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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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auf die Lippen. »Jetzt nicht reden«, sagte er und fuhr ihr mit der Hand durchs Haar. »Sei still, habe ich gesagt.«
    Als das Wasser in den Leitungen rauschte, machte Lamb die Tür zum Wandschrank auf. Das Mädchen saß zusammengekauert im Dunkeln, ihr Gesicht war tränenüberströmt, der Bund ihres Ärmels war nass von Rotz. Er öffnete die Tür lediglich einen Spalt und sprach flüsternd. »Du machst das sehr gut«, sagte er. »Alles in Ordnung. Wir haben uns nur unterhalten. Hast du uns gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Du gehörst nicht zu denen, die so etwas sagen, sich aber alles merken, was sie gehört haben, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Sie sahen sich in die Augen und schwiegen einen Moment.
    »Es ist eine alte Freundin« sagte er. »Eine alte Freundin von mir, verstehst du? Gleich hole ich dich hier raus, okay? In ungefähr fünf Minuten mache ich die Tür wieder auf. So lange musst du warten. Kannst du das?« Sie nickte. »Tapferes Mädchen. Wenn sie weg ist, erklär ich dir alles, okay? Ich habe dich lieb. Nur dich, Emily Tom. Sie bleibt nicht lange, okay?« Sie hörten die Toilettenspülung. »Wenn ich die Tür wieder aufmache, zählst du bis zwanzig. Nach zwanzig Sekunden rennst du in die Werkstatt. Ganz leise, wie ein Mäuschen.«
    Nicken.
    »Du bleibst still sitzen, bis ich komme. Du bist jetzt wütend auf mich. Und verwirrt. Aber du vertraust mir. Und du bleibstgefasst und ruhig, bis wir sprechen können, ja? Und dann kannst du mir wieder ein blaues Auge verpassen, wenn du willst.«
    »Ist gut.«
    »Liege ich falsch, wenn ich dir hier vertraue? Nein, du machst das. Gut.« Er küsste sich die Fingerspitzen, beugte sich vor und berührte ihre Lippen damit, dann schloss er die Schranktür.
    In der Werkstatt stand sie im Dunkeln, die Arme um den Körper geschlungen. Sie sah sich um, ging zögernd in die Kammer mit dem Stockbett und sah sich mehrmals um. Sie kleidete sich aus, zog sich ihr Nachthemd und die langen Unterhosen an und legte sich in das obere Bett. Im nächsten Moment setzte sie sich auf, kletterte wieder aus dem Bett, nahm ihre Zahnbürste und zog die Schuhe an. Sie griff nach ihrer Fleecejacke auf dem kleinen Metallstuhl neben dem Bett und zog sie sich über den Kopf, dann schlüpfte sie aus der hinteren Tür und rannte über das welke Gras zum Fahrweg. Fosters. Zu denen konnte sie gehen. Sie stand auf der Straße und blickte nach Westen zu der Kurve, in der das kleine Haus der Fosters in der Kälte leuchtete. Dann, die Arme wieder um den Körper geschlungen, drehte sie sich um, lief zur Werkstatt zurück und legte sich wieder in ihr Bett.
    * * *
    In der Hütte machte Lamb die Tür zu, schloss sie ab und sagte stumm ein Gebet, dass sein altes Glück ihm gewogen sein möge, dann setzte er sich mit Linnie auf die Couch.
    »David.« Sie nahm das karierte Endpolster und stopfte es zwischen sie. Er sah es an. »Können wir jetzt reden?«
    »Ich möchte zuerst etwas sagen. Wolltest du zuerst etwas sagen?«
    »Was hast du denn?«
    »Was ich habe?«
    »Kannst du dich mal entspannen? Ist was nicht in Ordnung?«
    »Ich hatte nicht wirklich geglaubt, dass du kommst, Linnie.«
    »Nein?«
    »Um ehrlich zu sein, ich war so einsam, dass ich zehn oder zwölf Frauen eingeladen habe, und die habe ich in allen Zimmern hier versteckt, und dann kommst du, und ich habe keinen Platz mehr.«
    »Hast du wirklich noch jemand anders eingeladen?«
    »Meine Teuerste, wir haben nie auf der Basis von Exklusivität miteinander verkehrt.«
    »Ich hasse dich.«
    »Und ich hasse dich. Gut. Zum Glück haben wir das geklärt.«
    »David.«
    »Können wir jetzt ernsthaft reden?«
    »Entschuldige.«
    »Ich möchte Folgendes sagen, Linnie, okay? Als ich dich über das Gras auf mich zukommen sah – das war das Beste, was diesem alten Kerl hier im Leben passiert ist.«
    »David.«
    »Nein. Lass mich noch das sagen. Ich weiß, dass du wegen all der Sachen aus meinem früheren Leben an den Rand gedrängt worden bist. Mein früheres Leben ist nicht mal mein früheres Leben. Verstehst du?«
    »Wie lange ist es her, dass du ausgezogen bist?«
    »Sehr lange. Zwei Monate. Drei. Ich weiß es nicht mehr.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
    Er sah auf seine Hände.
    »War es meinetwegen?«
    »Linnie, so darfst du nicht darüber denken. Hör zu. Ich sage dir jetzt etwas, und das ist die Wahrheit, verstehst du?«
    »In Ordnung.«
    »Cathy weiß nichts von dir.«
    »Okay.«
    »Menschen leben zusammen. Sie ertragen

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