Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
spielte die besten Szenen anschließend geistig noch einmal durch. Darwen wünschte sich lediglich, er hätte gegen Nathan und Chip antreten können.
»Deren Gesichter hätte ich gern gesehen, wenn du an ihnen vorbeigezogen wärst«, sagte Rich grinsend. »Nächstes Mal müssen wir sie vorab herausfordern und uns vielleicht schon eine Taktik überlegen. Das wäre richtig klasse.«
Darwen öffnete seinen Spind und schwieg. Es war die beste Stunde gewesen, die er bisher an der Hillside erlebt hatte, und ein Teil von ihm hätte am liebsten den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein weitergespielt.
»Nein!«, rief Rich plötzlich aus.
»Was ist denn?«
Rich starrte in seinen offenen Spind. Er war blass, sein Mund stand ihm offen. »Mein Buch! Meine Einführung in die praktische Archäologie! Es ist weg!«
Rich war untröstlich. Auch in den nächsten Tagen blieb er schweigsam und niedergeschlagen. Darwen verstand gut, wieso der Diebstahl Rich so hart traf. Dieses Standardwerk war mehr als nur ein Buch für ihn. Es war seine ganz besondere Leidenschaft, seine geheime Welt und auch das, was ihn ein wenig von den anderen abhob. Rich hing wirklich sehr daran, und Darwen fühlte einen heftigen Zorn, wenn an den Dieb dachte, wer auch immer es gewesen sein mochte.
Dieses Ereignis bestärkte ihn, einer Ahnung nachzugehen, die schon eine Weile in seinem Kopf herumspukte. In der nächsten Weltkundestunde, in der sie ihre Maori-Masken fertigstellen sollten, hatte er kurz Gelegenheit, es mit Alexandra anzusprechen.
»Ich will einen Blick in Miss Murrays Büro werfen«, sagte er. »Nur, um sicherzugehen, dass Richs Buch nicht etwa dort ist.«
»Und wenn du es findest?«, fragte Alexandra mit großen Augen.
»Dann nehme ich es mit«, sagte er entschlossen. »Letztes Mal habe ich die Sachen dort gelassen, weil ich dachte, dass man sie alle ihren Besitzern zurückgeben würde, und was ist dann passiert? Nichts. Dieses Mal würde ich selbst dafür sorgen, dass alles wieder in die rechtmäßigen Hände kommt.«
»Für wen hältst du dich, für Robin Hood?«, fragte Alexandra, die mit einem Teppichmesser etwas Ton von ihrer Maske wegschnitt.
»Rich hat das Buch geliebt«, sagte Darwen verteidigend und senkte die Stimme, da Miss Murray ihn bereits durch ihre Schildpattbrille fixierte.
»Da hast du recht«, antwortete Alexandra. »Ist schon komisch, oder?«
»Miss O’Connor«, ertönte nun Miss Murrays Stimme. »Gibt es etwas, das Sie der ganzen Klasse mitteilen möchten?«
»Nein, Ma’am«, erwiderte Alexandra. Sie wandte sich wieder ihrer Maske zu und schmierte dicke rote Farbe rund um deren Augenpartie. Als die Lehrerin ihre Aufmerksamkeit wieder etwas anderem zuwandte, warf sie Darwen einen bösen Blick zu.
»Vielen Dank«, zischte sie.
»Weißt du, was ich denke?«, flüsterte Darwen. »All die Sachen, die verschwunden sind – Naias Armband, Richs Buch, sogar die Haarbürste von Princess –, waren nur für ihre Besitzer von echtem Wert. Sie waren ihnen wichtig, und sie wurden nicht etwa geklaut, weil der Dieb diese Dinge haben wollte, sondern weil er – oder vielleicht auch sie – jemandem wehtun wollte.«
»Ziemlich eklig«, stimmte Alexandra ihm ebenso leise zu. »Und seltsam. Aber hey, wir sind schließlich an der Hillside, dem Zentrum von Seltsamhausen. Der Hauptstadt von Bizarrwelt. Wo sich alle total bekloppten, verrückten, ausgetickten Dinge versammeln.«
»Aber vielleicht steckt wirklich mehr dahinter«, wisperte Darwen. »Vielleicht hast du recht, und es gibt eine Verbindung zu … du weißt schon. Zu allem anderen .«
»Vorher warst du genau wie Rich davon überzeugt, dass das nicht sein kann«, antwortete sie. »Wieso denkst du jetzt anders?«
Nichts hat sich geändert, dachte Darwen. Und genau darin liegt das Problem. Mr. Peregrine liegt immer noch im Krankenhaus, Mottes Wald wird zerstört, die Schrubbler rüsten sich zum Überfall, und ich tue nichts.
»Willst du mir helfen oder nicht?«, fragte Darwen leise.
»Dir helfen, dich in Miss Murrays Büro zu schleichen?« Alexandra schüttelte den Kopf. »Vergiss es. Auf keinen Fall. Ich mag ja verrückt sein, aber ich bin nicht blöd.«
»Ich brauche nur eine Ablenkung«, flüsterte Darwen.
»Und einen Schlüssel«, erinnerte Alexandra.
»Hmm«, überlegte Darwen. »Wie kommen wir nur an den ran?«
»Es gibt kein Wir«, gab sie zurück.
»Komm schon«, drängte Darwen. »Für Rich.«
Alexandra seufzte.
»Das ist der blödeste,
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