Mr. Shivers
los.«
Stunden vergingen. Vielleicht Tage. Connelly taumelte von Baum zu Baum. Bald sah er den zerschmetterten Mond durch die ineinander verflochtenen Äste leuchten. Verborgene Zuschauer beobachteten ihre zerlumpte Prozession aus dem toten Baumkronendach über ihnen, machten Bemerkungen oder stießen Warnungen aus. Bald erfüllten Gejohle und Geschnatter, Rufe und Pfiffe den Wald mit Leben. Das Lied breitete sich wie ein Buschfeuer in den Baumwipfeln aus. Die Laute vermengten sich in Connellys Kopf, und er wandte sich ab und übergab sich neben einem Baum. Die anderen sahen besorgt zu, wie er würgte. Wortlos gesellte er sich wieder zu ihnen.
»… vermutlich eine Gehirnerschütterung«, sagte Lottie. »Der Kerl hat ihm ja beinahe den Kopf abgetreten.«
»Was?«, stieß Connelly undeutlich hervor. »Was meinen … Sie damit?«
»Ach«, sagte Lottie. »Ist schon gut.«
Sie stießen auf einen alten Fluss im Wald, kaum mehr als ein Rinnsal, aber er hatte sich einst ausreichend durch den Boden gefressen, sodass sie ihn als Unterschlupf nutzen konnten. Sie kampierten am Ufer und tranken ausgiebig, aber zu essen hatten sie nichts, und Pike wollte kein Feuer riskieren.
»Möglicherweise wimmelt es hier im Wald nur so von Männern«, sagte er. »Ich werde ihnen jedenfalls kein Zeichen geben, im Leben nicht.«
»Wie, zum Teufel, kommen Sie denn da drauf?«, wollte Monk wissen.
»Weil das eine Falle war. Ganz einfach«, erwiderte Pike und rieb sich die Arme, um warm zu werden.
Sie sahen sich an.
»Und wer soll sie uns gestellt haben?«, fragte Hammond.
Pike dachte nach, dann fiel sein Blick auf Connelly, der am Bachufer lag und kaum bei Bewusstsein war.
»Das besprechen wir, wenn … Nun … Das besprechen wir, wenn wir alle das besprechen können. Ruht euch aus.«
Vor Connelly verschwamm alles, dann wurde es glücklicherweise dunkel.
DREIZEHN
Connelly erwachte mit einem heftigen Stechen unter der Stirn und einem dumpfen Schmerz im Rest seines Körpers. Er schlug die Augen auf und sah, dass Lottie ihm das Gesicht abtupfte.
»Hm … Was ist?«, fragte er. Seine Stimme klang noch immer undeutlich.
»Ich versuche nur, Sie sauber zu machen«, erwiderte sie. »Das müsste genäht werden. Vermutlich. Zum Teufel, ich habe keine Ahnung. Ihre Stirn sieht schlimm aus. Ihr halbes Gesicht ist nicht mehr zu erkennen.«
Er betastete seine Wange. Sie war steif und geschwollen, fühlte sich wie ein Stück Gummi an. Das Sprechen fiel ihm schwer. Er legte sich zurück und sah Pike am Bachufer stehen; er stützte sich auf seinen Stab und spähte in den Wald.
»Er hat noch immer nicht geschlafen«, sagte Lottie. »Fast ein Tag ist vergangen. Jeder hat geschlafen, nur er nicht. Er hat sich nicht einmal bewegt. Sie haben ihm das Leben gerettet, wissen Sie?«
»Nein.«
»Wissen Sie es nicht, oder haben Sie ihm nicht das Leben gerettet?«
Connelly winkte ab; er hatte keine Lust auf eine Unterhaltung, die mehr als ein Ja oder Nein erforderte.
Lottie schenkte ihm ein brüchiges Lächeln. »Wollen Sie nicht noch etwas schlafen?«, fragte sie. »Sie müssen.«
»Gut«, sagte Connelly, dann flüsterte er erneut: »Gut.«
Ihre Blutungen stoppten sie mit kühlem Schlamm und trockenem Moos. Im fahlen Sternenlicht erschienen sie mittelalterlich, wie umherstreifende Rebellen mit schwächlicher Kriegsbemalung. Lottie verband Roonies Arm mit einem Stück von Hammonds Jackenfutter, und er wimmerte, als sie es festzog. Connelly ließ sie das Gleiche bei ihm machen und den Riss in seinem Gesicht verbinden. Sein Arm war noch immer nutzlos, und sie machten aus seiner Jacke eine Schlinge, aber er schmerzte trotzdem beim Gehen.
Als eine vorbeiziehende Wolke den Himmel bedeckte, entschied Pike, dass sie so weit waren, und sie gingen wie die Blinden mit ausgestreckten Händen flussabwärts in die tintenschwarze Nacht hinein. Bei ein paar umgestürzten Bäumen legten sie eine Rast ein, während Pike und Hammond durch den Käfig aus Geäst spähten. Sie sahen nichts und gingen von einer Person zur nächsten, berührten sie wortlos, um ihnen mitzuteilen, dass sie zur Weiterreise bereit waren.
Auf diese Weise legten sie fast drei Meilen zurück, hungernd und verletzt in blinder Nacht. Connelly fragte sich, ob es wohl möglich sei, in der einen Welt einzuschlafen und in der nächsten aufzuwachen. Er hatte im Zug geschlafen, also war das alles ja vielleicht nur ein fiebriger Albtraum, nur eine Phantasie, in der Männer grundlos töteten und
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