Mr Pink Floyd
seinen letzten Lebensjahren widmete er sich kosmologischen Studien.
[ Die großen wissenschaftlichen Entdeckungen , Cremisini Verlag, mit freundlicher Genehmigung von Azimuth Press, Faszikel 68]
Am 20. Oktober dieses Jahres verstarb in Tallahassee (Florida) Paul Dirac, Dichter der Antimaterie. Wie sonst könnte man ein Genie bezeichnen, das mit einer Fantasie, die einzig mit seiner theoretischen Genauigkeit vergleichbar ist, die Existenz alternativer Welten angenommen und damit unsere Wahrnehmung allen Seins für immer revolutioniert hat? Zwei Jahre vor Carl Andersons Entdeckung bewies Dirac die Existenz des Positrons, eines Anti-Elektrons mit positiver Ladung und negativer
Energie: Daher rührt die Annahme einer Welt, die von unserer vollkommen getrennt ist (das so genannte »Dirac’sche Meer«) und vollständig aus Antiteilchen besteht. Ein solcher Gedanke wird jedoch eher Traum und Dichtung als den exakten Wissenschaften zugeordnet: Belege dafür sieht man zum einen in Diracs Beharren auf dem unorthodoxen Konzept der »mathematischen Schönheit« und zum anderen in seiner Überzeugung, dass eine Theorie, die sich durch formale Schönheit und Eleganz auszeichnet, eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzt, richtig zu sein.
Aber wie sah Diracs Leben aus? Fast vierzig Jahre lang unterrichtete er an der Cambridge University; von diesem höchsten Lehramt jedoch abgesehen war sein Leben ein immerwährendes Inferno aus Einsamkeit und Neurosen. Unkommunikativ bis an die Grenzen des Autismus, pflegte Dirac keine persönlichen Kontakte; auch ging er nie aus dem Haus, es sei denn, um ausgedehnte Spaziergänge in der verlassensten Gegend von Cambridge zu unternehmen, den Gog Magog Hills. Aus seinen Notizbüchern, die im Royal Science Museum von Cambridge liegen, weiß man jedoch, dass Dirac insbesondere auf den einsamen Wanderungen die ersten leisen Anflüge seiner Theorien bekam.
[M. Pirajno, Wenn aus Wissenschaft Poesie wird. Zum Gedenken an Paul Dirac , »Galaxis«, Dezember 1984]
VIERUNDZWANZIGSTE ZEUGENAUSSAGE
John Peel
Im Dezember ’67 lud ich Syd Barrett in meine Fernsehshow ein. Von dem Moment an, als ich ihn im UFO sah, habe ich mich mir geschworen, ihn einzuladen, allerdings in dem Glauben, alle Zeit der Welt zu haben. Ein Freund warnte mich vor: Wenn ich Barrett wirklich wollte, müsse ich mich beeilen, denn viel Zeit bliebe ihm nicht. Fast hätte ich gedacht, er meine sein Leben und nicht seinen Kopf; ich setzte mich jedenfalls schleunigst mit Barrett in Kontakt, der prompt zusagte. Alles in allem, und wenn man mal überlegt, wie er sich schon seit einer Weile auf der Bühne aufführte, schlug sich mein Gast ganz gut, auch wenn ich später beim Ansehen der Aufnahmen feststellte, dass mein Redeanteil viel größer war. Im Programm war auch ein Liveauftritt vorgesehen, der mir wahrhaft Gänsehaut bereitet hatte: Barrett, leichenblass, als hätte man ihn weiß geschminkt, sang reglos wie ein Toter Jugband blues , dazu noch auf so entfremdete und verstörende Weise, als wäre er tatsächlich, wie es im Text heißt, nicht mehr da. Offensichtlich handelte es sich um ein Testament, obwohl Barrett trotz seiner Selbstdiagnose der Schizophrenie bewies, noch geistreich sein zu können. Das Eindrucksvollste war aber, dass Jugband blues mit tödlicher Präzision den letzten Akt der Schizophrenie in Echtzeit darstellte, den Augenblick, in dem der Geist im Delirium für immer in der Dunkelheit versinkt: nämlich dann, wenn der Song scheinbar zu Ende ist und man eine bizarre Blaskapelle spielen hört – während der Übertragung musste Barrett das mit der Stimme
andeuten – danach folgen mit noch unbeteiligterer Stimme vier Verse direkt aus dem Innern des Wahnsinns, der Wahnsinn, der verkündet, dass das Meer nicht grün ist, und sich fragt, was »genau« ein Traum ist, was »genau« ein Scherz … Ich war so verwirrt, dass ich, kaum waren die Kameras aus, in die Regie lief, um mir mein Gesicht während der Aufführung des Stücks anzuschauen. Fünf Minuten später kam ich ins Studio zurück und stellte fest, dass Barrett bereits gegangen war und seine Gitarre stehen gelassen hatte.
SIEBZEHNTES GESTÄNDNIS
Die Ratte (3)
Während ich mich hinsetzte und die Musik schrieb, haben die an ihren Instrumenten herumgemacht und dabei Witze über mich gerissen. Das passiert nämlich, wenn sich ein seriöser Musiker in die Welt des Rock vorwagt… Ich habe auf den imposantesten Orgeln des Vereinigten Königreichs gespielt,
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