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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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vermochte er etwas auszumachen. Zwei kleine Funken, die in der Nacht flackerten.
    Fackeln. Zwei, vielleicht auch drei.
    Er ging zur Tür und öffnete sie so leise, wie er konnte. Er schlüpfte hinaus und schaute die Treppe hinunter. Es war niemand zu sehen oder zu hören, aber unten brannten Lichter. Dann vernahm er gedämpfte Stimmen, die sich einander etwas zuflüsterten, und ein Stiefel scharrte. Er schlich sich in einen leeren Raum auf der anderen Seite des Korridors und blieb lauschend hinter der Tür stehen. Weitere Schritte ertönten, bis mindestens vier Männer vor dem Zimmer standen, in dem Roosevelt und Pike noch immer schliefen. Connelly warf einen Blick durch den Türspalt, beugte sich gerade nahe genug vor, um den funkelnden Lauf eines Gewehrs zu sehen. Mit klopfendem Herzen zog er sich in die Schatten zurück.
    Die Männer traten die Tür ein, und ihr Gebrüll drang durch die ganze Kneipe. Einige schrien, sie sollten aufstehen, und einige brüllten, sie sollten liegen bleiben, dann erfolgte ein konfuser und wilder Angriff, der schnell zu einer Prügelei wurde. Connelly hörte, wie Roosevelt und Pike aufschrien, wie ihre Angreifer sie anbrüllten, ja den Mund zu halten, nur um noch mehr Lärm zu produzieren. Schließlich rief einer von ihnen: »Wo ist er? Wo steckt der Mistkerl?«
    »Wer?« Das war Roosevelts Stimme. »Wen, zum Teufel, meint ihr?«
    Ein weiterer Schlag. Roosevelt stöhnte.
    »Der Große! Wo steckt der große Mistkerl, der bei euch war?«
    »Wer? Ich weiß es nicht!«
    Jemand brüllte vor Wut. Ein neuer Hieb, und dieses Mal war es Pike, der aufheulte.
    »Du bleibst liegen! Rühr dich nicht von der Stelle, alter Mann! Wo ist der verdammte bärtige Hurensohn, der bei euch war? Antwortet, oder ich schwöre bei Gott, ich schieße euch beide auf der Stelle nieder!«
    Aber mittlerweile waren Roosevelt und Pike nicht mehr in der Lage zu antworten. »Verdammt«, sagte ihr Angreifer. »Seht euch diese Penner an. Blake, schaff sie raus auf die verdammte Straße. Der Boss will sie sehen.«
    »Ich dachte, hier sollten mehr von ihnen sein«, sagte eine Stimme.
    »Dachte ich auch«, antwortete eine andere.
    Connelly drückte sich an die Wand, als man Roosevelt und Pike aus dem Zimmer schleifte. Die Männer plauderten und lachten, als sie ihre Opfer die Treppe hinunterstießen. Connelly regte sich nicht, bis er hörte, wie die Stimmen sich draußen entfernten. Dann eilte er zurück in sein Zimmer, schlüpfte in Stiefel und Jacke und suchte die Straße draußen ab.
    Er rannte von Zimmer zu Zimmer, spähte aus schlecht konstruierten Fenstern auf die Straße. Am Eingang der Kneipe flackerte Feuerschein. Entweder brannte dort ein großes Feuer, oder eine Menge Leute trugen Fackeln, aber er konnte es weder genau erkennen, noch riskierte er einen Blick.
    Er arbeitete sich durch das Obergeschoss der Kneipe, bis er ein kleines Fenster fand, das nach hinten hinausführte. Hinter dem Haus senkte sich der Boden in einen mit Abfall und Kies gefüllten Graben. Er stemmte das Fenster auf und zwängte sich hindurch. Dann schaute er nach unten und dachte nach. Er drehte sich um, grub die Finger in den Fensterrahmen und ließ sich langsam hinunter. Sein rechter Arm, noch immer mitgenommen von dem Sprung vom Zug, protestierte gequält. Dann ließ er sich fallen.
    Er sackte zusammen und versuchte ein Husten zu unterdrücken, aber es gelang ihm nicht. Jemand rief: »Was war das?« Connelly kam auf die Füße und rannte los.
    Wolken trieben über den mitternächtlichen Himmel, aber das Licht reichte aus, um sehen zu können. Er duckte sich an Zäunen und windschiefen Gebäuden vorbei, die sich wie uralte Säufer gegeneinander lehnten. Er spähte um eine Ecke und hielt verzweifelt Ausschau nach dem tanzenden Fackellicht, das nach ihm suchte. Er fand nichts, schoss vorwärts und hastete über den Hof einer Sägemühle, auf dem sich große Bretterstapel gegen den violetten Himmel abhoben. Er kletterte auf das Holz; es fühlte sich feucht an. Als er sich daran in die Höhe zog, knallten Schüsse. Wie eine heiße Welle fuhren sie über ihn hinweg, und er wusste, dass die Kugeln nur knapp an seiner Schulter vorbeigesaust waren. Splitter klebten rechts an seinem Körper, und als er auf der Rückseite wieder hinuntersprang, summten weitere Schüsse wie wütende Bienen durch die Luft. Er kam auf dem Boden auf, fühlte aber kein Blut, dann blieb er keuchend liegen.
    Es gab keinen Lärm, keine Schreie oder Rufe. Er drehte sich um und

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