Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr Monk und die Feuerwehr

Mr Monk und die Feuerwehr

Titel: Mr Monk und die Feuerwehr
Autoren: Lee Goldberg
Vom Netzwerk:
wäre wohl unter dem Eindruck, Joe sei ein Geizkragen, aufgestanden und gegangen. Ich nicht. Mir zeigte es, dass Joe ein selbstbewusster Typ war, der von anderen Leuten gemocht wurde und der mit seinem Leben zufrieden war. Abgesehen davon halte ich als alleinerziehende Mutter mit bescheidenem Einkommen ohnehin immer Ausschau nach günstigen Lokalen. Die Sache mit dem Lokal verriet mir noch etwas anderes über ihn, nämlich dass er zuverlässig und beständig war. Ein Mann, der vor Beziehungen davonläuft, besucht nicht jahrelang das gleiche Restaurant, und er freundet sich auch nicht mit dem Personal an.
    Wir unterhielten uns über das, was bei einem ersten Date üblicherweise zur Sprache kommt. Wir erzählten uns gegenseitig in Kurzform die Geschichte unseres Lebens, wobei ich versuchte, den Schwerpunkt nicht zu sehr auf Mitchs Tod zu legen, da ich weder mich noch Joe deprimieren wollte. Ich erfuhr, dass er in Berkeley aufgewachsen war. Sein Vater war Dichter, seine Mutter eine Parkaufseherin. Er war noch nie verheiratet gewesen.
    Dann kam die Unterhaltung auf die Feuerwehrarbeit. Er erzählte eine ganze Reihe spannender Geschichten von Bränden und von der Vergangenheit der Feuerwache, die nach dem Erdbeben von 1906 erbaut worden war. Man hatte sie auf einem Grundstück errichtet, auf dem zuvor ein Logierhaus gestanden hatte – das letzte Versteck des Gesetzlosen Roderick Turlock, jenes berüchtigten Zugräubers, der die Pinkertons mit seinen riskanten Golddiebstählen zur Weißglut trieb.
    Das Gespräch über die Wache brachte uns zwangsläufig auf die Ermittlungen im Mordfall Sparky. Ich ließ Joe wissen, was wir bislang herausgefunden hatten – dass Gregorio Dumas behauptete, an jenem Abend einen Feuerwehrmann an der Wache gesehen zu haben, nachdem der Löschzug bereits eine halbe Stunde zuvor zum brennenden Haus von Esther Stoval gefahren war.
    Joe sagte, Gregorio müsse lügen, da alle Feuerwehrleute damit beschäftigt gewesen waren, den Brand zu löschen. Niemand war in der Wache geblieben, und es war auch niemand zurückgeschickt worden, um irgendetwas zu erledigen.
    Ich sah, dass das Thema Sparky seine Laune verfinsterte, und erzählte ihm ein paar Geschichten über Monk, der mich immer wieder aufs Neue verblüffte, weil er jeden noch so komplizierten Mord lösen konnte, andererseits aber Angst hatte, eine einfache Telefonzelle zu betreten.
    Wir verließen das Restaurant und schlenderten eine Weile ziellos durch Chinatown, bis wir am City Lights Bookstore an der Ecke Broadway und Columbus ankamen und uns dort umsahen. Mir gefiel, dass jeder von uns die Gesellschaft des anderen genießen konnte, sogar, als wir vor einem Schaufenster stehen blieben, um uns wortlos ein paar Bücher anzuschauen.
    Es war kurz vor Mitternacht, als er mich nach Hause fuhr. Wir waren nur noch ein paar Blocks von unserem Ziel entfernt, als er an der Ecke Church und 20. Straße am Dolores Park anhielt. Der Park war nachts ziemlich unheimlich, da es dort von Bettlern und Drogendealern nur so wimmelte.
    »Warum halten wir an?«, fragte ich.
    »Ich möchte meinen Respekt bezeugen«, antwortete er.
    Joe stieg aus und ging zu einem Feuerhydranten, der in Gold gestrichen war. Ich stieg ebenfalls aus und stellte mich zu ihm, während ich mich umsah, ob nicht irgendwelche Mörder, Vergewaltiger oder Junkies in unsere Richtung unterwegs waren.
    »Und was machen wir hier?«, wollte ich wissen.
    »Das ist der kleine Feuerhydrant, der San Francisco nach dem Beben von 1906 gerettet hat«, sagte er und machte eine nachdenkliche Miene.
    Ich sah mir den Hydranten an, der mir noch nie bewusst aufgefallen war, auch wenn ich ihn sicherlich in all den Jahren wahrgenommen hatte. »Dieser hier?«, fragte ich. »Er ist aber sehr weit weg von Downtown.«
    »Das Beben hatte alle anderen Hydranten zerstört. Das Wasser aus diesem Hydranten konnte den Feuersturm letztlich bezwingen, und seitdem kamen Überlebende des Bebens jedes Jahr am 18. April um fünf Uhr morgens hierher, um eine neue Schicht Goldfarbe aufzutragen. Heute sind es vor allem die Mitglieder der St. Francis Hook and Ladder Society , die diese Tradition fortsetzen. Die letzten Jahrestage habe ich verpasst.«
    Ich dachte, er würde vielleicht vor dem Hydranten salutieren, aber er nickte nur kurz, dann gingen wir zum Wagen zurück. Auf dem Weg dorthin fragte ich mich unwillkürlich, ob jeder Feuerwehrmann so vertraut mit diesen historischen Dingen war wie Joe.
    Vom Park bis zu mir nach Hause
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher