Mr. Pattapu und das Geheimnis des alten Hauses
scheinbar
desinteressiert auf dem Bett. Aber auch sie platzte innerlich vor Neugier.
Pattapu sprang ebenfalls auf das Bett und erzählte von seinem Treffen mit der Königin. Jedes
Detail schmückte er aus. Auch, dass er in diesem Korb um sein Leben hatte fürchten müssen,
als er von der Menschenmenge am Bahnhof von Ascot umringt worden war. Fasziniert
lauschten Melody und Lola ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen. Am Ende folgte
wieder ein langgezogenes „Schnööö“, aber diesmal wagte keiner der beiden Zuhörer zu
lachen wegen seines leichten Sprachfehlers. Allerdings zweifelte Melody daran, dass die
Queen ihm einen Orden verliehen hatte. Das hat er sich bestimmt nur ausgedacht.
„Du Angeber“, meinte sie nur hochnäsig.
Doch der Beweis wurde gerade in ihr Zimmer getragen. Rosie war hinauf gekommen. Sie
wusste längst, dass das vergessene Kinderzimmer der Lieblingsplatz ihrer Katzen war. In der
Hand hielt sie die kleine Schmuckschatulle, die ihnen Queen Victoria im Zug überreicht hatte.
„Da bist du ja, mein kleiner Held“, begrüßte sie mit einem Streicheln den dicken, roten Kater,
der sich auf dem Bett breit gemacht hatte. Pattapu schnurrte geschmeichelt.
„Hier,
ich hab dir deinen Orden mitgebracht. Wir werden ihn hier aufhängen und in Ehren
halten“, meinte sie und öffnete das Kästchen, so dass auch Melody den Orden sehen konnte.
Lola warf einen neugierigen Blick aus dem Dachfenster ihres Puppenhauses. Die Menschen
durften sie ja nicht entdecken. Ratten waren keine sehr beliebten Mitbewohner!
„Ich l
eg ihn erstmal der Puppe hier um und komme später nochmal nach dem Essen hoch“,
versprach die Haushälterin. Sie hängte den Orden um die große Puppe, die einen Gentleman
mit Zylinder und Monokel darstellte und neben dem Standspiegel saß. „Da kommt er gut zur
Geltung“, befand sie zufrieden und begab sich wieder nach unten. Henry und sie hatten noch
viel miteinander zu besprechen.
Als sie das Zimmer verlassen hatte, bewunderten Melody, Lola und Pattapu gemeinsam die
Auszeichnung des britischen Königshauses. „Bitte, leg ihn einmal an“, forderte Melody völlig
undamenhaft. „Ich möchte unbedingt sehen, wie er dir steht.“
„Hm“, brummte Pattapu. Sollte er seinen geheimen Traum preisgeben? Aber das da waren
schließlich seine Freunde!
„Also schön, aber ihr dürft nicht schauen, bis ich euch rufe“, bat er.
Melody und Lola verließen kurz das Zimmer. Es dauerte nicht lange, da rief Mr. P. sie wieder
hinein und sie staunten beide nicht schlecht. Lola riss ihre kleinen Knopfaugen auf und starrte
mit offenem Mund auf ihren puscheligen Freund: Vor dem großen Standspiegel stand Pattapu,
mit dem Zylinder der Puppe auf dem Kopf, dem Monokel im linken Auge und dem Orden der
Königin um den Hals. Melodys Herz schmolz bei seinem Anblick dahin.
„Hach“, machte sie nur
, trat neben ihn und rieb ihren Kopf an seiner Wange. „Ich muss
zugeben: Du siehst unglaublich elegant aus“, flüsterte sie leise. Ihre schönen grünen Augen
glänzten vor Bewunderung.
Pattapu räusperte sich verlegen. Melody konnte ja doch ganz nett sein!
„Eigentlich gehört der Orden ja uns allen zusammen“, verkündete er dann mit feierlicher
Stimme. „Ohne euch hätte ich es nie geschafft. Und Rosie hätte es ohne Henry nicht
geschafft. Wir haben Whitstable Manor alle gemeinsam gerettet und niemand kann uns jemals
wieder von hier vertreiben.“
Lola und Melody nickten zustimmend. „Ja, und es sieht so aus, als hätten Rosie und Henry
nun auch ziemlich viele Gemeinsamkeiten“, schmunzelte die graue Katze.
„Was für ein Happy
-End“, seufzte das Rattenmädchen Lola mit einem schmachtenden Blick
und schnäuzte sich in dem Taschentuch aus dem Anzug der Puppe, die sonst immer den
Zylinder und das Monokel trug.
Melody und Mr. Pattapu lächelten sich zärtlich an.
* * *
© Carola Kickers, 2012
www.carola-kickers.de
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