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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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spähte durch einen kleinen Spalt zwischen den Brettern, überprüfte die Straßen. Noch immer war nichts zu sehen. Er ging in die Hocke, bereit zum Sprung, da hörte er das bösartige Schnappen eines Gewehrverschlusses.
    »Eh«, warnte eine hohe und freundliche Stimme. »Nein. Nein, nein. Ich würde das nicht tun, ich würde das wirklich nicht tun.«
    Connelly erstarrte.
    »Okay, mein Junge. Ich glaube, du bist noch in einem Stück, und es ist ein großes Stück, was das angeht. Ich kann dich gut sehen, und auch wenn es ein schwieriger Schuss wäre, glaube ich, dass ich dich durch die Bretter erwischen würde. Sind wir uns da einig?«
    Er antwortete nicht.
    »Ich sagte: Sind wir uns da einig?«
    »Ja«, erwiderte Connelly.
    »Okay. Und du scheinst auch nicht die Art Bursche zu sein, der mit einer Waffe herumrennt. Sonst … nun, sonst hätten wir bereits einen Schuss gehört. Also, warum legst du nicht die Hände oben auf die Bretter, damit ich sehen kann, dass du nichts in der Hand hast? Klingt das machbar? Ja?«
    »Klar«, sagte Connelly.
    »Klar«, schnurrte die Stimme. »Klar tut es das. Also leg los.«
    Connelly hob die Hände, legte sie auf die Kante des Stapels und schob sie langsam nach vorn.
    »Na also«, sagte die Stimme. »Gut. Okay, mein Sohn. Jetzt hoch mit dem Rest von dir. Ganz langsam.«
    Connelly stand auf.
    »Du bist ja tatsächlich genauso groß, wie es hieß! Ein gut genährter Bursche. Jetzt dreh dich um, großer Junge. Dreh dich um!«
    Er gehorchte. Sein Angreifer stand auf dem Hof, das Gewehr ruhig angelegt, weder aufgeregt noch erbittert, aber auch nicht ängstlich. Connelly kniff die Augen zusammen, um ihn in der Dunkelheit beser sehen zu können. Er war ein kleiner Mann am Ende des mittleren Alters, mit weißem Haar, einem sanften Babygesicht und einem glücklichen, wissenden Lächeln, das seine Lippen niemals verließ. Selbst in diesem Licht konnte Connelly die blauen Augen des Mannes erkennen, so blau wie Gletschereis, fröhlich und hämisch, als wäre das alles nur ein kleiner Scherz, den alle genießen konnten.
    »Komm her, mein Sohn«, sagte der Mann. »Komm her und sag Hallo zu mir.«
    Connelly ging mit noch immer erhobenen Armen los und blieb vor dem kleinen Mann stehen.
    Der Mann nickte zufrieden. »Ihr Jungs habt eine tolle Vorstellung abgeliefert.«
    Zwei weitere Männer betraten den Hof mit Fackeln in den Händen; einer von ihnen war der Junge aus der Kneipe. Er zitterte am ganzen Leib, als er den Gefangenen erblickte. In dem orangefarbenen Halloweenlicht sah Connelly etwas an der Brust des Angreifers funkeln, das auf Hochglanz poliert war. Einen silbernen Stern.
    Connelly starrte ihn an. »Mein Gott«, sagte er.
    Der Mann nickte, noch immer lächelnd. »Jawohl«, sagte er beinahe wehmütig, als würde er gerade in einer schönen Erinnerung schwelgen. »Jawohl.«
    Dann verhärtete sich sein Blick, und der Gewehrkolben fuhr herum und krachte gegen Connellys Schläfe. Der Boden wirbelte um ihn herum, und alles verblasste.

ACHTZEHN
    Von oben einfallendes Licht schnitt durch seinen Schmerz. Er öffnete ein Auge einen Spaltbreit. Von einer dunklen Holzdecke baumelte eine einsame Glühbirne. In der Nähe rauchte jemand eine übel riechende Zigarette. Man hatte ihm die Hände auf den Rücken gebunden, und er lag auf einem Holzfußboden, dessen Spalten mit Sand und Spänen gefüllt worden waren. Er versuchte den Kopf zu wenden und entdeckte Roosevelt und Pike, die auf einer Bank saßen; ihre gefesselten Hände lagen im Schoß. Sie ließen die Köpfe hängen, ihre misshandelten Gesichter wiesen dunkle Blutergüsse auf.
    Roosevelt bemerkte ihn und versuchte zu lächeln. »Hey, Connie«, sagte er. »Sie haben einfach kein Glück mit Ihrem Kopf. Immer, wenn er gerade heilt, haut wieder jemand drauf.«
    Pike versuchte ihn mit einem Zischen zum Schweigen zu bringen, aber es zwar zu spät.
    »Boss«, sagte eine Stimme. »Boss.«
    »Ja?«, kam die Antwort. Wieder diese hohe Stimme, sanft und süß.
    »Er ist wach.«
    »Ach, tatsächlich?«, säuselte sie. »Lass mich mal sehen«
    Connelly rollte sich herum. Der kleine Mann stand in Jeans und weißem Hemd über ihm; die Ärmel waren aufgerollt. Die Konturen des Sheriffs verschwammen immer wieder, und als Connelly die Augen zusammenkniff, entdeckte er ein hässliches Brandmal auf der Innenseite seines Unterarms. Es war braun und rosafarben, ein Kreis mit einem Schlangenkopf am Rand, der sich selbst verspeiste.
    Connellys Schädel pochte. »Was

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