Mr. Pattapu und das Geheimnis des alten Hauses
an der Zeit, Rosies Speisekammer zu plündern.
* * *
Am nächsten Tag gegen elf Uhr vormittags kam Notar Hainsworth in das Haus auf dem
Hügel. Der rundliche Herr mit der Goldbrille auf der Nase und einer Aktentasche unter dem
Arm begrüßte Rosie so höflich, als wäre sie immer schon die Hausherrin gewesen. Die beiden
begaben sich ins Wohnzimmer zu einem vertraulichen Gespräch. Scheinbar unauffällig
folgten die beiden Haustiere des Majors und begaben sich auf das Sofa gegenüber. Dort
konnten sie dem Gespräch mit offenen Ohren lauschen. Für die Menschen sahen sie dagegen
aus wie zwei friedlich ruhende Katzen. Rosies altersloses Gesicht trug Sorgenfalten auf der
Stirn, als der Notar bei einer Tasse Tee von der angeblichen Verwandtschaft des Majors zu
erzählen begann.
„Offenbar handelt es sich wirklich um einen sehr entfernten Cousin
, einen gewissen Mr.
Stanley Donut. Aber das werde ich alles im Detail noch überprüfen. Er reist mit seiner Gattin
per Schiff an. Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen so kurz nach Major Fowleys Tod erneut
Kummer machen muss, Rosemary.“ Hainsworth meinte es sichtlich ehrlich. Seine Stimme
klang warm und aufrichtig besorgt.
In Rosies blauen Augen begann es zu glitzern. Der Notar griff verlegen nach seiner
Aktentasche und öffnete diese. „Vielleicht gibt es ja noch ein wenig Hoffnung. Der Major war
nicht nur mein Klient, sondern auch ein guter Freund von mir. Er hat mir für den Notfall einen
Brief hinterlassen, den ich Ihnen angesichts der jetzigen Situation nicht mehr vorenthalten
möchte.“
Die Haushälterin blickte verwundert und neugierig auf den bräunlichen Umschlag in der
Hand des Beamten. Auch die Katzen hatten die Köpfe gehoben und ließen keinen Blick von
dem gepflegten Besucher. Dieser senkte jetzt die Stimme, als könnte hier irgendjemand
mithören. „Hören Sie, Rosemary. Major Fowley war lange Zeit in Diensten Ihrer Majestät
und hat als Geheimnisträger viele brisante Aufträge für die Königin erledigt. Als Dank hat sie
ihm hierdieses Haus vermacht. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Dies hier…“ er schwenkte
den Umschlag in seiner Hand…“ist ein Brief von Queen Victoria persönlich an Major
Fowley. Er besagt, dass er von ihr einen wertvollen Ring als persönliches Geschenk erhalten
hat. Wenn er jemals in Not geraten sollte, so möge er oder jemand, der von ihm beauftragt
wurde, diesen Ring zur Königin bringen. Dann wird sie sich persönlich seiner Situation
annehmen.“ Hainsworths Stimme war mittlerweile nur noch ein Flüstern.
Die Katzen sahen sich an. Dieses schriftliche Versprechen der Königin konnte ihre Rettung
sein. Rosie seufzte. „Ach, Mr. Hainsworth. In diesem Haus gibt es bestimmt nichts
Wertvolles mehr. Im Zimmer des Herrn befanden sich nur eine goldene Taschenuhr, jede
Menge Ordenund sein Ehering.“
„Ich glaube nicht, dass er dieses Schmuckstück offen hat herum liegen lassen. Es handelt sich
immerhin um den Stern von Burma .“
„Einen Stern?“
„Einen kostbaren
, in Gold gefassten Saphir, wie es ihn nur einmal auf der Welt gibt. Er hat
eine ganz besondere Facettierung und eine Farbe von intensivstem, fast schwarzem Blau.“
Hainsworth war ins Schwärmen geraten bei der Beschreibung des Rings.
„Woher wissen Sie das?“
„Nun, der Stern von Burma ist kein unbekannter Edelstein. Es gibt eine Kopie von ihm bei
den Kronjuwelen im Tower. Aber
dass es überhaupt eine Kopie ist, weiß außer dem Major,
der Königin und mir sonst niemand. Und Sie jetzt auch natürlich. Daher muss ich auch um
strengstes Stillschweigen bitten!“
„Selbstverständlich, ich werde schweigen wie ein Grab“, beteuerte Rosie. Sie konnte es nicht
fassen, dass ein solch kostbares Juwel sich hier im Hause befinden sollte. In all den Jahren
hatte sie nie etwas davon bemerkt und ihr Herr hatte recht bescheiden gelebt.
„Versuchen Sie sich zu erinnern. Hat Major Fowley Ihnen gegenüber jemals diesen Ring
erwähnt? Oder gibt es einen Safe in diesem Hause?“
Rosie schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste“, war ihre hilflose Antwort.
Hainsworth seufzte und steckte den Umschlag wieder in sein
e Aktentasche. „Sie müssen
dieses Schmuckstück finden. Ich werde inzwischen der Königin schreiben, ihr die Situation
schildern und um eine Audienz für uns bitten. Mehr kann ich im Augenblick nicht tun. Ich
weiß auch nicht, wann und ob wir jemals eine Antwort erhalten werden. Die Königin ist
schon sehr alt und ich
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