Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr Nanny

Mr Nanny

Titel: Mr Nanny Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Peterson
Vom Netzwerk:
Tribünen.
     
    Kathryn, die vorgegangen war, um mir einen guten Platz zu sichern, winkte mir aus der fünften Bankreihe der St.-Henry’s-School-Seite zu. Ihre Zwillinge gingen ebenfalls in Dylans Klasse, und ihre Tochter besuchte denselben Kindergarten wie Gracie. Die Buben, Louis und Nicky, balgten sich gerade um einen Ball, und Coach Robertson beugte sich über sie und blies ihnen mit seiner Trillerpfeife ins Ohr, um die Streithähne zu trennen. Ich sah, wie Kathryn aufstand, um die Sache genauer verfolgen zu können. Ihr langes blondes Haar, das sie zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst hatte, ergoss sich dabei über den Rücken ihrer herrlich abgetragenen Lederjacke. Nachdem ich mich an ungefähr zwanzig Leuten vorbeigezwängt hatte und mich neben sie plumpsen ließ, drückte sie mir voller Zuneigung das Knie.
    Kathryn lächelte. »Gerade noch geschafft.«
    »Kannst du laut sagen.« Ich vergrub mein müdes Haupt in den Händen.
    Sekunden später platzten die Schüler der Wilmington Boys’ School wie eine Invasionsarmee aus den Türen der Gastumkleide. Mein Dylan hielt sich nervös im Hintergrund, während seine gut aufgewärmten, verschwitzten Schulkameraden fröhlich herumtobten. Noch waren sie Kinder, doch bald schon würden aus ihnen große, ungelenke, unsichere Jugendliche werden. Dylan bekam den Ball so gut wie nie, was hauptsächlich daran lag, dass er keinen Augenkontakt herstellte und sich meist am Rande des Spielfelds aufhielt, außerhalb des Gewühls. Mit seiner dürren Gestalt und seinen knochigen Knien machte er nicht gerade eine sportliche Figur, wirkte eher wie eine ungelenke Giraffe.
    »Dylan spielt nicht gut.«
    Kathryn schaute mich an. »Die anderen doch auch nicht. Sieh sie dir an: Die können den Ball ja kaum hoch genug werfen, um den Korb zu erreichen. Sie sind noch zu klein.«
    »Ja, kann sein. Er ist eben depressiv.«
    »Aber doch nicht immer. Bloß ab und zu«, erwiderte Kathryn.
    Barbara Fisher, die auf der Bank vor uns saß, drehte sich zu mir um. Sie trug knallenge Jeans, eine gestärkte weiße Rüschenbluse mit hochgestelltem Kragen, um ihren Schildkrötenhals zu verdecken, und einen fuchsiafarbenen Pulli, der aussah, als habe er ein Vermögen gekostet. Ihre Haut war viel zu sehr gebräunt, und sie war außerdem dünn wie eine Giacometti-Statue.
    »Uuuh, da ist ja auch unsere bienenfleißige, berufstätige Mom! Kaum zu fassen, dass Sie auch kommen konnten.«
    Ich zuckte zurück. »Es ist wichtig für Dylan.« Ich blickte über ihren Kopf hinweg aufs Spielfeld.
    Barbara fuhr ihren Schildkrötenhals wie eineTeleskopstange aus und schnitt mir die Sicht ab. Sie hatte offenbar mehr zu sagen. »Wir haben erst neulich beim School-Benefit-Treffen darüber geredet, wie schwer das für Sie sein muss - nie Zeit für die außerschulischen Aktivitäten Ihres Sohnes zu haben.« Diese Frau ging mir fürchterlich auf die Nerven.
    »Ich liebe meinen Beruf nun mal. Aber ich habe nichts gegen Frauen, die lieber zu Hause bleiben. Ist sicherlich ein angenehmeres Leben.«
    »Ums Geld kann’s ja nicht gehen! Wo Ihr Phillip doch sooo ein erfolgreicher Anwalt ist.« Sie sprach in einem Ton, den sie offensichtlich für ein Flüstern hielt, der aber von allen Umsitzenden gehört werden konnte. »Ich meine, Sie können doch unmöglich genug verdienen, dass es wirklich eine Rolle spielt.«
    Ich schaute Kathryn an und verdrehte die Augen. »Also, ich verdiene gar nicht so schlecht, Barbara, aber natürlich mache ich es nicht des Geldes wegen. Wie gesagt, ich liebe meinen Beruf. Und ich habe viel erreicht. Das ist etwas, worauf man stolz sein kann, nicht wahr? Aber jetzt muss ich mich auf meinen Sohn konzentrieren, denn der ist ebenfalls ambitioniert und möchte natürlich, dass ich ihm zusehe.«
    »Bitte! Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten!«
    Kathryn zwickte mich etwas zu heftig in den Arm; sie konnte Barbara noch weniger leiden als ich. Ich zuckte zusammen und gab ihr einen Klaps auf die Schulter.
    Sie flüsterte mir ins Ohr: »Erstaunt mich, dass sie’s noch nicht geschafft hat, ihren Privatjet zur Sprache zu bringen. Falls du’s noch nicht gehört haben solltest: Aarons Falcon 2000 wurde letztes Wochenende endlich geliefert.«
    »Ich bin sicher, ich werde bald genug davon erfahren«, erwiderte ich, den Blick aufs Spielfeld gerichtet. Dylan versuchte sich gerade an einem Abblockmanöver, doch der Spieler mit dem Ball lief einfach um ihn herum und erzielte den Korb. Die Pfeife schrillte. Die

Weitere Kostenlose Bücher