Mr. Pattapu und das Geheimnis des alten Hauses
einer Verwandtschaft in Kanada gesprochen hatte!
Vielleicht waren das nur Erbschleicher! Mit einem sorgenvollen Gesicht kehrte Rosie auf die
Veranda zurück. Melody streckte sich auf einem der Stuhlkissen und wollte sich gerade
herumdrehen, als Rosie das Telegramm auf den Tisch warf.
„Ach, ihr Lieben“, meinte sie zu den beiden Katzen, die auf verschiedenen Stühle
n lagen,
„aus ist´s mit der Ruhe. Besuch bekommen wir aus Übersee. Die wollen uns vielleicht doch
noch unser Heim wegnehmen!“ Rosie goss sich einen frischen Tee ein und seufzte. Melody
stemmte sich mit ihren Vorderpfoten auf die Tischkante und warf einen Blick auf das
rechteckige, gelblich-braune Papier, das so gar nicht bedrohlich aussah. Auch sie las die
wenigen Worte. Natürlich können Katzen lesen, sie lassen es sich nur nicht anmerken!
„Mr. P, so wie ich das sehe, sollten wir uns schnell etwa
s einfallen lassen“, bemerkte sie zu
dem eingerollt schlafenden Kater gegenüber auf dem anderen Stuhl. Für Rosie hörte es sich
an wie ein klägliches Miauen. Mr. Pattapu hob ein Auge etwas an und blinzelte ihr zu.
„Kein Grund, sich aufzuregen“, schnurrte er, „die kommen doch erst in zwei Wochen.“
Er gähnte ausgiebig.
Melodys buschiger Schwanz schlug nervös hin und her.
„Was glaubst du eigentlich, wie schnell die Zeit vergeht?“ Fast hätte sie gefaucht, doch das
gehörte sich nicht. Was sollte denn Rosie von ihr denken?
„Ja, ja!“,
Mr. P. schloss desinteressiert wieder die Augen und ließ sich weiter die Sonne auf
den Pelz scheinen. Er hatte nicht die Absicht, gerade jetzt darüber nachzudenken. Das konnte
man immer noch nach dem Abendessen!
Nachdem die Haushälterin die
beiden Vierbeinern noch mit ein paar „Katzenkeksen“, wie sie
die Leckerli nannte, verwöhnt hatte und zu Bett gegangen war, beratschlagten die beiden
Tiere des verstorbenen Majors über den Inhalt des Telegramms.
„Vielleicht können wir so tun, als ob es hier spuken würde und sie vertreiben?“, schlug
Melody vor. In ihrem hübschen Köpfchen malte sie sich bereits aus, wie sie als adelige Dame
in Zukunft auf der Straße von Abfällen würde leben müssen. Welch ein Albtraum! Sie
schüttelte sich am ganzen Körper bei dem Gedanken.
„Melody, wir befinden uns im Krieg“, verkündete der Kater laut und hob den Schwanz steil in
die Höhe wie eine Fahne.
„Im Krieg???“ entsetzte sich die graue Katze und sträubte ihr Fell. Pattapu grinste. Man
konnte sie so herrlich erschrecken!
„Bildlich gesprochen, natürlich“, ergänzte er daher. Man konnte förmlich sehen, wie die Luft
aus Melodys schlankem Körper vor Erleichterung entwich.
Sensibelchen, dachte der rote Kater nur. Hier muss man strategisch drangehen! Dabei hatte er
selber noch keinen richtigen Plan. Was hätte der Major getan? Zum Teufel gejagt hätte er die
unliebsame Verwandtschaft!
Melody machte einen Katzenbuckel, streckte die Vorderbeine weit von sich,
legte ihr
Köpfchen darauf und starrte ihn mit großen, blauen Augen an.„Hast du einen Plan? Hast du
einen Plan? Los, sag schon!“ fragte sie aufgeregt und ihr Schwanz peitschte hin und her.
Pattapu fühlte sich in die Enge gedrängt. Nein, er hatte keinen Plan. Noch nicht!
„Melody, beruhige dich. Wir können diese Leute nichteinfach…“ Und dann kam es wieder:
dieses nasale „schnööö“, als ob er sich mitten im Satz verschluckt hätte.
Die Katze ihm gegenüber rollte sich auf den Rücken und begann zu kichern. „Schnöööööö“,
ahmte sie übertrieben nach. „Schnöööööde vergiften? Hihihihi! Ist das komisch!“ Sie kriegte
sich gar nicht mehr ein vor Lachen, hielt sich den Bauch und kugelte sich auf dem
Dielenboden.
„Pffffft“, machte der rote Kater, drehte sich herum und verließ mit hoch erhobene
m Schwanz
das Zimmer. So etwas hatte er nicht nötig. Blöde Weibchen ! Machte sich selbst jetzt noch
über ihn lustig. Gekränkt zog er sich zurück in SEIN Zimmer unter dem Dach. Er konnte
nicht umhin, sich im Vorbeigehen selbstverliebt sein Spiegelbild zu betrachten.
„Typisch Kerl. Viel Fell und wenig Hirn!“, ertönte plötzlich eine piepsige Stimme im
Zimmer.
„Von wegen wenig Hirn!“, protestierte Pattapu ebenso leise. Dann fuhr er herum. Niemand
da! Was war das? Hatte da eben der Spiegel mit ihm gesprochen? Litt er etwa unter
Halluzinationen?
Ein leises Kichern folgte. Dann tauchte unter dem hölzernen Rahmen des Spiegels eine kleine
rosa Nase auf, gefolgt von ein paar
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