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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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sich. Hartes elektrisches Licht stach in den dunklen Raum. Connelly hob die Hand, um seine Augen abzuschirmen, während jemand »Hoch mit dir« sagte, seinen Arm packte und ihn auf die Füße riss.
    Man zerrte ihn nach draußen und führte ihn einen langen Korridor entlang, an dessen Ende hinter einer Stahltür ein Raum mit Ziegelwänden wartete. Wieder hing eine einsame Glühbirne an der Decke. Im hinteren Teil des Zimmers stand ein schmuckloser Tisch. In der Mitte des Zementbodens gab es einen kleinen Abfluss. Es war die Art von Raum, in dem Kriege geplant wurden.
    Die Männer stießen Connelly hinein, und die Tür fiel krachend hinter ihnen ins Schloss. Pike und Roosevelt saßen auf zwei Stühlen, die am Boden befestigt waren. Ein dritter war leer. Der Sheriff lehnte am Tisch und lächelte sie an. Seine Männer zwangen Connelly auf den dritten Stuhl. Er war absurd klein für ihn. Pike und Roosevelt sahen weder ihn noch einander an; allerdings war das bei ihren zerschlagenen Gesichtern schwer zu erkennen. Connelly vermutete, dass einige der Prellungen frisch waren.
    »Wie war die Nacht?«, fragte der Sheriff.
    Connelly zuckte mit den Schultern. Er hielt den Blick auf den Boden gerichtet, dann fiel er unwillkürlich auf den Abfluss in der Mitte. An seinem Rand klebten rostrote Flecken. Der Boden selbst war blitzblank gescheuert.
    »Hast du Durst?«, fragte der Sheriff. »Du siehst durstig aus.«
    »Ich bin ziemlich durstig, ja«, antwortete Connelly.
    Der Sheriff nickte, nahm eine kleine Blechtasse und füllte sie mit Wasser aus einem Becken. Er brachte sie Connelly, und dieser trank schnell.
    »Ja«, sagte der Sheriff. »Du warst durstig. Noch einen Schluck?«
    Connelly zuckte mit den Schultern, nickte. Der Sheriff füllte den Becher erneut und brachte ihn ihm. Connelly trank genauso schnell wie zuvor – aus Furcht, ein Ausbruch von plötzlicher Gewalt würde ihm den Becher aus der Hand treten.
    »Regenwasser«, sagte der Sheriff. »Regenwasser ist nirgends süßer als in trockenen Ländern. Nun werde ich dir eine Frage stellen. Bist du bereit? Ich hoffe es.« Er rieb sich die Nase. »Wo sind deine Freunde?«
    »Freunde?«
    »Ja. Deine Freunde. Wo stecken sie, großer Junge?«
    Connelly sah ihn verwirrt an und wies dann auf Roosevelt und Pike auf ihren Stühlen.
    Die Bewegung des Sheriffs hätte genauso gut unsichtbar sein können. Connelly spürte bloß den stechenden Schmerz, der durch seine Schulter raste, von seinem Handgelenk bis oben hinauf zu seinem Gehirn; jeder Nerv und jede Sehne hatten sich in Stacheldraht verwandelt. Er schaute auf, und der Sheriff tätschelte sanft ein kurzes, dickes Rohr.
    »Hat dir das gefallen?«, fragte er fröhlich.
    »Nein.«
    »Gut so. Das sollte es auch nicht. Wo sind deine Freunde?«, fragte er mit mehr Betonung in der Stimme.
    Connelly sagte nichts.
    »Warum antwortest du nicht, mein Junge?«
    »Weil ich nicht wieder geschlagen werden möchte.«
    »Wenn du mir die richtige Antwort gibst, wird das auch nicht passieren.«
    »Aber ich kenne die richtige Antwort nicht.«
    »Hm«, sagte der Sheriff nachdenklich. »Hm.« Er ging auf und ab, als würde er über etwas nachdenken, dann ließ er das Rohr mit dem kurzen Ende gegen Pikes Stirn krachen. Pike brüllte auf und krümmte sich. Ein Blutstrom sickerte unter seinem Haaransatz hervor.
    »Hat euch das gefallen?«, fragte der Sheriff. »Ja? Sagt ihr mir jetzt, wo sie sind?«
    Keiner von ihnen antwortete. Pike saß wie erstarrt da und ignorierte das von der Stirn fließende Blut. Er hätte aus Holz geschnitzt sein können.
    Der Sheriff musterte sie, das Gesicht vor Abscheu verzogen. »Reynolds«, rief er.
    »Ja, Sheriff Miles?«, antwortete eine Stimme vor der Tür.
    »Handschellen, bitte.«
    »Klar.«
    Ein junger Mann brachte Handschellen, und man fesselte ihnen die Handgelenke auf den Rücken. Eine Kette, die an den Handschellen angebracht war, führte nach unten zu einem Stuhlbein, sodass sie sich nicht nach vorn oder zur Seite bewegen konnten.
    »Also dann«, sagte der Sheriff. Er rollte die Ärmel hoch und entblößte wieder das Brandmal auf seinem Arm, die Schlange, die sich selbst fraß. »Also dann. Ich weiß, dass ihr nicht allein seid. Nein, Sir, keine Chance. Da draußen rennen irgendwo noch ein paar Jungs herum, und ich möchte auch gern mit ihnen sprechen. Plaudern sie gern? Sind sie mitteilsam?«
    Niemand sagte ein Wort. Der Sheriff ging um sie herum, stand hinter Pike, dann hinter Roosevelt, dann hinter Connelly.

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