Mr. Postman
Danach nahm sie etwas Schminke und anschließend einen hautfarbenen Puder, den sie über die beiden Stellen strich. Erst dann war sie zufrieden.
Danach knetete sie ihre Wangen. Sie tat es langsam, beinahe schon genussvoll. Sie rieb auch ihr Kinn, um die Haut dort ebenfalls zu straffen.
Ihre Augen waren hell. Die Stirn wirkte hoch, weil kein Haar hineinfiel. Die Nase kam ihr persönlich etwas zu dick oder zu fleischig vor, aber sie passte zu dem breiten Mund, dessen Lippen ein helles Rot zeigten. Sie mochte die modernen, dunklen Lippenstifte nicht. Sie liebte kräftige Farben, auch bei ihrer Kleidung. Unter dem grünen Hausmantel aus Seide trug sie nur ein Nichts von Slip. Seide liebte sie und musste jetzt lachen, als sie daran dachte, dass dieser Stoff, der ihre Brustwarzen so sanft streichelte, auch Barry so gut gefallen hatte. Er hatte ihr den Mantel sogar ausgesucht.
Ihr war es egal. Barry mochte ihn, aber er zog ihr das Kleidungsstück niemals aus. Das würde der Liebhaber besorgen, der eintraf, sobald es dunkel war. Er musste aufpassen. Er durfte seinen Wagen nicht in der Nähe abstellen. Er musste die Laternen meiden, wenn er sich dem Haus näherte, in dem Lilian Evans lebte.
Es war eine gute Gegend. Obere Mittelklasse. Wer hier eine Wohnung gemietet hatte, stand nicht nur mit beiden Beinen im Beruf, er verdiente auch nicht schlecht. Broker, Ärzte, Anwälte, auch hohe Beamte hatten sich in diesem Viertel niedergelassen. Zumeist in Wohnungen, die ihnen gehörten.
Alte Häuser, perfekt renoviert. Gehsteige, auf denen kein Schmutz lag.
Gepflegte Vorgärten, insgesamt eine Idylle. Aber auch nur eine Fassade, denn hinter diesen feinen Mauern ging es oft hart her. Da gab es dann den großen Frust, wenn die Leistung nicht mehr stimmte. Auch das kannte Lilian, denn es gab genügend sogenannte Freundinnen, die hin und wieder eine Andeutung hatten fallen lassen.
Sie selbst hatte nur zugehört und ihre eigene Ehe gelebt. Das perfekte Lügen war ihr leichtgefallen. Schließlich hatte sie bei ihrem Gatten üben können.
Nicht hinter die Fassade blicken lassen. Immer die perfekte und glückliche Frau spielen. Wie in den oft so kritisierten, aber immer gern gesehenen Familienserien aus den Staaten.
Sie schaute auf die Uhr. Eine halbe Stunde musste sie noch warten, bis ihr Galan kam. Lilian benutzte gern diesen Ausdruck. Oder auch Kavalier. Das gefiel ihr. Es klang so hoffnungslos altmodisch und erinnerte sie zugleich an die Zeiten, als die Männer noch echte Kerle gewesen waren und es ihren Frauen auch bewiesen hatten.
Sie trauerte diesen Zeiten nicht nach, sondern holte sie sich zurück, und das tat ihr sehr gut. Wie immer konnte sie es kaum erwarten.
Bereits jetzt spürte sie das Kribbeln in ihren Adern. Sie war erregt. Kein Blut mehr in den Adern, dafür Champagner. So sehr kribbelte es in ihr.
Das teure Gesöff hatte sie längst kalt gestellt. Wenn ihr Galan erschien, erwartete er den Schluck. Er regte ihn an, da konnte er auf eine Viagra-Pille gut verzichten.
Sie stand auf. Sehr langsam, sich dabei im Spiegel beobachtend. Als sie neben dem Spiegel stand und sich im Profil sah, streckte sie ihren Körper. Dabei verrutschte der Ausschnitt, und sie konnte die weichen Rundungen ihrer Brüste sehen, deren Spitzen schon hart aufgerichtet waren. Sie saugte die Luft scharf durch die Nase, als sie sich mit ihren schlanken Fingern selbst streichelte. Wie wunderbar leicht sie über die Seide glitten und dabei die Haut massierten! Es war ein gutes Gefühl und steigerte bei Lilian die Vorfreude.
Ein Geräusch an der Tür ließ sie erstarren! Plötzlich löste sich Lilian aus der Traumwelt. Sie stand wieder inmitten der Realität. Das Geräusch hatte ihr überhaupt nicht gefallen. Es war einerseits so fremd und andererseits so bekannt gewesen. Es passte einfach nicht in diese Uhrzeit hinein, denn die Post war schon am Vormittag gebracht worden.
Jetzt aber hatte die Innenklappe des Briefkastens geklappert, als sie wieder zugefallen war.
Vor Schreck war sie bleich geworden. Allmählich fand das Gesicht wieder zu seiner normalen Farbe zurück, und Lilian überlegte, was sie tun sollte.
Wenn tatsächlich die Briefkastenklappe das Geräusch verursacht hatte, dann musste ihr jemand eine Nachricht überbracht haben. Kein Reklamewurf, der erfolgte früher. Um diese Zeit waren keine Boten mit den Zetteln unterwegs.
Es war schon komisch. Lilian spürte die leichte Gänsehaut auf ihrem Rücken. Sogar ihre Füße wurden kalt,
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