Topf, wo die vier Eigelb in der roten Bohnensoße garten. »Sieht das nicht schön aus?«
    Sie warf ihm einen Blick zu.
    »Guck doch«, sagte er. »Stell dir mal all die Hühner und die Bohnenpflücker und die Arbeiter in der Konservenfabrik unddie Tomatengärtner und die Lastwagen in der ganzen Welt vor, die alle zusammenarbeiten, damit du dir den Magen füllen kannst und groß und stark wirst. Es ist Medizin. Und wir haben all das nicht verdient, wenn wir es nicht würdigen.«
    »Meinetwegen, es ist schön.«
    »Was ist daran schön?«, fragte er sie.
    »Das Gelb und das Rot.«
    »Und die ganze Arbeit.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Der Sonnenschein und der Regen, die sind die Magie daran.«
    Sie zog die Nase kraus.
    »Wirklich, Tom. Ich weiß, dass ich recht habe. Willst du wissen, in welchem Teil die meiste Magie ist?«
    »In welchem?«
    »In den Chilis.«
    »Ich esse nicht gerne so scharf.«
    »Du musst es vorsichtig essen. Unvoreingenommen.«
    »Aber ich verbrenne mir die Zunge daran.«
    »Das siehst du falsch. Was du an einer scharfen Soße schmeckst, ist nichts Geringeres als heißes Sternenlicht. Wusstest du, dass die Sonne ein Stern ist?«
    »Glaubst du, ich bin zurückgeblieben?«
    »Wie schmeckt dir dein Kaffee?«
    »Gut. Aber nicht der Kakao darin.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    »Weil du sonst den Kaffee immer schwarz trinkst.«
    »Genau.«
    »Dann bist du ja die Richtige für mich.« Er zog den Topf vom Feuer runter. »Lass unseren Toast nicht

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