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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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einander, bis ihnen aufgeht, dass sie einander die ganze Zeit über ertragen haben, verstehst du? Manchmal ist das wie Schlafwandeln.«
    »Dass du Affären hast, wird sie nicht einfach ertragen.«
    »Wenn du etwas fragen möchtest, Linnie, dann tu’s einfach.«
    »Entschuldige.«
    »Es ist niemand sonst hier. Siehst du hier jemanden außer dir? Glaubst du wirklich, ich habe mehrere Frauen eingeladen, herzukommen, in der Hoffnung, dass eine kommen würde?«
    »Entschuldige.«
    Er blickte aus dem Fenster über der Tür, auf die Straße hinaus, in das riesige Dach des blauen Himmels darüber. »Hast du das Gefühl, dass ich hier draußen bin und mich verlustiere, während ich die leeren Stellen in meinem Leben zähle?«
    »Bitte, David, es tut mir leid, ja?«
    »Außerdem ist es nicht so einfach. Manches hat auch mit ihr zu tun. Aber es ist schwer, schlecht über sie zu sprechen, das musst du verstehen.«
    »Dafür respektiere ich dich umso mehr.«
    »Das weiß ich.« Er legte die Hände in den Schoß und drehte sich zu ihr um. »Du kennst mich, oder?«
    »Manchmal.«
    »Linnie. Sieh mich an. Lass uns das hier haben. Ich möchte das gerne. Aber ich hätte das Gefühl, ich würde dich aus der Welt stehlen. Du bist so jung. Du musst dein Leben leben.«
    »Ich könnte auf dich warten. Dazu bin ich bereit.«
    »Ich glaube, ich wusste, dass du das sagen würdest.«
    »Warum siehst du dann aus, als wolltest du sterben? Du brauchst mich nicht so anzusehen.«
    Er sah wieder auf seine offenen Hände. »Ich befürchte, du hast das gesagt, weil ich es hören wollte.«
    »Aber das stimmt nicht.«
    »Ich befürchte, dass Menschen dauernd die Sachen sagen, die ich hören will.«
    »So mächtig bist du nicht.«
    Er nickte und sah auf seine Hände.
    »Was ist mit Cathy?«, fragte sie.
    »Wie, was ist mit ihr?«
    »Sagt sie auch die Dinge, die du hören willst?«
    »Nein.«
    »Wenn ich sagen würde: Wenn das hier vorbei ist, will ich dich nie wiedersehen?«
    »Dann würde ich denken, du wolltest mich überzeugen, dass du bisher nicht das gesagt hast, was ich hören wollte.«
    »Ich verstehe das Problem.«
    »Ich brauche ein bisschen Platz, um in mich zu gehen, Linnie. Ich muss mich prüfen. Oder. Mein Herz reinigen, verstehst du? Es ist wie eine alte Garage voller Plunder. Sie muss entrümpelt und aufgeräumt werden.«
    »Ich weiß nicht, ob man ein Herz so aufräumen kann wie eine Garage, David.«
    »Ich muss es versuchen. Ich muss gucken, ob was drin ist.«
    »Ich habe in der Garage meiner Eltern lauter Zeug gefunden. Hufeisen und alte Fausthandschuhe und Schreibblöcke und Hämmer, die ganz aus Metall sind. Weißt du, welche ich meine?«
    »Ich weiß, welche du meinst.«
    »Wenn du so etwas findest, wirf es nicht weg.«
    »Bist du nicht ein kleines bisschen böse auf mich, Linnie?«
    »Möchtest du das?«
    »Ich glaube, ich möchte, dass irgendjemand böse auf mich ist.«
    »Also, ich möchte nicht böse sein. Du kannst doch nicht wollen, dass die Leute böse auf dich sind, damit du weißt, wo du stehst.«
    »Du bist eine kluge Frau.«
    »Vielleicht.«
    »Ich glaube, ich bin ein schlimmer Mensch, Linnie.«
    »David, du bist ein anständiger Mensch. Oder nicht?«
    Seine Augen füllten sich mit Tränen. Er nahm ihr Gesicht in die Hände. »Woher weißt du so genau, was du sagen musst?« Linnie nahm seine Hände, und er ließ ihr Gesicht los. »Ich habe Angst, alle anderen haben etwas Wunderbares vor, Linnie, und ich weiß nicht, was, und ich darf auch nicht mitmachen.«
    »Du bist nicht schlecht dran.«
    »Ich stehe draußen am Fenster.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Du wartest auf mich, ja?«
    »Ja.«
    »Du kannst nicht anders, oder?«
    »Natürlich kann ich anders.«
    »Oh, danke, dass du das gesagt hast.« Sie nahm das Polster weg, und er nahm sie in die Arme. »Bist du mein Mädel?«
    * * *
    Eisige Winde tobten die Nacht über in den Bergen, und der Morgen war strahlend hell und bitterkalt. Lamb brachte den Holzofen in Gang und setzte Wasser auf, während er draußen ein Frühstücksfeuer für Linnie machte. Sie hatte Sachen von Lamb übergezogen und sich in eine Decke gewickelt, ihre Hände in zerlöcherten Handschuhen um einen mit Champagner gefüllten Blechbecher. Lamb in seiner Schafsfelljacke bewegtesich zwischen dem Feuer und dem Mädchen und dem Ofen und der Frau hin und her. Er ging langsam durch den Wind von der Hütte zur Werkstatt, und im Grunde wollte er weder hier noch dort sein. Er wollte sich wieder hinlegen, diesmal

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